Hilarion Alfejew

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Hilarion Alfejew, 2011

Hilarion Alfejew (alternative Schreibweise Hilarion Alfeyev, geboren als Grigori Walerjewitsch Alfejew, russisch Григорий Валерьевич Алфеев; * 24. Juli 1966 in Moskau) war von 2003 bis 2009 russisch-orthodoxer Bischof von Wien und Österreich und anschließend bis Anfang Juni 2022 Metropolit von Wolokolamsk und Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats.[1] Während des Russisch-Ukrainischen Krieges wurde Alfejew von der Leitung des Außenamts entbunden und mit der Leitung der Diözese Budapest und Ungarn beauftragt. Auch von diesem Amt wurde er im Juli 2024 suspendiert.

Hilarion Alfejew studierte Violine, Klavier und Komposition am Moskauer Staatskonservatorium. Mit drei Jahren spielte er Klavier, mit sechs Jahren Violine und mit zwölf Jahren begann er, sakrale Musik zu komponieren.[2] Von 1984 bis 1986 leistete er Militärdienst. Er trat 1987 ins Kloster des Heiligen Geistes in Vilnius ein, wo er am 19. August zum Priester geweiht wurde. 1989 graduierte er vom Theologischen Seminar in Moskau, 1991 von der Theologischen Akademie in Moskau. Bis 1993 lehrte er Homiletik, Dogmatische Theologie, Neutestamentliche Studien und Byzantinisches Griechisch an den Theologischen Schulen in Moskau. 1995 wurde er an der Universität Oxford bei Bischof Kallistos Ware in Philosophie promoviert. 1999 wurde er am Institut de Théologie Orthodoxe Saint-Serge in Paris auch in Theologie promoviert.

Von 1995 bis 2001 war er Sekretär in der Abteilung für externe Kirchenbeziehungen des Moskauer Patriarchats. Am 14. Januar 2002 wurde er in der Christ-Erlöser-Kathedrale von Alexius II., dem Patriarchen von Russland, zum Bischof geweiht. Er war zuerst assistierender Bischof der Diözese von Sorouzh in Großbritannien und ab Juli 2002 der Vorsteher der Repräsentation der Russisch-Orthodoxen Kirche bei den Europäischen Institutionen in Brüssel. Zusätzlich zu dieser Position wurde er am 7. Mai 2003 auch zum Bischof von Wien und Österreich ernannt.

Er habilitierte sich 2005 an der Universität Freiburg (Schweiz) mit einer französischsprachigen Untersuchung zu den Debatten über das Imjaslavie, die Namen-Gottes-Verehrung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Berg Athos ausgingen. Diese Studie, von Nicolas Lossky vom Institut de Théologie Orthodoxe Saint-Serge extern begutachtet, wurde 2007 in den Ökumenischen Beiheften des Freiburger Instituts für Ökumenische Studien veröffentlicht.[3]

Am 19. Februar 2005 erhielt er die Venia legendi, begann im Sommersemester 2005 an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg (Schweiz) seine Lehrtätigkeit als Privatdozent für Dogmatik und wurde im Februar 2011 im selben Fach Titularprofessor.[4]

Am 31. März 2009 wurde er zum Bischof von Wolokolamsk und zum Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats ernannt (eine Position, die der gegenwärtige Patriarch Kyrill I. vor seiner Wahl innehatte). Als solcher war er ex officio Mitglied des Heiligen Synods. Am 1. Februar 2010 wurde er in den Rang eines Metropoliten erhoben.[5] Am 5. Oktober 2011 wurde er zum Leiter der biblisch-theologischen Kommission des Moskauer Patriarchats ernannt, der er schon seit 1996 angehört.[6] Er engagierte sich stark für die von Präsident Wladimir Putin ins Leben gerufene nationalistische Stiftung Russki Mir.[7]

Im Mai 2018 war er für die Falschmeldung, Papst Franziskus würde eine gemeinsame Erklärung („goszadanie“) mit dem Moskauer Patriarchen für Frieden und De-Eskalation in Syrien unterstützen, verantwortlich.[8]

Nachdem russische Streitkräfte am 24. Februar 2022 auf Befehl Putins den Überfall auf die Ukraine begonnen hatten, forderte der Dekan der theologischen Fakultät der Universität Freiburg, Mariano Delgado, Hilarion Anfang März in einer öffentlichen Erklärung und in einem Brief auf, seinen kirchlichen und politischen Einfluss geltend zu machen, um „die völkerrechtswidrige militärische Invasion Russlands in der Ukraine öffentlich und unmissverständlich zu verurteilen“. Er solle Putin auch auffordern, die russischen Truppen unverzüglich zurückzuziehen. Hilarion antwortete brieflich.[9] Im März 2022 suspendierte die Universität Fribourg seine Titularprofessur, da Hilarion Russlands Krieg in der Ukraine nicht verurteilen wollte.[10] Delgado gab die Suspendierung bekannt und kritisierte Hilarion massiv.[11][12]

