Heinrich Detering
Heinrich Detering (* 1. November 1959 in Neumünster) ist ein deutscher Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Lyriker.
Lebenslauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Heinrich Detering beendete 1978 am Engelbert-Kaempfer-Gymnasium in Lemgo seine schulische Ausbildung mit dem Abitur. Dort leistete er auch seinen Zivildienst. Seit 1978 war er ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift Lemgoer Hefte. Im Jahr 1979 begann er ein später mit dem Staatsexamen abgeschlossenes Studium der Germanistik, Evangelischen Theologie, Skandinavistik und Philosophie. Göttingen, Heidelberg und Odense waren Stationen der Studienzeit, die 1988 in Göttingen mit der Promotion im Fach Germanistik endete und in eine Assistentur bei Albrecht Schöne mündete. 1993 erfolgte Deterings Habilitation mit der Habilitationsschrift Das offene Geheimnis: zur literarischen Produktivität eines Tabus von Winckelmann bis zu Thomas Mann über Homosexualität in der Literatur für die Fächer Neuere deutsche Literatur und Neuere skandinavische Literaturen.
In den folgenden Jahren war Heinrich Detering zunächst als Vertretung einer Komparatistik-Professur an der Ludwig-Maximilians-Universität in München tätig, bevor er 1995 Professor für Neuere deutsche Literatur und Neuere skandinavische Literaturen an der Christian-Albrechts-Universität Kiel wurde. Er bekleidete mehrere Gastprofessuren, wie z. B. an der University of California, Irvine, an der Washington University, St. Louis sowie an den Universitäten Aarhus oder Bergen. Einen Ruf an die Universität Bonn lehnte er 2001 ab. Im Wintersemester 2004/2005 hatte er die Poetikdozentur der Akademie der Wissenschaften und der Literatur an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz inne und war anschließend vom Sommersemester 2005 bis zu seinem Ruhestand im Oktober 2023 an der Universität Göttingen als Professor für Neuere Deutsche Literatur tätig. Seit 2010 ist er zudem Honorarprofessor an der Universität für Wissenschaft und Technik Zentralchina in Wuhan.[1]
Detering zählt zu den einflussreichsten deutschen Literaturwissenschaftlern und ist Mitglied u. a. der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der er 2011 bis 2017 als Präsident vorstand,[2][3] der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz[4]. Darüber hinaus gehörte er einer Reihe von Jurys an, so u. a. für den Kleist-Preis, den Thomas-Mann-Preis, den Georg-Büchner-Preis, den Mörike-Preis der Stadt Fellbach und den Hans-Fallada-Preis. Er war bis 2015 Präsident der Theodor-Storm-Gesellschaft[5], von 2011 bis 2017 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Thomas Mann-Gesellschaft Sitz Lübeck e. V. Im Münchner Lyrik Kabinett war er von 2011 bis 2015 einer der vier Kritiker des Lyrischen Quartetts.[6] Er ist daneben auch als Literaturkritiker und Übersetzer sowie Schriftsteller tätig und publiziert eigene Gedichte. Aufsehen erregte er zudem 2019 mit einer kritischen Analyse der politischen Rhetorik der AfD.[7]
Detering ist seit 1984 mit Christine Detering, geborene Trinter, verheiratet, wohnhaft gewesen unter anderem in Lage/L. und Vater dreier Kinder. Ursprünglich Protestant, konvertierte er später zum Katholizismus. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wählte Detering im November 2016 als eine von 45 Einzelpersönlichkeiten zu seinem Mitglied.[8] Die Mitgliedschaft wurde im April 2021 bestätigt.[9] Im September 2019 wurde er im Hildesheimer Dom zum Ständigen Diakon geweiht.[10]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lippischer Kulturpreis (1977)
