Heubach (Odenwald)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Heubach im Odenwald)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Heubach
Wappen von Heubach
Koordinaten: 49° 51′ N, 8° 58′ OKoordinaten: 49° 50′ 30″ N, 8° 57′ 52″ O
Höhe: 183 m ü. NHN
Fläche: 8,96 km²[1]
Einwohner: 1733 (Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 193 Einwohner/km²
Postleitzahl: 64823
Vorwahl: 06078
Karte
Lage von Heubach in Groß-Umstadt
Blick auf Heubach, links hinten der Burzelberg (2020)
Blick auf Heubach, links hinten der Burzelberg (2020)

Heubach ist ein Stadtteil der Stadt Groß-Umstadt im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Heubach liegt im nördlichen Teil des Naturparks Bergstraße/Odenwald, von der Bundesstraße 45 (Ferienstraße Alpen-Ostsee) aus 1500 Meter in Richtung Osten, eingebettet in ein romantisches Seitental des Odenwalds. Wie die anderen Gemeinden, die das mittelalterliche Städtchen Groß-Umstadt umrahmen und 1977 eingemeindet wurden, ist der historische Ort ruhig und idyllisch gelegen, und hat in den letzten Jahren neue Bewohner angezogen, die vorher in einer der großen Städte des Großraums Frankfurt gelebt haben. Der Name Heubach hat nichts mit dem Wort Heu zu tun, sondern mit dem heutigen Wort Hain (kleiner Wald) und bezeichnet also ein Wäldchen am Bach.

Ortswappen aus dem frühen 19. Jahrhundert
Fachwerkhäuser am Marktplatz
Der Marktplatz mit dem Dorfbrunnen
Die kleine lutherische Kirche

Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung in der Region sind frühsteinzeitliche Ausgrabungen bei Groß-Umstadt. Aus der Jungsteinzeit stammen Funde der Schnurkeramiker in Grabhügeln im Bereich Groß-Umstadt, aber auch Hügelgräber aus der Nähe Heubachs. Auch Funde aus der Bronzezeit und Spuren der Kelten und Römer gibt es in der Gegend. Nach harten Kämpfen mussten die römischen Legionen um 260 n. Chr. die Region zwischen Rhein und Main den Alemannen überlassen, die dem Odenwald nach ihrem höchsten Gott Odin seinen Namen gaben. Sie wurden im 5. Jahrhundert von den Franken besiegt, von denen Gräber in Groß-Umstadt zeugen. Unter ihrem Fürst Chlodwig, der zwischen 481 und 511 regierte, wurden alle Einwohner des Frankenreichs und auch die Menschen in Heubach christlich. Der Karolingerfürst Pippin, Vater Karls des Großen, schenkte im Jahr 766 die Umstädter Mark dem Kloster Fulda.

Zwischen 1100 und 1200 entstand die erste Steinkirche in Heubach, Vorgängerin der heutigen evangelisch-reformierten Kirche am Marktplatz, und auch die Burgen Breuberg (8 Kilometer von Heubach entfernt) und Otzberg (in vier Kilometer Entfernung) wurden gebaut. Im Jahr 1303 wurde der Ort als Heipach erstmals schriftlich erwähnt, in einem Grundstücks-Kaufvertrag zwischen einem Heubacher Bürger und dem Kloster Höchst im Odenwald. In historischen Dokumenten späterer Zeit ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Haypach (1322); Heippach (1376); Heupach an der Wiesen (1398–1400); Heuppach (1454); Haupach (1495): Hawbach (1524); Haybach (1570); und Haubach (16. Jahrhundert).

Bis 1399 war der Ort im Besitz der Herren von Bickenbach, danach kurpfälzisch, bis er 1803 mit dem Reichsdeputationshauptschluss der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt zugesprochen wurde.[1] Mit der gesamten Kurpfalz wurde Heubach in der Mitte des 16. Jahrhunderts protestantisch. Es litt im Dreißigjährigen Krieg unter Zerstörung, Seuchen und Tod. Am Ende des Krieges im Jahr 1648 hatte Heubach nur noch drei Einwohner.

