Hof zum Gutenberg

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Hof zum Gutenberg, um 1835

Der Hof zum Gutenberg wurde im späten Mittelalter in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts als ein repräsentatives Wohngebäude in der Mainzer Altstadt und in direkter Nachbarschaft zu St. Christoph erbaut. Da der Hof zu Anfang des 14. Jahrhunderts in den Besitz der Mainzer Patrizierfamilie „zum Gensfleisch“ überging, war er höchstwahrscheinlich das Geburtshaus von Johannes Gutenberg, der dort aufwuchs.

Der Hof zum Gutenberg war später eine Burse der neugegründeten Universität zu Mainz. Von den Schweden 1631 zerstört, wurde 1661 an gleicher Stelle ein neuer Hof mit gleichem Namen wieder aufgebaut. Der neue Hof zum Gutenberg beherbergte im 19. Jahrhundert unter anderem auch die Mainzer Casino-Gesellschaft, der ihn luxuriös ausstatten ließ. 1894 brannte der Hof zum Gutenberg komplett nieder. Auf dem Grundstück des Hofes an der heutigen Schusterstraße/Ecke Christophsstraße stehen heute neuzeitliche Häuser und eine Gedenktafel weist auf den Hof zum Gutenberg hin.

Gedenktafel am Hof zum Gutenberg

Überliefert ist, dass der Hof zum Gutenberg zum so genannten „Judenerbe“ zählte.[1] Dieser Begriff bezeichnete das nach dem letzten schweren Pogrom am 28. August 1349 hinterlassene Eigentum der ehemaligen jüdischen Gemeinde, das nun der Stadtrat verwaltete. Dazu gehörten auch die Grundstücke des teilweise abgebrannten Judenviertels. Eines dieser Grundstücke wurde von Mainzer Bürgern erworben und dort der Hof zum Gutenberg erbaut. Wahrscheinlich handelte es sich hier um Mitglieder des Mainzer Patriziergeschlechts Zum Jungen. 1391 wird ein Hof zum Gudenberg erstmals erwähnt als, zumindest ein Teil des Hofes, in den Besitz der Familie Gensfleisch überging. Die Brüder Henne und Heinrich zum Jungen, weitläufige Verwandte der Gensfleisch, überschrieben um das Jahr 1400 ihren Besitz am Hof nach Verhandlungen und Gerichtsverfahren schließlich Friele Gensfleisch zur Laden, dessen Familienangehörige sich ab den 1420er Jahren nach dem nun vollständig in ihrem Besitz befindlichen Hof den Zunamen „zum Gutenberg“ hinzufügten. Sein Sohn, Henne zur Laden genannt Gutenberg, wurde dort sehr wahrscheinlich um 1400 geboren und verbrachte dort teilweise seine Kindheit. 1455 kehrte er nach einem verlorenen Rechtsstreit zurück in sein Vaterhaus und betrieb dort möglicherweise eine eigene Druckereiwerkstatt.[2]

Nach der Mainzer Stiftsfehde 1462 enteignete der neue Mainzer Erzbischof, Adolf II. von Nassau zahlreiche Mainzer Patrizierfamilien, die auf Seiten seines Widersachers, Diether von Isenburg, gestanden hatten. Auch die Familie Gensfleisch mitsamt des Familienzweiges der „Zur Laden genannt Gutenberg“ war betroffen. Der Hof zum Gutenberg ging später in den Besitz der 1477 gegründeten Mainzer Universität über und wurde der juristischen Fakultät zugewiesen. Der Mainzer Universitätsprofessor Ivo Wittig ließ 1504 im Hof zum Gutenberg einen Gedenkstein errichten, der die lateinische Inschrift trug: „Dem Mainzer Johannes Gutenberg, der als erster von allen die Buchdruckerkunst erfand und sich mit dieser Kunst um die ganze Welt verdient gemacht hat, setzte im Jahre 1504 Ivo Wittig diesen Stein als Denkmal“.