- 2. Preis für Prosa beim Nordrhein-Westfalälischen Autorentreffen (1983)
- Wissenschaftlichen Förderpreis der Raabe-Gesellschaft (1989)
- Erhalt eines Wiepersdorf-Stipendiums (1993)
- Preis des Landeskulturverbandes Schleswig-Holstein für die Liliencron-Poetikdozentur (2001)
- Julius-Campe-Preis der Kritik (2003)
- Wissenschaftspreis der Stadt Kiel (2007)
- Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Aarhus (2008)
- Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (mit 2,5 Millionen Euro Preisgeld dotiert, 2009).[11]
- Verleihung der Werner-Heisenberg-Medaille durch die Alexander von Humboldt-Stiftung (2011)[12]
- Hans-Christian-Andersen-Preis für seine Verdienste um die Verbreitung des Werks des Dichters (2012)[13]
- Ernennung zum Ritter des Dannebrogordens (2013)[14]
- Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München (2014–2015)[15]
- Stipendiant im Thomas-Mann-Haus in Los Angeles (als einer der ersten, 2018)[16][17]
- Gleim-Literaturpreis des „Förderkreises Gleimhaus e. V.“ (Träger des Halberstädter Gleimhauses) für sein Buch Menschen im Weltgarten. Die Entdeckung der Ökologie in der Literatur von Haller bis Humboldt (2021)[18]
- Aufnahme in den Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste (2023)[19]
- Niedersächsischer Staatspreis (2024)[20]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Marianne Bonney: Heinrich Detering. In: Lemgoer Hefte. Band 1, 1978.
- Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe (von Degeners Wer ist’s?) Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 216.
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fachpublikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- In magischen Kreisen: Goethe und Lippe. 1984
- Das offene Geheimnis. Zur literarischen Produktivität eines Tabus von Winckelmann bis zu Thomas Mann. Wallstein, 1994, ISBN 3-89244-070-0.
- Theodizee und Erzählverfahren. Vandenhoeck & Ruprecht, 1997, ISBN 3-525-20562-7.
- Grundzüge der Literaturwissenschaft [Hrsg. mit Heinz Ludwig Arnold], dtv, 1999, ISBN 3-423-30171-6.
- Herkunftsorte. Boyens Buchverlag, 2001, ISBN 3-8042-1017-1.
- Autorschaft. Metzler, 2002, ISBN 3-476-01850-4.
- Kunstautonomie und literarischer Markt. Konstellationen des Poetischen Realismus [Hrsg. mit Gerd Eversberg], Verlag Schmidt (Erich), Berlin 2003, ISBN 3-503-06171-1.
- als Herausgeber: Von der Pampelmuse geküßt – Gedichte, Prosa, Szenen/Heinz Erhardt, Philipp Reclam jun., Stuttgart 2005, ISBN 3-15-018332-4.
- Frauen, Juden, Literaten. Eine Denkfigur beim jungen Thomas Mann. Fischer, 2005, ISBN 3-10-014203-9.
- Andersen und andere. Kleine dänisch-deutsche Kulturgeschichte Kiels. Boyens Buchverlag, 2005, ISBN 3-8042-1159-3.
- Bob Dylan. Reclam, Stuttgart 2007, Universal-Bibliothek 18432. ISBN 978-3-15-018432-5.
- Bertolt Brecht und Lao-tse. Wallstein, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8353-0266-2.
- Vom Zählen der Silben. Über das lyrische Handwerk (Münchner Reden zur Poesie, 7). Stiftung Lyrik Kabinett, München 2009. ISBN 978-3-938776-22-3.
- Der Antichrist und der Gekreuzigte. Friedrich Nietzsches letzte Texte. Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0635-6.
- Kindheitsspuren. Theodor Storm und das Ende der Romantik. Boyens, 2011, ISBN 978-3-8042-1333-3.
- Hans Christian Andersen. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-422-07041-7.
- Thomas Manns amerikanische Religion. Theologie, Politik und Literatur im kalifornischen Exil. S. Fischer, Frankfurt am Main 2012. ISBN 978-3-10-014204-7.
