Heilwasser

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Historische Tonflasche zum Versand des Rákóczi-Heilwassers durch die Gebrüder Bolzano
(Bad Kissingen um 1830)

Heilwasser ist ein natürliches, mineralienhaltiges Wasser, dem eine heilende, lindernde oder vorbeugende Wirkung zugesprochen wird. Es gehört zu den ältesten Naturheilmitteln. Ein Heilwasser kann innerlich für Trinkkuren bzw. äußerlich für medizinische Bäder angewendet werden. 2020 wurden in Deutschland 83,9 Millionen Liter Heilwasser verkauft.[1]

Der Begriff „natürliches Heilwasser“ ist in Deutschland gesetzlich nicht definiert. Er wird jedoch in vielen Gesetzen (z. B. im Arzneimittelgesetz) als eindeutig umschrieben vorausgesetzt. Eine Definition lässt sich aus dem Heilquellenrecht des Bundes, den Landeswassergesetzen und der Kurorte­gesetzgebung (KOG) der Länder ableiten.[2] Natürliches Heilwasser stammt aus unterirdischen, ursprünglichen, vor Verunreinigung geschützten, reinen Wasservorkommen, die staatlich als Heilquelle anerkannt sind.[3] Ein die ärztliche Aufsicht über Heilquellen innehabender Mediziner, der als Kurarzt bei einer Heilquelle[4] auch die Behandlung von Heilbad-Besuchern übernimmt, wurde früher als Brunnenarzt bezeichnet.[5] Der Begriff „Heilquelle“ ist im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und in den darauf aufbauenden Landesgesetzen niedergelegt.[2]

Natürliches Heilwasser ist naturbelassen, ihm werden keine Stoffe entzogen oder zugesetzt.[6] Aber auch die bloße Bezeichnung „Heilwasser“ wird für ein natürliches Heilwasser, das aus einer Heilquelle entstammt, verwendet.[2] Die therapeutischen Nutzungs- und Anwendungsarten von Heilwässern umfassen Trinkkuren am Ort, den therapeutischen Einsatz zu Bade- und Inhalationszwecken, Versandheilwässer sowie Gewinnung und Inverkehrbringen von Heilquellenpräparaten.[2] Eine Abfüllung muss am Quellort erfolgen.[7][3]

Rechtliche Einordnung

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In Deutschland[8] und in Österreich[9] unterliegen Heilwässer rechtlich der Regulierung als Arzneimittel und benötigen eine amtliche Arzneimittelzulassung. Dadurch unterscheidet Heilwasser sich vom Mineralwasser, das dem Lebensmittelrecht unterliegt. Voraussetzung für die Zulassung eines Arzneimittels ist grundsätzlich der Nachweis einer vorbeugenden, lindernden oder heilenden Wirkung. Heilwässer, die unverpackt in den Verkehr kommen bzw. vor Ort äußerlich oder inhalativ angewendet werden, sind nach § 21 (2) Nr. 1e AMG von der Zulassungspflicht befreit.

Heilwasser ist freiverkäuflich, d. h. weder rezept- noch apothekenpflichtig.[10] Bei der Kennzeichnung sind gemäß § 10 und § 11 AMG verkürzte Angaben möglich. Es wird im Handel meist direkt neben natürlichem Mineralwasser angeboten.[11] Während Mineralwasser seit 1969 zumeist in der transparenten 0,7 l Glas-Perlenflasche vertrieben wird, gibt es für Heilwasser seit 1983 die grüne 0,75 l Glas-Mehrwegflasche.[12]

Wirkung und Inhaltsstoffe

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Die verschiedenen Heilwassersorten sollen wirken, indem sie die Funktion von Stoffwechsel und Organen wie Magen, Darm, Herz, Kreislauf und Nieren anregen.

In einem Kilogramm beziehungsweise einem Liter Wasser müssen mindestens ein Gramm gelöste Mineralstoffe oder Spurenelemente enthalten sein.[3] Genaue Angaben zu Inhaltsstoffen und deren Wirkweise müssen auf dem Flaschenetikett ausgewiesen werden.

Richtwerte für die Inhaltsstoffe in Heilwasser:[13]

Magnesium (Mg2+) > 100 mg/l
Calcium (Ca2+) > 250 mg/l
Fluorid (F) > 1 mg/l
Sulfat (SO42−) > 1200 mg/l
Hydrogencarbonat (HCO3) > 1300 mg/l
Kohlenstoffdioxid (CO2) 1000 mg/l (CO2 in der Quelle)

1998 gab es in Deutschland 60 Heilwässer. „Deutsche Heilbrunnen“ in Bonn fasst als Interessengemeinschaft alle Heilbrunnenbetriebe unter einem Dach zusammen. Der Deutsche Heilbäderverband e. V. publiziert Begriffsbestimmungen und Qualitätsstandards für die Prädikatisierung von Kurorten, Erholungsorten und Heilbrunnen (zuletzt 11. Auflage, 13. Oktober 1998).

Anwendungsbeschränkungen

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Auf Unverträglichkeiten von größeren Flüssigkeitsmengen bei schweren Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen muss geachtet werden.

Eine typische auf dem Etikett angegebene Wechselwirkung ist, dass die Aufnahme und Ausscheidung von Medikamenten beeinflusst werden kann.

Einzelnachweise

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  1. Verband deutscher Mineralbrunnen: Branchendaten Mineralwasser-Markt 2020 (PDF) 28. Juni 2021.
  2. a b c d Begriffsbestimmungen / Qualitätsstandards für Heilbäder und Kurorte, Luftkurorte, Erholungsorte – einschließlich der Prädikatisierungsvoraussetzungen – sowie für Heilbrunnen und Heilquellen, Deutscher Heilbäderverband e. V. & Deutscher Tourismusverband e. V., 26. November 2017. Abgerufen am 22. September 2019.
  3. a b c Flaschenwässer – Mineralwasser, Tafelwasser und Co., Website des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU), abgerufen am 22. September 2019.
  4. brunnenquelle ä, Deutsches Wörterbuch.
  5. Pierer’s Universal-Lexikon. Band 3. Altenburg 1857, S. 373.
  6. Gesetz über Kurorte im Land Nordrhein-Westfalen, § 13.
  7. Wasser ist nicht gleich Wasser, Website der „Informationszentrale Deutsches Mineralwasser“ (IDM), abgerufen am 22. September 2019.
  8. Eva-Maria Schröder: Heilwasser – immer noch aktuell, Deutsche Apothekerzeitung, Nr. 12, 30. März 2008.
  9. Marlis Gruber: Die unterschiedlichen Wasser-Arten, falstaff.at, 27. März 2017.
  10. § 44 AMG „Ausnahme von der Apothekenpflicht“, sofern 1 Liter nicht mehr als 0,01 mg Arsen enthält und die Radioaktivität unter 3,7 Becquerel (226Radium) bzw. unter 100 Becquerel (222Radon) liegt., vgl. Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (AMVerkRV), Anlage 4 (zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 Nr. 1).
  11. Mineralwasser im Test – Testergebnisse für 52 Classic- und Medium-Wässer, test.de, Stiftung Warentest, 27. Juni 2018.
  12. Flaschen und Kästen auf der Website der Genossenschaft Deutscher Brunnen eG
  13. Heilwasser – eine natürliche Quelle für Mineralstoffe und Spurenelemente, auf der Website der „Deutsche Heilbrunnen im Verband Deutscher Mineralbrunnen e. V.“, abgerufen am 22. September 2019.