Hausaufgaben in Deutschland

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Schulische Hausaufgaben sind in Deutschland durch die Schulgesetze der Bundesländer geregelt. In einem Teil der Bundesländer sieht das Schulrecht keine landesweit einheitlichen Regelungen vor, sondern überlässt die Regelung der Hausaufgaben oder einen Teil davon den Schulkonferenzen der individuellen Schulen.

Hausaufgaben lassen sich in deutschen Schulordnungen vereinzelt bereits im 15. Jahrhundert nachweisen.[1] 1829 legte Preußen erstmals Obergrenzen fest.

Im Jahr 1982 verurteilte „Der Spiegel“ in einer Titelgeschichte[2] die Praxis des Umgangs mit Hausaufgaben in der damaligen Bundesrepublik Deutschland. Von Lehrern würden regelmäßig viele und umfangreiche Hausaufgaben erteilt, die einerseits oft im Vergleich zu dem im Unterricht Erarbeiteten keine neuen Anforderungen enthielten (sondern stattdessen gleichförmige Wiederholungsübungen zur „Festigung“ des Gelernten), andererseits aber auch Kompetenzen vorwegnähmen, die erst nach den anschließenden Unterrichtsstunden von den Schülern erwartet werden könnten. Über diese verfügten auch Eltern oft nicht. Die Bearbeitung der Hausaufgaben dauere lange, auch bedingt durch strenge Erwartungen von Eltern. Trotzdem hätten Schüler, die solche Anforderungen hätten erfüllen müssen, in der Regel nicht über mehr Kompetenzen verfügt als Schüler, denen keine oder nur wenige Hausaufgaben erteilt worden seien. Klagen darüber, dass sie übermäßig vom Staat als „Hilfslehrer“ missbraucht würden, habe es 1982 kaum gegeben. Im Gegenteil seien es damals vor allem die Eltern gewesen, die auf umfangreiche Hausaufgaben Wert gelegt hätten. Der Spiegel plädierte 1982 dafür, dass ein flächendeckendes System von Ganztagsschulen in Deutschland eingeführt werden müsse, in dem Hausaufgaben vollständig durch in der Schule zu erledigende Aufgaben ersetzt werden müssten. Nach Schulschluss hätten dann Schüler keine von der Schule auferlegten Pflichten mehr zu erfüllen. 2015 spitzte „Der Spiegel“ seine Kritik zu der These zu: „Pädagogisch sinnlos, sozial ungerecht und ein Ärgernis: Hausaufgaben müssen abgeschafft werden.“[3]

Zweck der Hausaufgaben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige deutsche Bundesländer haben den Zweck der Hausaufgaben in ihren Schulgesetzen festgeschrieben:

Baden-Württemberg
„Hausaufgaben sind zur Festigung der im Unterricht vermittelten Kenntnisse, zur Übung, Vertiefung und Anwendung der vom Schüler erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie zur Förderung des selbständigen und eigenverantwortlichen Arbeitens erforderlich.“[4]
Bayern
„Um den Lehrstoff einzuüben und die Schülerinnen und Schüler zu eigener Tätigkeit anzuregen, werden Hausaufgaben gestellt [...].“[5]
Brandenburg
„Hausaufgaben ergänzen die schulische Arbeit im erforderlichen Umfang. Sie dienen der Festigung und Vertiefung des im Unterricht Erarbeiteten sowie der Vorbereitung auf die Arbeit in den folgenden Unterrichtsstunden. Sie sollen zu selbständigem Arbeiten hinführen und befähigen.“[6]
Hessen
„Das Schwergewicht der Arbeit der Schule liegt im Unterricht. Hausaufgaben ergänzen die Unterrichtsarbeit durch Verarbeitung und Vertiefung von Einsichten und durch Anwendung von Kenntnissen und Fertigkeiten. Sie können auch zur Vorbereitung neuer Unterrichtsstoffe dienen, sofern die altersgemäßen Voraussetzungen und Befähigungen der Schülerinnen und Schüler dies zulassen.“[7]
Rheinland-Pfalz
„Hausaufgaben dienen der Nach- und Vorbereitung des Unterrichts und unterstützen den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler. Sie geben Rückmeldung über den erreichten Leistungsstand.“[8]
Sachsen-Anhalt
„1.1. Hausaufgaben stehen in engem Zusammenhang mit dem Unterricht. Sie dienen in erster Linie der Sicherung und Festigung des im Unterricht erarbeiteten Stoffes und der Übung erlernter Techniken zur Lösung unterschiedlicher Aufgaben. Sie sollen neue Arbeitsschritte und Inhalte vorbereiten, bei den Schülerinnen und Schülern das Interesse am Fach fördern und sie über den Unterricht hinaus Kenntnisse und Einsichten gewinnen lassen.
1.2. Hausaufgaben sollen den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit geben, unter Anwendung des erworbenen Wissens und der erlernten methodischen Fähigkeiten Lernvorgänge zunehmend selbständig zu organisieren und dabei Arbeitstechniken und Arbeitsmittel selbständig zu wählen und einzusetzen. Sie sollen dazu auch ermöglichen, selbständig an der Lösung begrenzt neuer Problem- und Aufgabenstellungen zu arbeiten.
1.3. Hausaufgaben setzen die in der Schule begonnenen Lernprozesse zu Hause fort oder bereiten geplante Unterrichtsvorhaben so vor, dass die Ergebnisse als von der Lehrkraft eingeplante Bausteine Bestandteil der kommenden Unterrichtsstunden (Unterrichtseinheit) sind. Deshalb muss der Zusammenhang zwischen Unterricht und Hausaufgabe für die Schülerinnen und Schüler in jedem Einzelfall erkennbar sein. Hausaufgaben sind nicht als Ersatz für entfallenen Unterricht oder als Disziplinierungsmittel einzusetzen.“[9]
Schleswig-Holstein