Im Juni 2022 wurde Alfejew von Patriarch Kyrill beziehungsweise formal durch die Synode der Kirche – und zwar ohne die Standardformel „mit Dank für die geleistete Arbeit“ – von der Leitung des Außenamts entbunden und zum Metropoliten der unbedeutenden Diözese Budapest-Ungarn ernannt, was eine „unehrenhafte Degradierung“ darstellt.[13] Damit verlor er auch seine Mitgliedschaft in der Synode der Kirche und seinen Posten als Rektor einer Kirchenakademie.[13] Bis dahin hatte er als ein möglicher Nachfolger des 75 Jahre alten Patriarchen gegolten. Neuer Leiter des Außenamts und ständiges Synodenmitglied ist der 37 Jahre alte Metropolit von Korsun und Westeuropa, Antonij (Sewrjuk).[14]

In seiner ersten Predigt nach der Verbannung nach Budapest übte er sachte Kritik und sagte, dass „das russische Land an Gewalt stirbt“, was die oppositionelle Nowaja gaseta mit der Kritik von Philipp II., dem Metropoliten von Moskau, an Iwan dem Schrecklichen verglich.[15] Metropolit Hilarion wachte am Sterbebett seines Doktorvaters Kallistos Ware († 24. August 2022) und feierte dort die Göttliche Liturgie.[16][17]

Über die „Verbannung nach Budapest“ herrschte lange Zeit das Narrativ, dass Hilarion zu wenig Enthusiasmus für Russlands Ukraine-Krieg geäußert habe. Im Juli 2024 wurde jedoch bekannt, dass Hilarion der sexuelle Missbrauch seines Assistenten, eines jungen Subdiakons, zur Last gelegt wird. Ferner wurde sein Leben in Luxus bekannt. Danach wurde Hilarion von seinem Bischofsamt suspendiert.[18]

Ökumenischer Standpunkt

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Er plädiert für bilaterale und strategische Allianzen zwischen den einzelnen christlichen Gruppierungen und Kirchen. Dabei denkt er hauptsächlich an die römisch-katholische Kirche. Zum Protestantismus äußert er sich sehr kritisch. Viele Protestanten hätten eine „Light-Version des Christentums“ entwickelt, die „ohne apostolische Sukzession, ohne Sakramente, ohne dogmatische Lehren und auch ohne Bindung an christliche Moralnormen auskommt“.[19] In seiner Rede auf der Familiensynode im Oktober 2015 im Vatikan sprach er einigen protestantischen „kirchlichen Gemeinschaften“ wegen ihres Umgangs mit Homosexuellen ab, überhaupt noch christlich zu sein.[20]

Er gilt auch als Verfechter einer harten Linie gegenüber der autonomen ukrainischen Kirche und als Gegner einer Eigenständigkeit derselben. Seit Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel der ukrainisch orthodoxen Kirche die Autokephalie gewährt hat, bezichtigt Hilarion den Patriarchen der Kirchenspaltung und eines unorthodoxen „Papismus“. Er meint damit, dass sich der Patriarch eine dem Papst ähnliche Vorrangstellung innerhalb der Weltorthodoxie anmaße.[21][22]

Als im Juli 2020 die türkische Regierung Atatürks Verordnung, die die Hagia Sophia in ein Museum umwandelte, aufhob, bedauerte Metropolit Hilarion, dass die politische „Konjunktur“ die Oberhand über die Rücksicht auf andere religiöse Traditionen gewonnen habe. Das geistige und kulturelle Erbe der ganzen Welt dürfe nicht, so der Metropolit, zu einer Geisel der gegenwärtigen politischen Lage werden. Der 1934 gewährte Museumsstatus erlaubte den Besuch sowohl von Muslimen als auch von Christen und Angehörigen anderer Religionen. Die Hagia Sophia ist den Worten des Metropoliten zufolge für die orthodoxen Christen mit dem Petersdom für die Katholiken vergleichbar und ihre Umwandlung in eine Moschee eine Ohrfeige, die die türkische Führung der orthodoxen Kirche und dem gesamten Weltchristentum verabreicht habe.[23]

Kompositorische Tätigkeit

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Als Schüler einer musikalisch ausgerichteten Schule lernte Alfejev in seiner Jugend Geigenspiel und Komposition. Ab den 2000er Jahren trat er als Komponist mehrerer groß angelegter geistlicher Werke für Chor und Orchester hervor, darunter ein Weihnachtsoratorium, eine Göttliche Liturgie und eine Matthäuspassion, die in Anwesenheit prominenter orthodoxer und katholischer Kirchenvertreter unter anderem in Moskau und Rom aufgeführt wurde.[24] Stilistisch bewegt er sich in den Spuren der westlichen Frühromantik unter Einbeziehung von Elementen des russischen liturgischen Chorgesangs.[25]

Mitgliedschaften

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Veröffentlichungen

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Bischof Hilarion ist Autor von dreißig Büchern, die in Russisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Deutsch und Finnisch erschienen sind. 2003 publizierte er seine Einführung in die orthodoxe dogmatische Theologie unter dem Titel Geheimnis des Glaubens (Studia Oecumenica Friburgensia 43).