- Das Meer meiner Kindheit. Thomas Manns Lübecker Dämonen. Boyens, Heide 2016, ISBN 978-3-8042-1445-3.
- Die Stimmen aus der Unterwelt. Bob Dylans Mysterienspiele. C. H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-68876-8.
- Planetenwellen. Gedichte und Prosa/Bob Dylan, übersetzt und kommentiert von Heinrich Detering. Hoffmann und Campe, Hamburg 2017, ISBN 978-3-455-00118-1.
- darin enthalten: Last Thoughts on Woody Guthrie
- als Herausgeber: Best of Lyrics/Bob Dylan. Hoffmann und Campe, Hamburg 2017, ISBN 978-3-455-00118-1.
- als Herausgeber (mit Kai Sina): Kein Nobelpreis für Gustav Frenssen. Eine Fallstudie zu Moderne und Antimoderne. Boyens, Heide 2018, ISBN 3-8042-1472-X.
- Holzfrevel und Heilsverlust. Die ökologische Dichtung der Annette von Droste-Hülshoff. Wallstein, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8353-3759-6.
- Menschen im Weltgarten. Die Entdeckung der Ökologie in der Literatur von Haller bis Humboldt. Wallstein, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8353-3626-1.
- mit Lisa Kunze und Katrin Wellnitz (Hrsg.): Günter Grass als Buchkünstler. Steidl, Göttingen 2022, ISBN 978-3-96999-117-6.
Gedichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jahreszeiten. Gedichte. 1978.
- Zeichensprache. 22 Gedichte. 1978.
- Schwebstoffe. Gedichte. Wallstein, 2004, ISBN 3-89244-787-X.
- Wrist. Gedichte. Wallstein, 2009, ISBN 978-3-8353-0519-9.
- Old Glory. Gedichte. Wallstein, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-1167-1.
- Wundertiere. Gedichte. Wallstein, Göttingen 2015, ISBN 978-3-8353-1598-3.
- Untertauchen. Gedichte. Wallstein, Göttingen 2019, ISBN 978-3-8353-3444-1.
- An der Nachtwand. Gedichte. Wallstein, Göttingen 2023, ISBN 978-3-8353-5352-7.
Sachbuch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- In letzter Zeit – Ein Gespräch im Herbst. Mit Günter Grass. Steidl Verlag, Göttingen 2017. ISBN 978-3-95829-293-2
- Was heißt hier „wir“? Zur Rhetorik der parlamentarischen Rechten. Reclam, Ditzingen 2018. ISBN 978-3-15-019619-9, 2024 als Theaterproduktion von EURE FORMATION[21]
Darüber hinaus sind zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Sammelbänden, Tageszeitungen etc. erschienen. Detering hat ferner diverse Werke Hans Christian Andersens (Schräge Märchen) und Henrik Wergelands übersetzt und ist (Mit-)Herausgeber der GKFA (Großen Kommentierte Frankfurter Ausgabe) der Werke Thomas Manns und der Großen Brandenburger Ausgabe der Werke und Briefe Theodor Fontanes.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Heinrich Detering im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Homepage von Heinrich Detering
- Website der Theodor Fontane-Arbeitsstelle am Lehrstuhl von Heinrich Detering
- Deutschlandfunk (DLF) Zwischentöne. Musik und Fragen zur Person vom 15. April 2018
- Video "Thomas Mann & the First Unitarian Church of Los Angeles with Heinrich Detering" von Villa Aurora & Thomas Mann House
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Prof. Dr. Heinrich Detering von der Universität Göttingen erhält Honorarprofessur in China, in: Informationsdienst Wissenschaft vom 22. November 2010, abgerufen am 25. November 2010
- ↑ Heinrich Detering als Präsident wiedergewählt, Pressemitteilung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung vom 24. Oktober 2014, online unter deutscheakademie.de
- ↑ Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung - Akademie - Presse - Ernst Osterkamp ist neuer Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Abgerufen am 16. November 2017.
