Heereswaffenamt

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Das Heereswaffenamt (HWA) war in Berlin als Militärbehörde die Zentralstelle für die technische Entwicklung und Fertigung von Waffen, Munition und Gerät des deutschen Heeres (Rüstungsforschung). In der Behörde waren etwa 5000 Beamte und Offiziere beschäftigt.

Vorläufer der Organisation war das Quartiermeisterwesen, die rückwärtigen Dienste sowie die Gewehr-Prüfungskommission und die Artillerie-Prüfungskommission. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die vorgenannten Prüfungskommissionen aufgelöst und am 8. November 1919 wurde das Waffenamt (Inspektion für Waffen und Gerät) im Reichswehrministerium unter Oberst (später Generalleutnant) Wurtzbacher gegründet. Die Behörde erhielt am 5. Mai 1922 die Bezeichnung Heereswaffenamt (HWA).

Es war in Friedenszeiten dem Oberbefehlshaber des Heeres unmittelbar unterstellt, seit Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 jedoch dem Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres Friedrich Fromm.

Der Hauptsitz des HWA war in Berlin, Hardenbergstraße 29.(Lage) Das Gebäude wurde während der Luftangriffe auf Berlin zerstört und später abgetragen. Auch der Gebäudekomplex Jebensstraße/Hertzallee wurde vom HWA genutzt. Auf dem Hof der Jebensstraße 1(Lage) befindet sich eine Statue der der Heiligen St. Barbara (Schutzpatronin der Artilleristen), die als Gefallenen-Denkmal der Artillerie-Prüfungskommission im Jahr 1930 von Otto Schulz erschaffen wurde.

Bei den Heeresversuchsanstalten Kummersdorf und Peenemünde sowie an weiteren Standorten wurden Waffen, Gerät und Ausrüstung erprobt.

Am 30. April 1942 wurde ein „Industrierat des OKH“ zur Beratung des Heereswaffenamtes gebildet. Ihm gehörten an: Walter Rohland als geschäftsführender Vorsitzender, Albert Vögler, Edmund Geilenberg, Wilhelm Zangen, Erich Müller, Ferdinand Porsche, Arthur Tix, Direktor Karl Lange, Erich Matthias (WASAG), Generaldirektor Paul Müller (Dynamit Nobel AG), Generaldirektor Wolff.[1]

In der zweiten Hälfte des Krieges wurde die Führung der Waffenentwicklung zu den Ausschüssen und Kommissionen der Industrie verlagert. Nach Erich Schneider spielte dabei neben politischen Gründen, das Streben gewisser Industriekreise nach sogenannter Selbstverantwortung eine wesentliche Rolle, nachdem man die Bestrebungen von dem damaligen Chef des HWA Karl Becker die Waffenämter der 3 Wehrmachtsteile zusammenzufassen, durch Intrigen vereitelt hat.[2]

Gliederung zum 3. Januar 1939

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Wa A - Heereswaffenamt[3][4]

