Heinz Kluncker

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Heinz Kluncker, 1973

Heinz Kluncker (* 20. Februar 1925 in Barmen (heute zu Wuppertal); † 21. April 2005 in Stuttgart) war ein deutscher Gewerkschafter. Der gelernte Industriekaufmann war von 1964 bis 1982 Vorsitzender der ÖTV (heute ver.di) und für eine harte Tarifpolitik und nachdrückliche Vertretung von Arbeitnehmerforderungen bekannt. 1974 machte er bei Tarifverhandlungen mit der Regierung Willy Brandt Schlagzeilen, als er eine Lohnerhöhung von 11 Prozent durchsetzte, nachdem Müllwerker drei Tage gestreikt hatten.

Der Sohn eines sozialdemokratischen Schlossers wuchs als Einzelkind in Wuppertal auf. Dort schloss er 1939 die Volksschule ab und absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann im Textilgroßhandel. Er trat der HJ bei, was er später bedauerte. 1942 legte er eine Handlungsgehilfenprüfung ab und arbeitete als Expedient. 1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Im Juni 1944 desertierte er in der Normandie und begab sich in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft, während der er zum Atlantiker wurde.

1946 wurde Kluncker aus den USA nach Deutschland entlassen, arbeitete als Polizist und trat in die ÖTV und die SPD ein. Im gleichen Jahr wechselte er als hauptamtlicher Sekretär in die ÖTV. Von 1949 bis 1951 studierte er Volks- und Betriebswirtschaft, Soziologie und Jura im 2. Kurs der Akademie für Gemeinwirtschaft in Hamburg. Während des Studiums war Heinz Oskar Vetter sein Kommilitone. Zu seinen akademischen Lehrern gehörten der Soziologe Helmut Schelsky sowie der spätere Bundesminister Karl Schiller. Ab 1952 war Kluncker Sachbearbeiter in der Tarifabteilung der ÖTV in Stuttgart.

Von 1964 an war er Vorsitzender der ÖTV, die damals 1,4 Millionen Mitglieder hatte. Bei seinem Amtsantritt war der 39-Jährige jüngster Gewerkschaftschef Deutschlands. Er konnte in harten Tarifkämpfen weitreichende und wegweisende Tarifabschlüsse erzielen. Dazu gehörte die Einführung der 40-Stunden-Woche und des 13. Monatsgehalts im Öffentlichen Dienst.

1964 nahm er als erster im DGB Kontakte zu kommunistischen Gewerkschaften Osteuropas auf. Seine Reise 1965 in das tschechoslowakische Karlsbad galt als politische Sensation.[1] Später konferierte er mit dem FDGB der DDR und war der erste westdeutsche Gewerkschaftschef, der offizielle Beziehungen mit kommunistischen Gewerkschaften aufnahm. Während dies zur Entspannungspolitik der SPD passte, stieß seine Teilnahme an zwei Kongressen der polnischen Solidarność-Opposition auf deren Missbilligung.

„Kluncker-Runde“

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1974 führte Kluncker den heftigsten Streik des Öffentlichen Dienstes: mit einem dreitägigen Streik der Müllwerker und Straßenbahner erreichte die ÖTV gegen den Willen von Bundeskanzler Willy Brandt eine Tariferhöhung von 11 %,[2] wobei die Teuerungsrate im Februar 1974 zwischen 9 und 10 Prozent lag (Teuerungsrate für 1974: 6,9 %[3]). Viele ÖTV-Mitglieder waren mit dem Ergebnis aber überhaupt nicht zufrieden.[4] Beide verneinten aber, dass dies zu Brandts Rücktritt beigetragen habe. Im Herbst/Winter zuvor hatte die erste Ölkrise zu einer Vervierfachung des Rohölpreises geführt (20 – 30 % höhere Preise für Benzin und für Diesel; höhere Preise für Heizöl); die Gewerkschaften argumentierten, dass der abzusehende Kaufkraftverlust der DM schon vorab durch diese kräftige Lohnerhöhung kompensiert werden müsse. Die Lohnrunde wurde auch als Kluncker-Runde bekannt. Viele Ökonomen warfen Kluncker bzw. den Gewerkschaften vor, mit diesem zu hohen Abschluss eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt zu haben, unter anderem der damalige Bundesbank-Vizepräsident Otmar Emminger.[5] Die Jahre darauf waren geprägt von Stagflation und Eurosklerose. 1979 kam es zu einer zweiten Ölkrise.

Von 1978 bis 1982 war Kluncker zugleich Vizepräsident der Internationalen Transportarbeiter-Gewerkschaft. Bis 1985 blieb er noch Chef der Internationale der Öffentlichen Dienste (IÖD). 1992 half er beim Aufbau unabhängiger Gewerkschaftsorganisationen in Kroatien.

Rücktritt und letzte Jahre

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Das Grab von Heinz Kluncker, Pragfriedhof Stuttgart.

Am 2. Juni 1982 trat er auf ärztlichen Rat, aber für die Politik überraschend, von seinem Amt zurück. Er wog zu diesem Zeitpunkt 135 Kilogramm und hatte massive Herz-Kreislaufbeschwerden. Seine Nachfolgerin in der Funktion der Gewerkschaftsvorsitzenden wurde Monika Wulf-Mathies.
In den 1980ern engagierte er sich auf Bitten von Willy Brandt (SPD-Parteivorsitzender von 1964 bis 1987) in der SPD-Programmkommission. Von 1990 bis 1995 war Kluncker der Vorsitzende des Seniorenrates.

In seinen letzten Lebensjahren lebte Kluncker zurückgezogen in Stuttgart. Er starb im April 2005 nach schwerer Krankheit, wenige Wochen nach seinem 80. Geburtstag.

Im Mai 2009 wurde in Wuppertal der untere Teil der Oberbergischen Straße in Heinz-Kluncker-Straße umbenannt.

  • Gewerkschaft ÖTV (Hrsg.): Heinz Kluncker. Ein Porträt zum siebzigsten Geburtstag. Verlagsanstalt Courier, Stuttgart o. J. (1995).
  • Hans-Otto Hemmer, Hartmut Simon (Hrsg.): Immer ein bisschen anders. In: Auf die Wirkung kommt es an: Gespräche mit Heinz Kluncker. Bund-Verlag, 1. Aufl. 2000, ISBN 978-3-7663-3203-5.
  • Karl Christian Führer: Gewerkschaftsmacht und ihre Grenzen – die ÖTV und ihr Vorsitzender Heinz Kluncker 1964–1982, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8394-3927-2
Commons: Heinz Kluncker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. spiegel.de 14., Juli 1965: Bazillen im Bad
  2. spiegel 4. Februar 1974: Streik: Wir sind keine impotenten Freier (Warnstreiks), 18. Februar 1974: Wir haben den Saft abgeschnitten; Willy Brandt: Ihr laßt mich alle allein (Der Bundeskanzler trägt sich mit Rücktrittsgedanken. Seit dem Tarifkampf mit der ÖTV, der nach seiner Ansicht mit einem zu hohen Abschluß endete, glaubt sich der Regierungschef von den Genossen in der Partei und den Freunden in den Gewerkschaften im Stich gelassen.)
  3. Statistisches Bundesamt: Preise - Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Lange Reihen ab 1948. S. S. 4, abgerufen am 15. Mai 2020.
  4. Karl Christian Führer: Was macht Gewerkschaftsmacht?, in ver.di-Publik, 6/2017, S. 9.
  5. dies bekräftigt er in seiner Autobiografie DM, Dollar, Währungskrisen, 1986.