- ↑ Mitgliedseintrag von Heinrich Detering bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, abgerufen am 11.10.17
- ↑ o: Gemeinsame Tagung : Storm und Mann: Meister des Erzählens im Fokus | shz.de. Abgerufen am 6. November 2019.
- ↑ https://www.lyrik-kabinett.de/veranstaltungen/reihen/das-lyrische-quartett/rueckblick/30092015/
- ↑ Heinrich Detering: Was heißt hier „wir“? Zur Rhetorik der parlamentarischen Rechten. Ditzingen 2019, S. 22: „AfD-Kritikern wird manchmal vorgeworfen, zu rasch mit Begriffen wie ‚Faschismus‘ oder ‚Nazis‘ bei der Hand zu sein. Ich möchte gern dagegenfragen: Wo sollte man diese Begriffe zur Hand haben, wenn nicht hier?“
- ↑ zdk.de: ZdK wählt Einzelpersönlichkeiten, abgerufen am 24. Februar 2017.
- ↑ Insgesamt 45 Einzelpersönlichkeiten gewählt. ZdK-Wahl abgeschlossen: Das sind die neuen Mitglieder des Komitees. In: katholisch.de, 29. April 2021 online
- ↑ https://www.bistum-hildesheim.de/bistum/nachrichten/artikel/news-title/zwei-maenner-im-hildesheimer-dom-zu-diakonen-geweiht-19258/
- ↑ Pressemitteilung ( vom 10. Februar 2009 im Internet Archive) der DFG vom 4. Dezember 2008
- ↑ Information der Uni Göttingen ( vom 29. März 2014 im Internet Archive), gesehen am 27. Juni 2011
- ↑ Information der Uni Göttingen, gesehen am 31. März 2012
- ↑ Mitteilung auf der privaten Homepage Deterings, gesehen am 7. Juni 2013
- ↑ lt. eigener Angabe
- ↑ Erste Stipendiaten für Thomas-Mann-Haus benannt, deutschlandfunkkultur.de, 19. September 2017, abgerufen am 19. September 2017
- ↑ Interview im KStA Dez. 2018
- ↑ Gleimhaus Halberstadt: Gleim-Literaturpreis. Abgerufen am 4. September 2021.
- ↑ Orden Pour le mérite wählt neue Mitglieder. 23. Juli 2023, abgerufen am 10. August 2023.
- ↑ Niedersächsischer Staatspreis. In: niedersachsen.de. Land Niedersachsen, vertreten durch die Niedersächsische Staatskanzlei, abgerufen am 9. Oktober 2024.
- ↑ Was heißt hier »wir«? – Eure Formation. Abgerufen am 12. November 2024.
Personendaten | |
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NAME | Detering, Heinrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Lyriker |
GEBURTSDATUM | 1. November 1959 |
GEBURTSORT | Neumünster |
- Germanist
- Skandinavist
- Literaturwissenschaftler
- Absolvent der Georg-August-Universität Göttingen
- Hochschullehrer (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
- Hochschullehrer (Georg-August-Universität Göttingen)
- Autor
- Literatur (20. Jahrhundert)
- Literatur (21. Jahrhundert)
- Literatur (Deutsch)
- Literatur (Norddeutschland)
- Lyrik
- Sachliteratur
- Literaturkritiker
- Übersetzer aus dem Dänischen
- Übersetzer aus dem Norwegischen
- Übersetzer ins Deutsche
- Herausgeber
- Römisch-katholischer Geistlicher (21. Jahrhundert)
- Ständiger Diakon
- Leibnizpreisträger
- Träger des Pour le Mérite (Friedensklasse)
- Träger des Julius-Campe-Preises
- Ritter des Dannebrogordens
- Ehrendoktor der Universität Aarhus
- Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur
- Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
- Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
- Deutscher
- Geboren 1959
- Mann