  • Wa Z - Zentralamtsgruppe[4]
    • Stab
    • Wa Z 1 - Organisation
    • Wa Z 2 - Finalisierung und Vertrag
    • Wa Z 3 - Beauftragte mit der Weisung des Geschäftsführers
    • Wa Z 4 - Verschlusssache
    • Wa Z 5 - Bücherei
    • Wa Z 6 - Kommandantur
  • Wa Abn - Heeresabnahmeabteilung[4]
    • Stab
    • Wa Abn Z - technische und statistische Abteilung, Personal und Haushalt
    • Wa Abn 1 - Abnahme von Waffen und Gerät
    • Wa Abn 2 - Abnahme von Munition
    • Wa Abn 3 - Abnahme von Kraftfahrgerät
    • Wa Abn 4 - Abnahme von Lehr- und Maschinengerät
  • Wa F - Forschungsabteilung[4]
  • Wa Prüf - Amtsgruppe für Entwicklung und Prüfung[4]
    • Stab
    • Wa Prüf 1 - Ballistische und Munitonsabteilung
    • Wa Prüf 2 - Infanterieabteilung
    • Wa Prüf 4 - Artillerieabteilung
    • Wa Prüf 5 - Pionier- und Festungspionierabteilung (Pionierversuchsstelle Sperenberg)
    • Wa Prüf 6 - Kraftfahr- und Motorisierungsabteilung
    • Wa Prüf 7 - Nachrichtenabteilung
    • Wa Prüf 8 - Abteilung für Optik, Meßwesen und Heereswetterdienst (Kummersdorf und Bad Saarow)
    • Wa Prüf 9 - Gasschutzabteilung (Gasschutzlabor Spandau und Versuchsgruppe Munster Nord)
    • Wa Prüf 11 - Abteilung für Sondergerät
    • Wa Prüf 12 - Abteilung für Versuchsplätze (Versuchsplätze Kummersdorf, Hillersleben, Peenemünde, Rügenwalde und Munster Nord)
    • Wa Prüf Fest. - Abteilung für Festungsbauten
  • Wa I Rü (WuG) - Amtsgruppe für Industrielle Rüstung (Waffen und Gerät)[4]
    • Stab
    • Wa I Rü (WuG) 1 - allgemeines Heergerät[4]
    • Wa I Rü (WuG) 2 - Waffen
    • Wa I Rü (WuG) 5 - Pioniergerät
    • Wa I Rü (WuG) 6 - Kraftfahrgerät
    • Wa I Rü (WuG) 7 - Nachrichtengerät
  • Wa I Rü (Mun) - Amtsgruppe für Industrielle Rüstung (Munition)[4]
    • Stab
    • Wa I Rü (Mun) 1 - Geschosse
    • Wa I Rü (Mun) 2 - Minen, Zünder, Hülsen
    • Wa I Rü (Mun) 3 - chemische Munition
    • Wa I Rü (Mun) 4 - Infanteriemunition bis 2 cm
    • Wa I Rü (Mun) 5 - Packgefäße
  • Wa Vs - Vorschriftenabteilung[4]

Weiterhin waren dem angegliedert:[3]

  • L Flak - Amtsgruppe für Flakentwicklung, unterstellt dem Reichsluftfahrtministerium
  • Ztschr - Wehrmachtzeitschriftenabteilung, unterstellt dem Oberkommando der Wehrmacht

Das Heereswaffenamt wurde während des Krieges mehrfach umorganisiert. Am 1. Juli 1944 bestand es aus dem Stab mit Forschungsabteilung und sechs Amtsgruppen:

  • Wa Z - Zentralamtsgruppe (Organisation und Planung)
  • Wa Prüf - Amtsgruppe für Entwicklung und Prüfung
  • Wa Chef Ing - Amtsgruppe Chefingenieur
  • Wa I Rü (WuG) - Amtsgruppe für Waffen und Gerät
  • Wa I Rü (Mun) - Amtsgruppe für Munition
  • Wa Abn - Amtsgruppe für Abnahme

Im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht wuchs die Bedeutung des Heereswaffenamtes immer weiter an. Zu den Kernaufgaben gehörten:[5]

  • Der Einsatz von Wissenschaft und Forschung für die Planung von Waffen, Gerät und Munition aller Art
  • Entwicklung der erdgebundenen Waffen aller Art, des Heergeräts und der Munition
  • Beschaffung der Waffen und Munition des Heergeräts, zum Teil auf für Marine und Luftwaffe
  • Aufstellen der Beschaffungsunterlagen für Waffen, Munition und Heergerät
  • technische Überwachung der Fertigung von Waffen, Munition und Heergerät, Einführung neuer Fertigungsverfahren, Erstellung neuer Kapazitäten
  • Vertretung des Heeres in allen Patent- und Musterschutzangelegenheiten, die Waffen, Munition und Gerät betreffen
  • Vereinheitlichung der Waffen, Munition und des Heergeräts
  • Aufstellung und Betreuung aller technischen Vorschriften und Fertigungsunterlagen für Waffen, Munition und Heergerät, einschließlich Schießbefehlen, sowie des waffentechnischen Teiles der Ausbildungsvorschriften
  • Ermittlung der Schießgrundlagen für die verschiedenen Waffen und ihr Niederlegen in Schußtafeln und sonstigen Hilfsmitteln und Vorschriften für das Schießen, Bearbeiten des Wetterdienstes
  • Mitwirkung bei allen taktischen und schießtechnischen Fragen
  • Abnahme von Waffen, Munition und Heergerät
  • Überwachung der technischen Ausbildung der Offiziere
  • Bedarfsermittlung, Anerkennung und Zuteilung der kontingentierten und bewirtschafteten Rohstoffe für das Oberkommando des Heeres, Behebung von Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen
  • Errechnung mehrwirtschaftlicher Zahlenunterlagen mittels modernster Organisationsmaschinen (Lochkarten) für das Oberkommando des Heeres
  • Verfügungen und Befehle an die mehrwirtschaftlichen Außenstellen
  • Betreuung der dem Wa A und seinen Außenstellen angehörenden Beamten und technischen Angestellten
  • Erfassung und Katalogisierung von Beutewaffen in den Kennblätter fremden Geräts