Ende 1631 besetzten die Schweden im Rahmen des Dreißigjährigen Kriegs Mainz. Der Hof zum Gutenberg wurde von ihnen beschlagnahmt und noch vor ihrem Abzug Anfang 1636 zerstört. Das Grundstück ging 1658 im Rahmen des Wiederaufbaus der teilweise zerstörten Stadt an den Kanzler des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn, Sebastian Wilhelm Mehl. Die juristische Fakultät, bis dahin noch Besitzerin des Grundstücks, konnte das zerstörte Gebäude mit eigenen Mitteln nicht mehr neu errichten und wurde mit 500 Gulden abgefunden. 1661 wurde ein Nachfolgebau in barocker Bauweise errichtet, der den alten Namen Hof zum Gutenberg übernahm. Das Gebäude wechselte in den nächsten 150 Jahren mehrfach den Besitzer und war um 1800 ein luxuriös eingerichtetes Kaffee- und Ballhaus.

1808 erwarb eine Gesellschaft vermögenden Mainzer Kaufleute unter der Führung von Christian Lauteren den Hof zum Gutenberg. Dies war zugleich auch der Beginn der Casino-Gesellschaft. Dies war ein elitärer Zusammenschluss von 50 Männern, die meistens aus dem vermögenden Bildungsbürgertum stammten und deren Wurzeln bereits 1786 in der Mainzer Gelehrten Lesegesellschaft zu finden sind. 1828 kam es zu einem Zusammenschluss der Lesegesellschaft mit der Casino-Gesellschaft. Letzter war eher für Bälle, Konzerte und andere Aktivitäten des biedermeierzeitlichen Kulturlebens zuständig. Trotzdem soll es nach zeitgenössischen Schilderungen noch 1844 ein Lese-Cabinet im „Casino im Hofe zum Gutenberg“ gegeben haben. Hier wurden noch um die 60 Zeitungen und Zeitschriften in deutscher, französischer und englischer Sprache vorgehalten und weiterhin belletristische Neuerscheinungen angeschafft. Für die nächsten fast 90 Jahren war der Hof zum Gutenberg das Zentrum der Aktivitäten der Casino-Gesellschaft und sowohl intellektueller wie auch festlicher Mittelpunkt der Mainzer Geld-Aristokratie.

1823 wuchs die Mitgliederzahl der Casino-Gesellschaft stark an und man kaufte einen Teil des benachbarten Kirchhofs von St. Christoph an. Auf dem neuerworbenen Grundstück wurde ein neuer Gebäudeflügel angebaut. Am 1. Oktober 1824 ging der Hof zum Gutenberg in den Besitz der Casino-Gesellschaft über. Am frühen Morgen des 6. Januars 1894 brach ein Feuer im Casinobereich des Hauses aus. Eingefrorene Hydranten und eine sehr schnelle Verbreitung des Feuers behinderten die Arbeit der Feuerwehr und der Hof zum Gutenberg brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die nachfolgende Bebauung wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute stehen an der Stelle Häuser aus den 1950er und 1960er Jahren. Eine Gedenktafel an einem der Gebäude erinnert an den Hof zum Gutenberg.

Der Hof zum Gutenberg war in der Altstadt von Mainz, in der Schusterstraße, gelegen. Er bildet den Ausgangspunkt einer kurzen Achse, die über die Kirche St. Christoph, der Taufkirche Gutenbergs, zum Sterbehaus Gutenbergs, dem Algesheimer Hof, verläuft.

  • Diether Degreif, Werner Winter: Das entschwundene Mainz.Winter Publishing Company, Mainz 2023, ISBN 978-3-9824043-6-3
  • Karl Anton Schaab: Die Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst durch Johann Gensfleisch genannt Gutenberg zu Mainz. Mainz 1830; zweiter Band, S. 90 ff.
  • Aloys Ruppel: Die Mainzer Gutenberg-Häuser und ihre Schicksale. In: Mainzer Wochenschau. 15. (1939), Nr. 25, S. 5–11.

Einzelnachweise

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  1. Heidrun Ochs: Gutenberg und sine frunde. Studien zu patrizischen Familien im spätmittelalterlichen Mainz. S. 410.
  2. Diether Degreif, Walter Winter: Das entschwundene Mainz. S. 199

Koordinaten: 50° 0′ 5,8″ N, 8° 16′ 17,4″ O