Humboldt-Deutzmotoren Versuchslokomotive

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Humboldt-Deutzmotoren Versuchslokomotive
Anzahl: 1
Hersteller: Humboldt-Deutzmotoren
Baujahr(e): 1933
Achsformel: 2’B2’
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 14.550 mm
Dienstmasse: 80 t
Höchstgeschwindigkeit: 110 km/h
Installierte Leistung: 735 kW (1000 PS)
Traktionsleistung: 440 kW (600 PS)
Anfahrzugkraft: 78 kN
Treibraddurchmesser: 1750 mm
Motorbauart: 3-Zylinder-Direktantrieb
Leistungsübertragung: Diesel-mechanisch

Die Humboldt-Deutzmotoren Versuchslokomotive war ein Prototyp einer Diesellokomotive mit Direktantrieb der Humboldt-Deutzmotoren AG. Die Pleuelstangen der drei Zylinder des Dieselmotors wirkten direkt auf die Treibradsätze.

Die Lokomotive, die mit Unterstützung der Deutschen Reichsbahn entstand, verließ nach dreijähriger Bauzeit im Mai 1933 die Werkshallen der Humboldt-Deutzmotoren AG. Versuchsfahrten beim Lokomotiv-Versuchsamt Grunewald bestätigten die Tauglichkeit der Lokomotive. Sie wurde bis zu ihrer Zerstörung bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg überwiegend im leichten Reisezugdienst um Köln eingesetzt. In Bezug auf die Leistung war sie mit der preußischen P8 vergleichbar.

Die Technik des Direktantriebs wurde Ende der 1930er Jahre jedoch nicht weiter verfolgt, da die Entwicklung schnelllaufender Dieselmotoren mit elektrischer oder hydraulischer Kraftübertragung einen derartig hohen technischen Stand erreicht hatte, dass das Interesse am direkten Antrieb verloren ging.[1] Man hatte sich erhofft, durch den direkten Antrieb einen höheren Wirkungsgrad gegenüber den anderen Kraftübertragungsarten zu erreichen.[2]

Der Antrieb der Lokomotive bestand aus drei doppelwirkenden Zylindern, die nach dem Zweitaktprinzip arbeiteten. Die beiden äußeren waren, ähnlich wie bei einer Dampflokomotive, waagrecht angeordnet und wirkten auf die zweite Treibachse. Der dritte Zylinder war zwischen den Treibrädern angeordnet und arbeitete auf die als Kropfachse ausgeführte erste Treibachse. Die Lokomotive hatte vorn und hinten je ein Laufdrehgestell. Das vordere war mit Innenrahmen ausgeführt, das hintere mit Außenrahmen.

Der Anfahrvorgang erfolgte mithilfe von Druckluft, die mit einem Druck von etwa 20 bar,[1] nach anderen Quellen 50 bar,[3] in die Zylinder eingeblasen wurde. Sobald sich die Räder zu bewegen begannen, wurden Niederdruck-Kraftstoffpumpen aktiviert, die mechanisch über ein Achsgetriebe des zweiten Treibradsatzes angetrieben wurden. Der Kraftstoff wurde durch Anfahrdüsen in den Zylindern vernebelt und dort durch elektrisch beheizte Glühspiralen, ähnlich Glühkerze, entzündet.

Mit steigender Geschwindigkeit wurde die Druckluftzufuhr gedrosselt, während die Hochdruck-Einspritzpumpen in Betrieb genommen und die Niederdruck-Kraftstoffpumpen ausgeschaltet wurden. Bei etwa 70 km/h lief der Dieselantrieb als Selbstzünder.

Im Vergleich zu anderen Lokomotiven mit Direktantrieb, wie beispielsweise der Diesel-Klose-Sulzer-Thermolokomotive, ermöglichte dieses Anfahrverfahren eine Einsparung von Druckluft. Dadurch konnte die Druckluftversorgungsanlage auf ein Sechstel der Größe einer Druckluftanlage für die reine Druckluftanfahrt reduziert werden.[2] Die benötigte Druckluft wurde von einem Kompressor erzeugt, der von einem Hilfsdiesel angetrieben wurde. Dieser ungefähr über der zweiten Treibachse angeordnete Motor diente auch der Stromerzeugung und dem Antrieb des Ventilators der hinteren Kühlanlage.

Die Kühlanlagen saßen an beiden Enden der Lokomotive. Der Ventilator der vorderen Kühlanlage wurde von einem Elektromotor angetrieben, während der hintere Ventilator direkt von einer Riemenscheibe auf der Kurbelwelle des Hilfsdieselmotors über einen Riemen angetrieben wurde. Das Führerhaus war leicht aus der Mitte versetzt gegen das vordere Ende, jedoch hinter der Auspuffanlage mit Schalldämpfer angeordnet. Zwischen dem Führerhaus und dem Hilfsdieselmotor war der Kraftstofftank eingebaut.[2]

Schematische Typenskizze der Versuchslokomotive

Einzelnachweise

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  1. a b Matthias Maier, Frank Heilmann, Rüdiger Block: Diesellokomotiven deutscher Eisenbahnen. 1: Technische Entwicklungen, die Baureihen (= Eisenbahn-Fahrzeug-Archiv. Nr. 2.1). Alba, Düsseldorf 1997, ISBN 978-3-87094-155-0, Deutz-Versuchslokomotive 2’B2’, S. 54–55.
  2. a b c W. P: Neue Diesellokomotiven. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 103, Nr. 19, 12. Mai 1934, S. 224–225, doi:10.5169/SEALS-83213 (e-periodica.ch [abgerufen am 29. Dezember 2024]).
  3. Siegfried Kademann: Bahn-Geschichten. 2. Auflage. Transpress, Berlin 1998, ISBN 978-3-344-71026-2.