1702 konnte die katholische Pfarrei Heubachs wieder errichtet werden, und bis 1759 erbauten die evangelisch-reformierte und die lutherische Gemeinde jeweils eine neue Kirche und Schule. 1806 entstand unter Druck von Napoléon Bonaparte das Großherzogtum Hessen, zu dem damit auch Heubach gehört und in dem es als das „ärmste Dorf des Großherzogs“ bekannt wurde.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Heubach:

»Heubach (L. Bez. Dieburg) luth., reform., und kath. Filialdorf; auch Pfalzheubach: liegt an dem Richenbach, 3 St. von Dieburg und 1 St. von Umstadt. Der Ort hat 154 Häuser und 916 Einw., unter diesen sind 237 Luth., 434 Reform. und 245 Kath.; 2 Kirchen, von welchen die kleinere, und 1755 vollendete, den Lutheranern, die andere, die Bartholomäuskirche, den beiden andern Confessionen gemeinschaftlich ist, sodann 2 Mahlmühlen und einen Bruch von vorzüglich guten rothen Sandsteinen, die behauen werden. – Ruprecht III. von der Pfalz hat diesen Ort 1399 Johann von Bickenbach kauflich an sich gebracht, und 1802 kam derselbe von Pfalz an Hessen.«[3]

Ab 1817 wurde in der Nähe Heubachs Sandstein abgebaut und einige Einwohner erzielten dadurch ein neues Einkommen. Trotzdem wanderten zu Anfang des 19. Jahrhunderts auch Heubacher nach Amerika aus. 1871 wurde die Eisenbahnlinie zwischen Wiebelsbach-Heubach, Reinheim und Darmstadt gebaut, und 1896 kam eine Linie zwischen Reinheim, Dieburg und Offenbach hinzu. Ab 1884 wurde an der neuen Schule am Wingertsberg unterrichtet, nicht mehr an den drei kleinen Konfessionsschulen, und 1912 wurde der Bau eines neuen Rathauses beendet. Nach zwei Weltkriegen mit vielen Toten und dem Zuzug etlicher Deutscher aus den Ostgebieten vereinigten sich 1969 die beiden protestantischen Kirchengemeinden, und im Jahr 1977 verlor Heubach mit der Eingemeindung nach Groß-Umstadt die bisherige Unabhängigkeit.

1955 war Heubach Schauplatz der dramatischen Entführung des geflohenen Stasi-Offiziers Sylvester Murau, der mithilfe seiner eigenen Tochter Brigitte Cullmann von Stasi-Agenten in eine Falle gelockt wurde und anschließend in Dresden mit dem Fallbeil hingerichtet wurde. Der Autor Jürgen Schreiber stellte bei den Recherchen für sein Buch „Die Stasi lebt“ fest, dass Brigitte Cullmann sich der tödlichen Folgen für ihren Vater voll bewusst war, der sich zu diesem Zeitpunkt in dem Gasthof „Goldene Krone“ versteckt hielt. 1979 heiratete sie – nun Brigitte Schubert (alias IM Honett) – den für die Planung der Aktion verantwortlichen Stasi-Major Albert Schubert. Die heute in Berlin-Hellersdorf lebende Schubert wurde im Gegensatz zu den beiden Mittätern nie verurteilt. Wegen des dörflichen Umfeldes fand dieser Fall jedoch nie die gleiche Beachtung wie der ähnliche Fall des in West-Berlin entführten und anschließend in Moskau hingerichteten Walter Linse.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden zum 1. Januar 1977 Groß-Umstadt und die Gemeinden Dorndiel, Heubach, Kleestadt, Klein-Umstadt, Richen und Semd durch das Landesgesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt zur neuen Stadt Groß-Umstadt zusammengeschlossen.[4][5] Für die Kernstadt Groß-Umstadt und die Stadtteile Dorndiel, Heubach, Kleestadt, Klein-Umstadt, Raibach, Richen, Semd und Wiebelsbach wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung errichtet. Die Grenzen der Ortsbezirke folgen den Gemeindegrenzen vom 30. Dezember 1971.[6]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Heubach angehört(e):[1][7][8]

Einwohnerstruktur 2011

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Heubach 1683 Einwohner. Darunter waren 141 (8,4 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 141 Einwohner unter 18 Jahren, 723 waren zwischen 18 und 49, 345 zwischen 50 und 64 und 318 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 705 Haushalten. Davon waren 210 Singlehaushalte, 210 Paare ohne Kinder und 210 Paare mit Kindern, sowie 63 Alleinerziehende und 15 Wohngemeinschaften. In 147 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 477 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]

Einwohnerentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
• 1633: 125 Einwohner[1]
• 1806: 676 Einwohner, 108 Häuser[9]
• 1829: 154 Einwohner, 154 Häuser[3]
• 1867: 1064 Einwohner, 183 Häuser[12]
Heubach: Einwohnerzahlen von 1806 bis 2019
Jahr  Einwohner
1806
  
676
1829
  
1.064
1834
  
1.018
1840
  
1.118
1846
  
1.116
1852
  
1.103
1858
  
1.001
1864
  
1.071
1871
  
1.133
1875
  
1.144
1885
  
1.100
1895
  
1.254
1905
  
1.217
1910
  
1.139
1925
  
1.146
1939
  
1.030
1946
  
1.300
1950
  
1.318
1956
  
1.297
1961
  
1.398
1967
  
1.506
1970
  
1.512
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2006
  
1.765
2011
  
1.683
2016
  
1.775
2019
  
1.733
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Groß-Umstadt[13]; Zensus 2011[11]

Historische Religionszugehörigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
• 1829: 237 lutherische (= 25,87 %), 434 reformierte (= 37,45 %) und 245 katholische (= 36,75 %) Einwohner[3]
• 1961: 917 lutheranische (= 65,59 %), 441 katholische (= 31,55 %) Einwohner[1]

Für Heubach besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Heubach) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[6] Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2021 gehören ihm fünf Mitglieder der SPD, ein Mitglied der CDU und ein Mitglied der BVG (Bürgervereinigung Groß-Umstadt e. V.) an. Ortsvorsteher ist Marvin Donig (SPD).[14]

Das Wappen verweist heraldisch rechts auf die lange Zugehörigkeit Heubachs zur Pfalz (Löwe und Rauten), links ist der Dorfbrunnen abgebildet. Eine offizielle Flagge wurde nie genehmigt. Es gibt jedoch eine nichtamtliche Flagge, die auf blau-weiß-blauem Flaggentuch das Gemeindewappen zeigt.

Regelmäßige Veranstaltungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nur 1,5 km von der B 45 entfernt, stellt die Straße nach Heubach den einzigen Zufahrtsweg in das kleine Tal dar, der Ort liegt aber somit ohne jeden Durchgangsverkehr sehr ruhig. Die Kernstadt von Groß-Umstadt im Norden ist weniger als vier Kilometer entfernt, und die Nachbargemeinde Höchst im Odenwald (jenseits der Kreisgrenze zum Odenwaldkreis) im Süden zehn Kilometer. Für den Weg nach Darmstadt braucht man mit dem Auto knapp 30 Minuten, bis nach Frankfurt am Main sind es etwa 50 Minuten. Der Bahnhof Groß-Umstadt Wiebelsbach (ehemals Wiebelsbach-Heubach) ist ein wichtiger Knotenpunkt zwischen Eberbach am Neckar und Erbach (Odenwald) im Süden sowie Darmstadt und Frankfurt im Nordwesten sowie in Richtung Babenhausen und Hanau im Norden. Das Tal ist durch den Silberwald vor dem Lärm der B45 geschützt.

Commons: Heubach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Rheinbundakte.
  4. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Umstadt) und Verwaltung.
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Heubach, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Stadtteile. Stadt Groß-Umstadt, archiviert vom Original am 28. Januar 2024; abgerufen am 1. Februar 2024.
  3. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 109 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 231.
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318, § 14 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  6. a b Hauptsatzung. (PDF; 97 kB) §; 5. In: Webauftritt. Stadt Groß-Umstadt, abgerufen im Juni 2022.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. a b Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
  10. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 14 und 68, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  12. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 40 (Digisat bei google books).
  13. Stadtteile. In: Webauftritt. Stadt Groß-Umstadt, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2021.
  14. Ortsbeirat Heubach. In: Webauftritt. Stadt Groß-Umstadt, abgerufen im Oktober 2019.
  15. Darmstädter Echo, Samstag, 2. September 2017, S. 18.
  16. Darmstädter Echo, Montag, 30. November 2015, S. 17