Hundetragen
Das Hundetragen ist eine mittelalterliche Strafe, die ursprünglich bei den Franken und Schwaben und später im gesamten Reichsgebiet für Adlige üblich war, die aufgrund von Landfriedensbruch verurteilt worden waren.
Die Verurteilten mussten, bevor ein Todesurteil an ihnen vollstreckt wurde, oder als Ersatz für eine über sie verhängte Todesstrafe, welche (etwa aus politischen Gründen) nicht vollstreckt wurde, einen Hund aus einem Gau in den anderen tragen. Dadurch sollte symbolisch angedeutet werden, dass sie besser getan hätten, bei ihrem Geschäft zu bleiben, als unberufen Kriegswirren anzustiften.
So ließ König Otto I. 938 die Anhänger des aufrührerischen Herzogs Eberhard von Franken[1] und 1155 Kaiser Friedrich I. den rheinischen Pfalzgrafen Hermann von Stahleck und dessen Gefolgsleute Hunde tragen.
Eine ähnliche Strafe ereilte auch andere Gruppen der Bevölkerung: So ließ man Geistliche einen Kodex tragen, Bauern ein Pflugrad und Dienstleute einen Sattel.
In den gesammelten Werken des Justus Lipsius wird das Hundetragen erwähnt und als Herleitung für das Wort Canaille bezeichnet.[2]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Josef Theophil Demel: Über die schmähliche Strafe des Hundetragens. In: Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst. Bd. 1, 1829, S. 713–716 (Digitalisat).
- Bernd Schwenk: Das Hundetragen. Ein Rechtsbrauch im Mittelalter. In: Historisches Jahrbuch. Bd. 110, 1990, S. 289–308 (Onlinezugriff, nur für Abonnenten von DigiZeitschriften).
- Stefan Weinfurter: Tränen, Unterwerfung und Hundetragen. Rituale des Mittelalters im dynamischen Prozeß gesellschaftlicher Ordnung. In: Dietrich Harth, Gerrit Jasper Schenk (Hrsg.): Ritualdynamik. Kulturübergreifende Studien zu Theorie und Geschichte rituellen Handelns. Synchron, Heidelberg 2004, ISBN 3-935025-43-2, S. 117–137.
- Stefan Weinfurter: Ein räudiger Hund auf den Schultern. Das Ritual des Hundetragens im Mittelalter. In: Ders., Claus Ambos, Stephan Hotz, Gerald Schwedler (Hrsg.): Die Welt der Rituale. Von der Antike bis heute. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-18701-6, S. 213–219.