Leiter des Heereswaffenamtes

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Porträt Name von bis
Generalleutnant
Ludwig Wurtzbacher
(1870–1926)[6]
1. Juni 1920 1. März 1925
Generalmajor
Erich von Botzheim
(1871–1958)
2. März 1925 28. Februar 1926
Generalleutnant
Max Ludwig
(1871–1961)
1. März 1926 30. Mai 1929
Generalleutnant
Alfred von Vollard-Bockelberg
(1874–1945)
1. Juni 1929 30. November 1933
Generalleutnant
Kurt Liese
(1882–1945)
1. Dezember 1933 28. Februar 1938
General der Artillerie
Karl Becker
(1879–1940)[7]
1. März 1938 8. April 1940
General der Artillerie
Emil Leeb
(1881–1969)
16. April 1940 1. Februar 1945
General der Infanterie
Walter Buhle
(1894–1959)
1. Februar 1945 8. Mai 1945
HWA-Abnahmestempel 1939

Die vom Chef der Heeresrüstung, General der Infanterie Walter Buhle, zum 15. Januar 1945 angeordnete Erweiterung des Heereswaffenamtes zum Wehrmachtwaffenamt kam wegen der sich zuspitzenden Lage an den Fronten über Ansätze nicht hinaus. Mitte April 1945 wurde der größte Teil des Heereswaffenamtes, nebst dessen Chef, nach Südbayern verlegt und durch Befehl vom 27. April 1945 endgültig aufgelöst.

Berühmte Entwicklung des HWA war das Eisenbahngeschütz „Dora“. Vor der Einrichtung der Versuchsanstalt in Peenemünde wurden hier erste Forschungen in der Raketentechnik betrieben.

  • Peter Zimmermann: Technik für Rüstung und Krieg. 4. Wehrtechnik und Wehrwissenschaft zwischen den Weltkriegen. (Mitteilungen aus dem Institut für Mechanik 89, 1.) Neubiberg 1989.
  • Helmut Maier: Forschung als Waffe. Rüstungsforschung in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1900–1945/48. 2 Bände. Wallstein, 2007, ISBN 978-3-8353-0109-2.
  • Günter Nagel: Wissenschaft für den Krieg. Die geheimen Arbeiten der Abteilung Forschung des Heereswaffenamtes, Stuttgart 2012, ISBN 3-515-10173-X.
  • Rüdiger vom Bruch, Brigitte Kaderas (Hrsg.): Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08111-9.
  • Michael Heidler: Deutsche Fertigungskennzeichen bis 1945, Visier-Edition, VS-Medien GmbH, Bad Ems, ISBN 3-9811018-7-1.
  • Hans-Henning Podzun: Das Deutsche Heer 1939. Gliederung, Standorte und Verzeichnis sämtlicher Offiziere am 3.1.1939, Verlag Podzun, Bad Nauheim 1953.
  • Heereswaffenamt: D. 30, Merkheft für Angehörige des Heereswaffenamtes. Zentraldruckerei, Berlin 1941.

Einzelnachweise

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  1. Dietrich Eichholtz: Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft. Berlin 1985, Band 2, S. 71.
  2. Erich Schneider: Waffenentwicklung. Erfahrungen im deutschen Heereswaffenamt. In: Wehrwissenschaftliche Rundschau 1953. Heft 1, S. 34.
  3. a b D. 30, Merkheft für Angehörige des Heereswaffenamtes. S. 5.
  4. a b c d e f g h i D. 30, Merkheft für Angehörige des Heereswaffenamtes. S. 21.
  5. D. 30, Merkheft für Angehörige des Heereswaffenamtes. S. 6.
  6. Helmut Maier: Forschung als Waffe. S. 267 (s. Literatur).
  7. Burkhard Cielsa: Karl Becker. In: Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. S. 263 (s. Literatur).