Hauerausbildung

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Als Hauerausbildung bezeichnet man im Bergbau das Erlernen von Fertigkeiten und Fähigkeiten, die den auszubildenden Bergmann dazu befähigen sollen, nach Abschluss der Ausbildung und bestandener Hauerprüfung ihm übertragene bergmännische Arbeiten selbstständig durchführen zu können.[1] Die bestandene Hauerprüfung ist Voraussetzung für weitere berufliche Fortbildungen und berufliche Aufstiegsmöglichkeiten.[2]

Allgemeiner geschichtlicher Überblick

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Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Hauer ein angelernter Facharbeiter.[3] Erste einfache Ausbildungsabschnitte erfolgten für den angehenden Hauer bereits im Kindesalter von unter 14 Jahren. Hier musste er als Scheidejunge an der Scheidebank arbeiten.[4] Für die dortigen Tätigkeiten benötigten die Jungen nur eine kurze Anweisung.[5] Als Jugendlicher wurde er dann Untertage als Grubenjunge eingesetzt. Hier musste er entweder in der Streckenförderung als Huntstößer arbeiten oder er wurde zum Säubern vor Ort eingesetzt.[4] Diese Tätigkeiten waren ebenfalls einfache Aufgaben, die keiner besonderen Qualifizierung bedurften.[6] Für den jungen Bergmann bedeutete diese Tätigkeit jedoch einen Aufstieg in der Hierarchie, die auch mit einem höheren Lohn verbunden war.[5] Erste Veränderungen gab es erst im Jahr 1839 mit dem preußischen Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter. Von nun an durften Kinder unter neun Jahren nicht mehr in Fabriken arbeiten, für Jugendliche bis 16 Jahren gab es zeitliche Einschränkungen.[7] Im Jahr 1856 gab es eine Gesetzesnovelle, aufgrund derer Kinder unter zwölf Jahren nicht mehr in Fabriken beschäftigt werden durften, auch wurden weitere Arbeitszeitverkürzungen für Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr eingeführt.[8] Dies bedeutete für den Bergbau, dass Scheidejungen ein Mindestalter von 14 Jahren haben mussten.[9] Außerdem durften sie erst beschäftigt werden, wenn sie die Volksschule abgeschlossen hatten.[8] In den 1880er Jahren kamen viele Fremdarbeiter in den deutschen Bergbau, die keinerlei praktische Kenntnisse vom Bergbau hatten. Hier stieß die alte Hauerausbildung an ihre Grenzen.[10] Auch wurden die Lehrhauer häufig zu Arbeiten herangezogen, die eigentlich ein Gedingeschlepper erledigen konnte, was dazu führte, dass das eigentliche Erlernen der Hauertätigkeiten zu kurz kam.[11] Aber auch das Aufkommen neuer Maschinen im Bergbau erforderte eine neue Form der Hauerausbildung.[12] Hinzu kam, dass auf dem Arbeitsmarkt speziell bei den Handwerkern ein Engpass an guten Fachkräften bestand.[12] Auch für die immer häufiger eingesetzten Maschinen gab es nur wenige Spezialisten, was eine Anwerbung immer schwieriger gestaltete.[6] Aus diesem Grund waren die Bergwerksbetreiber gezwungen, die Ausbildung ihrer Bergleute neu zu regeln.[12] Aufgrund der formalisierten Hauerausbildung wurde nun aus dem angelernten Facharbeiterberuf ein Lehrberuf.[3] Der bergmännische Lehrberuf wurde jedoch erst im Jahr 1940 durch den Reichswirtschaftsminister anerkannt.[12]