„Die Schülerin und der Schüler haben im Unterricht mitzuarbeiten, die erforderlichen Arbeiten anzufertigen und die Hausaufgaben zu erledigen.“[10]

Thüringen
„Um Unterrichtsinhalte zu vertiefen und Kompetenzen selbstständig zu entwickeln, werden Hausaufgaben gestellt, die dem Prinzip der individuellen Förderung entsprechen.“[11]

Hausaufgabenmenge

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechtliche Situation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entsprechend der in Art. 30 des Grundgesetzes geregelten Kulturhoheit der Länder liegt die Zuständigkeit für das Schulwesen und damit auch für Vorgaben zur Gestaltung der Hausaufgaben bei den Ländern. Diese haben durch Schulgesetze oder untergesetzliche Regelungswerke (meist durch Erlasse oder Verordnungen) häufig verbindliche Regelungen über die zulässige Dauer und Gestaltung von Hausaufgaben geschaffen.

Maximal zulässige Hausaufgabendauer pro Tag (in Minuten)
Bundesland Klassenstufen Weitere Regelungen, Quellen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Baden-Württemberg Baden-Württemberg In den Klassenstufen 5–10 an Schultagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht keine schriftlichen Hausaufgaben zum folgenden Tag. Die weiteren Einzelheiten für die Hausaufgaben regelt die Gesamtlehrerkonferenz mit Zustimmung der Schulkonferenz.[4]
Bayern Bayern 60 60 60 60 An Tagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht dürfen an Grundschulen ohne Absprache mit dem Elternbeirat gar keine Hausaufgaben erteilt werden. Generell keine Hausaufgaben an Sonntagen, Feiertagen und in den Ferien.[5]
Berlin Berlin Grundsätze über den Umfang und die Verteilung der Hausaufgaben werden von der Schulkonferenz beschlossen.[12]
Brandenburg Brandenburg 30 30 45 45 60 60 90 90 90 90 An Tagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht keine Hausaufgaben zum folgenden Tag. Keine Hausaufgaben von einem Unterrichtstag zum folgenden Unterrichtstag, wenn unterrichtsfreie Tage dazwischen liegen (also auch nicht von Freitag oder Sonnabend zu Montag). Keine Hausaufgaben über die Ferien.[6]
Bremen Bremen Über Umfang und Verteilung der Hausaufgaben berät die Klassenkonferenz.[13]
Hamburg Hamburg Die Grundsätze für den Umfang und die Verteilung der Hausaufgaben werden von der Schulkonferenz innerhalb der individuellen Schulen beschlossen.[14]
Hessen Hessen An Freitagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht sowie an Sonnabenden generell keine Hausaufgaben zum Montag. In Grundschule und Sekundarstufe I an Tagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht keine Hausaufgaben zum folgenden Tag. Keine Hausaufgaben in den Ferien. Weitere Grundsätze für Hausaufgaben werden von der Schulkonferenz im Rahmen eines schuleigenen Konzepts beschlossen.[7]
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern Grundsätze für Umfang und Verteilung der Hausaufgaben werden von der Schulkonferenz festgelegt.[15]
Niedersachsen Niedersachsen 30 30 30 30 60 60 60 60 60 60 Grundsätze für Hausaufgaben und deren Koordinierung werden in der Gesamtkonferenz festgelegt.[16]
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen 30 30 45 45 60 60 60 75 75 75 In Ganztagsschulen treten in der Sekundarstufe I Lernzeiten an die Stelle der Hausaufgaben. In Vormittagsschulen keine Hausaufgaben an Feiertagen, an Wochenenden und an Tagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht. Hausaufgaben in den Ferien nur in begründeten Ausnahmefällen.[17]
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz 30 30 60 60 In den Grundschulen keine Hausaufgaben an Feiertagen und an den Wochenenden.[18] Generell keine Hausaufgaben vom Sonnabend auf den Montag und in den Ferien.[8]
Saarland Saarland Grundsätze für den Umfang der Hausaufgaben werden von der Schulkonferenz beschlossen.[19]
Sachsen Sachsen
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt 30 30 60 60 90 90 90 120 120 120 In der Qualifikationsphase können pro Tag bis zu 180 Minuten Hausaufgaben erteilt werden. Keine Hausaufgaben von einem Unterrichtstag zum folgenden Unterrichtstag, wenn ein Feiertag dazwischen liegt. Keine Hausaufgaben in den Ferien.[9]
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Grundsätze für Hausaufgaben werden im Rahmen der Schulkonferenz beschlossen.[20]
Thüringen Thüringen 30 30 30 30 120 120 120 120 120 120 Keine Hausaufgaben an Sonn- und Feiertagen und in den Ferien.[11]

