Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole
Die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole oder Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole beziehungsweise Tätliche Angriffe auf Hoheitszeichen sind Straftatbestände, die in vielen Ländern verfolgt werden. Sie bezeichnen sowohl die Beschädigung und Beleidigung des Staates und seiner anerkannten Staatssymbole als auch Handlungen gegen diese.
Rechtslage in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland ist die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole im § 90a StGB (bis 1968 § 96 a. F.) unter dem Titel Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates unter Strafe gestellt, früher auch als Staatsverleumdung bezeichnet.
Gemäß § 74a Abs. 1 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist für die Hauptverhandlung das Landgericht zuständig.
Wortlaut
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole
(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)
- 1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
- 2. die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,
- wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.
(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.
Tatbestand
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Absatz 1 Nummer 1
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Tatbestandsalternative des Absatz 1 Nummer 1 wird durch die Beschimpfung oder die böswillige Verächtlichmachung der Bundesrepublik Deutschland, der Bundesländer oder ihrer verfassungsmäßigen Ordnung erfüllt. Die Tat muss entweder öffentlich oder in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften (im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB) begangen werden. Der Schutzgegenstand der Vorschrift ist das Ansehen des Staates.[1]
Beschimpfung ist dabei die durch Form oder Inhalt besonders verletzende Äußerung der Missachtung.[2] Dazu zählt zum Beispiel die anlässlich des GSG-9-Einsatzes in Bad Kleinen aufgestellte Behauptung, Deutschland hätte 19 RAF-Mitglieder „ermordet“.[3]
Eine Verächtlichmachung liegt vor, wenn etwas als der Achtung der Staatsbürger unwert bezeichnet und als unwürdig hingestellt wird.[4] Böswillig ist die Verächtlichmachung, wenn sie trotz Kenntnis des Unrechts in feindseliger und verwerflicher Gesinnung geschieht.[5] Als Beispiel kann ein Artikel des SRP-Parteiorgans Deutsche Opposition aus dem Jahr 1951 genannt werden, in dem die junge Bundesrepublik („Bonner Staatsgebilde“) mit einer „frisch gestrichenen Coca-Cola-Bude“ verglichen wurde.[6]
Absatz 1 Nummer 2
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Absatz 1 Nummer 2 schützt die Farben, die Flagge, das Wappen und die Hymne der Bundesrepublik sowie ihrer Länder vor Verunglimpfung. Strafbar sein können beispielsweise verhöhnende Nachdichtungen der Nationalhymne oder Verunstaltungen des Bundesadlers. Auch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) findet in § 90a StGB Schranken, so dass eine Bestrafung wegen der Verunglimpfung von Staatssymbolen nicht schon alleine deswegen ausgeschlossen ist, weil es sich dabei um eine künstlerische Betätigung handelt.[8]
Auch eine Tathandlung gemäß Absatz 1 Nummer 2 muss öffentlich, in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften begangen werden.
Absatz 2
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Absatz 2 schützt zum einen die öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik und der Länder, zum anderen die von einer Behörde öffentlich angebrachten Hoheitszeichen der Bundesrepublik und der Länder. Geschützt sind auch Flaggen, die von Privatpersonen gezeigt werden, sofern dies in der Öffentlichkeit geschieht. Zu den Hoheitszeichen gehören etwa die am Gebäude der Behörde angebrachten Wappen, aber zum Beispiel auch die an der Dienstkleidung befestigten Kokarden.[9]
Die Tat wird begangen, indem man die genannten Staatssymbole entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Beschimpfender Unfug ist dabei die für andere erkennbare Missachtung des Symbols in roher Weise,[10] wie zum Beispiel das Umsägen des Fahnenmastes.
Strafmaß
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wenn sich der Täter durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze eingesetzt hat, wird die Tat mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Es handelt sich bei Straftaten gemäß § 90a StGB damit um ein Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB).
Die Tatgegenstände können gemäß § 92b StGB eingezogen werden. Falls der Täter zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird, kann außerdem als Nebenfolge gemäß § 92a StGB die Amtsfähigkeit, die Wählbarkeit und das Stimmrecht aberkannt werden.
Rechtslage in Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Österreich ist die Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole im § 248 StGB geregelt. Darüber hinaus ist das Delikt, obgleich nur ein Vergehen, gemäß § 31 Abs. 2 Z 2 StPO vor einem Geschworenengericht zu verhandeln.
Wortlaut
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole
(1) Wer auf eine Art, daß die Tat einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird, in gehässiger Weise die Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer beschimpft oder verächtlich macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Wer in der im Abs. 1 bezeichneten Art in gehässiger Weise eine aus einem öffentlichen Anlaß oder bei einer allgemein zugänglichen Veranstaltung gezeigte Fahne der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer, ein von einer österreichischen Behörde angebrachtes Hoheitszeichen, die Bundeshymne oder eine Landeshymne beschimpft, verächtlich macht oder sonst herabwürdigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.[11]
Rechtslage in der Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Schweiz ist der Tätliche Angriff auf schweizerische Hoheitszeichen im Art. 270 Strafgesetzbuch geregelt. Dabei werden nur solche Straftaten geahndet, die gegen „ein von einer Behörde angebrachtes schweizerisches Hoheitszeichen“ begangen wurden.
Wortlaut
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tätliche Angriffe auf schweizerische Hoheitszeichen
Wer ein von einer Behörde angebrachtes schweizerisches Hoheitszeichen, insbesondere das Wappen oder die Fahne der Eidgenossenschaft oder eines Kantons, böswillig wegnimmt, beschädigt oder beleidigende Handlungen daran verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.[12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Adolf Schönke, Horst Schröder: Strafgesetzbuch. Kommentar. C.H. Beck, München 2006. 27. Auflage. § 90a. ISBN 3-406-51729-3
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gottfried Krutzki: Die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole - Eine Dokumentation zu § 90a StGB. Kritische Justiz 1980, S. 294–314
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ BVerfGE 47, 198 (231)
- ↑ RGSt. 57, 211; 61, 308
- ↑ BayObLG NStZ-RR 1996, 135
- ↑ BGHSt. 3, 346, 348
- ↑ BGH NJW 1964, 1481
- ↑ BGHSt. 3, 346
- ↑ Deutschland-Bananenfahne ist keine Straftat. Saarländischer Rundfunk, 12. Januar 2022.
- ↑ BVerfGE 81, 278
- ↑ OLG Braunschweig NJW 1953, 875
- ↑ RGSt. 43, 201
- ↑ Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) StF: BGBl. Nr. 60/1974
- ↑ Fassung gemäß Ziff. I des BG vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995 (AS 1994 2290 2307; BBl 1991 II 969).