Rein praktische Hauerausbildung

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Die eigentliche praktische Hauerausbildung begann nach der Zeit als Bergknecht. Von nun an durfte der angehende Hauer als Lehrhauer (Lehrhäuer) arbeiten, wenn er hierfür vom Bergmeister zugelassen wurde.[13] Zu diesem Zeitpunkt hatte er mittlerweile ein Alter von 27 Jahren[ANM 1][ANM 2] erreicht.[9] Der Aufstieg zum Lehrhauer war in der Regel erneut mit einer Lohnerhöhung verbunden.[13] Als Lehrhauer musste er nun drei Jahre unter der Obhut eines Doppelhauers arbeiten.[14] Die Ausbildung, die er nun erfuhr, war ein reines Erlernen von praktischen Fähigkeiten.[9] Allerdings waren diese Tätigkeiten schon sehr anspruchsvoll und erforderten einiges handwerkliches Geschick.[6] Nachdem ein Lehrhauer drei Jahre in dieser Tätigkeit gearbeitet hatte, konnte er sich bei der zuständigen Grubenverwaltung zur Prüfung anmelden.[13] Voraussetzung für die Prüfung waren neben der dreijährigen Lehrhauertätigkeit auch, dass er sich die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet hatte, die er für seine Hauertätigkeit benötigte.[14] Die Grubenverwaltung meldete sämtlich Prüflinge beim zuständigen Geschworenen. Dieser musste die gemeldeten Prüflinge dem zuständigen Bergamt melden.[13] Die Hauerprüfung erfolgte anschließend in Form eines Probegedinges.[15] Für das Probegedinge musste er aus dem Gebirge, mittels Schlägel und Eisen, ein Ort von einem Lachter Höhe und einem Lachter Länge ausschlagen.[14] Die Prüfung dauerte vier Wochen.[5] Für die Hauerprüfung wurden den Prüflingen vom zuständigen Geschworenen die entsprechenden Orte für das Gedinge zugeteilt.[14] Der Ort für das Probegedinge lag oftmals auf einem anderen Bergwerk.[5] Während der Prüfung kontrollierte der Geschworene die Arbeit des Prüflings, ob sie regulär und richtig durchgeführt wurde.[14] Nach Beendigung der Prüfungsarbeit musste entweder die Grubenverwaltung[13] oder der Geschworene[14] dem Bergamt eine schriftliche Bewertung des Probegedinges zuschicken.[13] An einem vom Bergamt festgesetzten Tag, dem Sessionstag, wurden alle Prüflinge, die das Probegedinge erfolgreich durchgeführt hatten, vom Bergmeister zum Berghauer gesprochen.[14] Von diesem Zeitpunkt an,[16] im Freiberger Bergrevier sogar bereits mit Beginn des Probegedinges,[13] erhielten sie nun den vollen Hauerlohn.[16] Als äußeres Kennzeichen ihrer Hauerwürde durften sie von nun an die Bergparde, die Fahrkappe und die Kniebügel tragen.[14] Außerdem erhielten sie die Erlaubnis, zu heiraten.[16]

Theoretische und praktische Hauerausbildung

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In der Mitte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Bedingungen, unter denen ein Bergmann Hauerarbeiten durchführen durfte, neu geregelt.[10] Dies spiegelte sich insbesondere in den Bergpolizeiverordnungen wider.[17] So wurde in den Bergpolizeiverordnungen gefordert, dass zur Ausübung der Hauertätigkeit der Besitz eines gültigen Hauerscheins erforderlich ist.[10] Um einen Hauerschein erwerben zu können, war es erforderlich, dass der Bewerber das 21. Lebensjahr vollendet hatte und bereits mindestens drei Jahre Untertage gearbeitet hatte.[17] Die Ausbildung der Hauer erfolgte nach einem vom Oberbergamt genehmigten Plan. Den Haueranwärtern wurden sowohl theoretische Kenntnisse als auch praktische Fertigkeiten vermittelt. Die praktischen Fertigkeiten vermittelte weiterhin der Betrieb, die theoretischen Kenntnisse erlangte der Haueranwärter in der Berufsschule, die er außerhalb der Arbeitszeit[ANM 3] besuchen musste.[12] Das letzte Ausbildungsjahr galt als Lehrhauerjahr. In diesem Jahr musste der Haueranwärter mit Hauertätigkeiten beschäftigt werden.[10] Am Ende der Ausbildung erfolgte dann die Hauerprüfung.[17] Sie bildete den sichtbaren Abschluss der Hauerausbildung.[10] Die Hauerprüfung musste auf dem Bergwerk erfolgen, auf dem der Lehrhauer die letzten drei Monate seiner Ausbildungszeit beschäftigt war.[17] Bei der Prüfung waren der Betriebsführer oder sein Stellvertreter und der Meisterhauer, der den Prüfling ausgebildet hatte, anwesend.[10] Geleitet wurde die Prüfung vom Betriebsführer. Nach der bestandenen Hauerprüfung erhielt der Hauer den Hauerschein.[17] Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die Hauerausbildung erneut abgeändert.[12] Die theoretischen Kenntnisse wurden dem Haueranwärter nun in einem dreimonatigen Hauerlehrgang vermittelt.[1] Am Ende des Hauerlehrgangs erfolgte die Prüfung in Form einer Fertigkeitsprüfung und einer Kenntnisprüfung. Nach bestandener Prüfung erhielt der Hauer den Hauerschein.[2]