Das Weihnachtsoratorium von Bischof Hilarion wurde am 22. Dezember 2008 in Wien im Konzerthaus unter der Leitung von Wladimir Fedossejew mit Erzdiakon Viktor Schilowsky als Evangelist aufgeführt.[26]

Commons: Metropolit Hilarion von Wolokamsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bischof Hilarion Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats. ORF, 1. April 2009, abgerufen am 14. April 2009.
  2. Rainer Hermann: Schutzpatron der Christen im Nahen Osten. In: FAZ Nr. 193, 21. August 2014, S. 8.
  3. Hilarion Alfeyev: Le mystère sacré de l’Église. Introduction à l’histoire et à la problématique des débats athonites sur la vénération du nom de Dieu (= Neue Serie der Ökumenischen Beihefte. Band 47). Fribourg 2007, ISBN 978-2-8271-0975-3.
  4. Zenit: Schweiz: Metropolit Hilarion wird Professor in Fribourg. Radio Vatikan, 12. Februar 2011.
  5. Le patriarche Cyrille celebre le premier anniversaire de son intronisation. egliserusse.eu.
  6. Mospat.ru: Митрополит Волоколамский Иларион возглавил Синодальную библейско-богословскую комиссию. Abgerufen am 8. Oktober 2011.
  7. Er war die rechte Hand von Patriarch Kirill. sueddeutsche.de, 13. Juni 2022.
  8. Michael Weiss: Putin’s People Claimed Pope Francis Was With Them Supporting Assad. Nope. The Daily Beast, 21. Mai 2018.
  9. Barbara Hallensleben: Metropolit Hilarion: «Mit gebrochenem Herzen verfolge ich die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine». In: kath.ch. Katholisches Medienzentrum, abgerufen am 29. August 2022.
  10. Hans Brandt: Schweizer Universität verhängt Sanktionen gegen russischen Kirchenfürsten. Tages-Anzeiger, 14. März 2022.
  11. Simon Hehli: Die Uni Freiburg strafte russischen Kirchenfürsten ab – jetzt rumort es an der Fakultät. In: NZZ.ch, 17. März 2022.
  12. Öffentliche Erklärung des Dekans, Mariano Delgado. 8. März 2022.
  13. a b Barbara Hallensleben: Metropolit Hilarion im Exil. In: Herder Korrespondenz. 25. Juli 2022, abgerufen am 29. August 2022 (Englische und italienische Übersetzung).
  14. Friedrich Schmidt: Patriarch Kirill schickt russischen Kleriker auf Strafmission. faz.net, 8. Juni 2022.
  15. Über die Beendigung des Blutvergießens … In: Nowaja gaseta. Europa, 4. Juli 2022.
  16. Metropolitan Kallistos (Ware) died on 24 August – Metropolitan Hilarion kept vigil at his deathbed for two days, unifr.ch, 24. August 2022.
  17. Peter Anderson: Peter Anderson berichtet aus der orthodoxen Welt. In: Zentrum St. Nikolaus für das Studium der Ostkirchen. Universität Freiburg, Schweiz, abgerufen am 29. August 2022 (englisch, Den Beitrag zum 24. August 2022 Death of Metropolitan Kallistos (Ware) öffnen (Klick auf den nach unten gerichteten Pfeil rechts in der gleichen Zeile)).
  18. Reinhard Flogaus, Der coole Maserati im Luxuskloster, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. Juli 2024, S. 13
  19. Schluss mit einem ‚romantischen Ökumenismus‘. kath.net, 24. April 2008.
  20. http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/tag-17-geredet-ist-genug
  21. Metropolitan Hilarion: Constantinople’s papist claims are groundless. Abgerufen am 6. Januar 2021.
  22. Александр Солдатов: Игра в престолы (Spiel um die Altäre). Nowaja gaseta, 16. Mai 2018.
  23. Metropolit Hilarion hat die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee als eine Ohrfeige gegen das gesamte Christentum bezeichnet, Metropolit Hilarions Interview für TASS, 11. Juli 2020
  24. owep.de
    interfax-religion.com
  25. Eingangschor der Matthäuspassion auf YouTube
  26. Achtung Neufassung: Ökumenisches Großereignis in Wien unmittelbar vor
VorgängerAmtNachfolger
Paul (Ponomarjow)Bischof von Wien und Österreich
2003–2009
Mark (Golokow)
PitirimMetropolit von Wolokolamsk
seit 2009