Die zeitliche Belastung durch Hausaufgaben wird seit dem Ende des 18. Jahrhunderts diskutiert. Die Einführung des achtjährigen Gymnasiums mit fehlender Umstellung auf einen sinnvollen Ganztagsbetrieb hat die Belastung durch Hausaufgaben ansteigen lassen. Ebenfalls belastend ist, dass die Hausaufgaben meistens während des lern-biologisch ineffektiven Nachmittags erledigt werden.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Jutta Standop: Hausaufgaben in der Schule: Theorie, Forschung, didakatische Konsequenzen. Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2013, ISBN 978-3-7815-1912-1, S. 27 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch. Der Spiegel, Ausgabe 12/1982. 22. März 1982, S. 56–73
  3. Armin Himmelrath: "Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch". Spiegel Online, 12. November 2015, abgerufen am 24. Januar 2022.
  4. a b Verordnung des Kultusministeriums über die Notenbildung. Abgerufen am 30. November 2018.
  5. a b Bayerische Schulordnung, § 28 Hausaufgaben. Abgerufen am 30. November 2018.
  6. a b Verwaltungsvorschriften über die Organisation der Schulen in inneren und äußeren Schulangelegenheiten (VV-Schulbetrieb - VVSchulB). Abgerufen am 30. November 2018.
  7. a b Hausaufgaben. Abgerufen am 30. November 2018.
  8. a b Schulgesetz Rheinland-Pfalz: § 51 Hausaufgaben. Abgerufen am 30. November 2018. Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien (Übergreifende Schulordnung) – § 51 Hausaufgaben. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
  9. a b RdErl. des MK vom 14. 3. 2005 – 3-83201. Abgerufen am 30. November 2018.
  10. "Schulgesetz SH §11 (3)". Abgerufen am 13. November 2024.
  11. a b Thüringer Schulordnung. Abgerufen am 30. November 2018.
  12. Schulgesetz vom 21.1.2004, § 81 Klassenkonferenzen. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
  13. Bremisches Schulverwaltungsgesetz (BremSchVwG): § 43 Aufgaben der Klassenkonferenz. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
  14. Hamburgisches Schulgesetz: § 53 Entscheidungsrechte. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
  15. Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern, § 76 Schulkonferenz. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
  16. Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG), § 34. Abgerufen am 30. November 2018.
  17. Hausaufgaben. Abgerufen am 30. November 2018.
  18. Rheinland-Pfalz: Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen. Abgerufen am 30. November 2018.
  19. Gesetz Nr. 994 über die Mitbestimmung und Mitwirkung im Schulwesen - Schulmitbestimmungsgesetz (SchumG): § 47 Aufgaben der Schulkonferenz. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
  20. Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz: § 63 Konferenzen. Abgerufen am 13. November 2024.