Einzelnachweise

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  1. a b Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft. Luxemburg 1956, S. 47–82.
  2. a b Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Eisenerzbergbau der Länder der Gemeinschaft. Luxemburg 1959, S. 40–56, 60, 87.
  3. a b Ulrich Eumann: Eigenwillige Kohorten der Revolution. Zur regionalen Sozialgeschichte des Kommunismus in der Weimarer Republik, Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-631-56129-4, S. 71.
  4. a b Berthold Sigismund: Lebensbilder vom Sächsischen Erzgebirge. Verlagsbuchhandlung von Carl B. Lorck, Leipzig 1859, S. 58.
  5. a b c d Johann Christian Knotzschzer: Von Verdammung der Missetäter zur Bergarbeit. Bei Gottfried Marting, Leipzig 1795, S. 43–44.
  6. a b c Michael Jan Kendzia: Konstituierung eines industriellen Arbeitsmarktes in Oberschlesien. Inauguraldissertation an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, Köln 2009, S. 274, 280.
  7. Stiftung Jugend und Bildung (Hrsg.): Sozialgeschichte. Band I, Vom späten Mittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg, BMAS Hausdruckerei, Bonn 2016, S. 10.
  8. a b Adolf Arndt, Kuno Frankenstein (Hrsg.): Hand- und Lehrbuch der Staatswissenschaften in selbständigen Bänden. Erste Abteilung Volkswirtschaftslehre XI. Band Bergbau und Bergbaupolitik, Verlag von C.L. Hirschfeld, Leipzig 1894, S. 85–87.
  9. a b c Karl August Tolle: Die Lage der Berg- und Hüttenarbeiter im Oberharze. Unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung der gesammten Bergarbeiter - Verhältnisse, Puttkammer & Mühlbrecht Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft, Berlin 1892, S. 29–51.
  10. a b c d e f H. Schlattmann: Die neue bergpolizeiliche Reglung der Hauerausbildung im Oberbergamtsbezirk Dortmund. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 9, 62. Jahrgang, 27. Februar 1926, S. 261–270.
  11. Lorenz Pieper: Die Lage der Bergarbeiter im Ruhrgebiet. J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart und Berlin 1903, S. 25.
  12. a b c d e f Fritz Pamp: Die Zeche Sterkrade. Das Ausbildungszentrum auf dem ehemaligen Kokereigelände von 1938 bis 1992. In: Osterfelder Bürgerring. (Hrsg.): Der Kickenberg, Osterfelder Heimatblatt. Nr. 20, Walter Perspektiven GmbH, Oberhausen September 2011, ISSN 1864-7294, S. 4–6
  13. a b c d e f g Carl Langheld: Die Verhältnisse der Bergarbeiter bei dem sächsischen Regalbergbau. Verlag von J. G. Engelhardt, Freiberg 1855, S. 31–46.
  14. a b c d e f g h Ewald Victorin Dietrich, August Tertor (Hrsg.): Die romantischen Sagen des Erzgebirges. Wahrheit und Dichtung, erstes Bändchen, Freyersche Buchhandlung, Annaberg 1822, S. 183–192.
  15. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871, S. 224.
  16. a b c Gustav Freytag, Julian Schmidt (Hrsg.): Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur, 18. Jahrgang, II. Semester, III. Band, Verlag von Wilhelm Diedrich Ludwig Herbig, Leipzig 1859, S. 148.
  17. a b c d e Bergpolizeiverordnung für die Steinkohlenbergwerke im Verwaltungsbezirke des Preussischen Oberbergamtes in Breslau vom 1. Mai 1934. Verlag Kattowitz, Druck Gauverlag NS Schlesien, 1934, S. 202, 208, 210, 212.
  1. Das relativ hohe Alter lag daran, dass man für die Zulassung zum Lehrhauer bereits acht Jahre angefahren sein musste. (Quelle: Carl Langheld: Die Verhältnisse der Bergarbeiter bei dem sächsischen Regalbergbau.)
  2. Es kam aber auch vor, dass aufgrund von erhöhtem Personalbedarf, insbesondere im 19. Jahrhundert, ein Lehrhauer bereits mit 18 Jahren zum Hauer ernannt wurde. (Quelle: Michael Jan Kendzia: Konstituierung eines industriellen Arbeitsmarktes in Oberschlesien.)
  3. Erst seit 1938 erfolgte der Berufsschulunterricht an einem Arbeitstag während der Arbeitszeit. (Quelle: Fritz Pamp: Die Zeche Sterkrade. Das Ausbildungszentrum auf dem ehemaligen Kokereigelände von 1938 bis 1992. )