Ich will dich lieben, meine Stärke
Ich will dich lieben, meine Stärke ist ein geistliches Gedicht von Johann Scheffler (Angelus Silesius), das mit verschiedenen Melodien in den wichtigsten deutschsprachigen Kirchengesangbüchern enthalten ist. Scheffler veröffentlichte es zuerst 1657 in seinem Gedichtband Heilige Seelen-Lust.
Text
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Form
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schefflers Gedicht umfasst acht sechszeilige jambische Strophen in Barform mit dem Reimschema [ababcc]. Die Stollen bestehen aus zwei vierhebigen Zeilen mit weiblichem und männlichem Reim, der Abgesang aus einer vierhebigen und einer dreihebigen Zeile mit männlichem Reim. Die Verkürzung der Schlusszeile gibt ihr einen devisenartigen Nachdruck.
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gedicht ist Teil der Sammlung Heilige Seelen-Lust Oder geistliche Hirten-Lieder Der in ihren JESUM verliebten Psyche, einer religiösen Schäferdichtung, in der der Seele („ich“) die Rolle der Schäferin und Jesus die Rolle des Schäfers zukommt. Sie steht damit zugleich in der Tradition der christologischen Auslegung des Hohenlieds. Bei Ich will dich lieben ist dies durch die originale Überschrift „Sie [die Seele] verspricht sich jhn biß in Tod zu lieben“ expliziert.
Die ersten beiden Strophen sind die eigentliche Liebeserklärung. Nicht weniger als sieben der zwölf Zeilen beginnen mit den Worten „Ich will dich lieben“. Die geistliche Dimension kommt dabei erst durch die Anrede „Gottes Lamm“ am Ende der zweiten Strophe unmissverständlich zum Ausdruck; nur der Bibelkenner hört schon in der Anfangszeile Psalm 18,2 LUT. Auch die dritte und vierte Strophe mit dem Hohelied-Motiv des Trauerns und Suchens (Hld 5,6 LUT) könnten noch „diesseitig“ verstanden werden, wenn nicht das „höchste Gut“ im Gegensatz zum „geschaffnen Licht“ den göttlichen Adressaten erkennen ließe. Die hier mit augustinischen Wendungen (Confessiones 10, 27 und 34[1]) beschriebene „späte“ Umkehr von der zeitlichen zur ewigen „Schönheit“ darf auch als Reflex der 1653 erfolgten Konversion Schefflers zur katholischen Kirche verstanden werden. Die Strophen 5, 6 und 7 sind ein Dank für die beseligende „Himmelswonne“ und eine Bitte um Bewahrung auf dem Weg im „Himmelsglanz“; erotische Bilder kommen dabei noch einmal in Strophe 7 vor, die wohl darum in allen neueren Gesangbüchern fehlt. Die letzte Strophe wiederholt das Versprechen der ersten mit ähnlichen Wendungen und vertieft es um das Motiv der Lohnlosigkeit und Selbstgenügsamkeit der Gottesliebe.
Wortlaut
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Originalfassung (1657)[2] | Heute üblicher Text (EG 400,[3] GL 358) |
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Sie verspricht sich Jhn biß in Tod zu lieben. |
1. 7. |
Melodien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dem Lied ist im Erstdruck eine Generalbass des Breslauer Komponisten Georg Joseph beigegeben, deren Dreiertakt den bukolischen Charakter der Dichtung unterstreicht und die, besonders in der ersten Strophe, die sinntragenden Wörter expressiv hervorhebt. Anders als die meisten Melodien zu Barform-Strophen wiederholt sie die Anfangszeilen nicht. Die Verkürzung der Schlusszeile gleicht sie durch ein fünftöniges Melisma aus, das eher für den Sologesang geeignet ist und später in manchen Gesangbüchern durch Hinzufügung von zwei Textsilben erleichtert wurde.
mitSchon früh wurde der Text mit anderen Melodien gesungen. Im evangelischen Gemeindegesang setzte sich die 1738 in Johann Balthasar Königs Harmonischem Liederschatz veröffentlichte geradtaktige mit ihrem eröffnenden Dreiklangaufstieg bis zur Oberoktave durch.
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Trotz Schefflers dezidiertem und polemisch vertretenem Katholizismus wurde Ich will dich lieben zuerst und rasch in evangelische Liedersammlungen aufgenommen. Dort teilte es mit anderen Liedern das Schicksal mehr oder weniger gelungener Textänderungen um die Wende zum 19. Jahrhundert, bevor es nahezu original, mit der Melodie von 1738, in das Evangelische Kirchengesangbuch von 1950 und das Evangelische Gesangbuch von 1993 (Nr. 400) aufgenommen wurde.
Im katholischen Bereich, wo der Gemeindegesang in der öffentlichen Liturgie nur wenig Raum hatte, fand Ich will dich lieben erst im 19. Jahrhundert Eingang in einzelne Gesang- und Gebetbücher. Das Kirchenlied von 1938, wo es wieder mit Georg Josephs Melodie verbunden wurde, leitete dann seinen Durchbruch ein. Es ist im Gotteslob (1975) und im Gotteslob (2013) (Nr. 358) enthalten.
Peter Cornelius (1824–1874) komponierte eine sechsstimmige Motette über drei aus Schefflers Text frei zusammengestellte Strophen (op. 18,2).[10]
Übersetzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In das Dänische übersetzt, „Dig vil jeg elske, du min styrke…“ von Eiler Hagerup 1725, neu übersetzt von Egede Glahn 1863 und in dieser Fassung übernommen in das dänische Kirchengesangbuch, Den Danske Salmebog, Kopenhagen 1953, Nr. 589, und in Den Danske Salmebog, Kopenhagen 2002, Nr. 681.[11]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Kurzke: Ich will dich lieben, meine Stärke. In: Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. Hrsg., vorgestellt und erläutert von Hansjakob Becker u. a. München 2001, S. 291–298.
- Martin Rößler: 400 – Ich will dich lieben, meine Stärke. In: Wolfgang Herbst, Ilsabe Seibt (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 15. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-50339-3, S. 55–62.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Michael Fischer: Ich will dich lieben, meine Stärke (2007). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Text (deutsch)
- ↑ Textquelle
- ↑ Rechtschreibung nach GL
- ↑ GL 1975: „das starb am Kreuzesstamm“
- ↑ EKG: „erkennet“
- ↑ EKG: „und dich nicht eher mein genennet“
- ↑ GL 1975: „auf“
- ↑ EKG und EG: Ausrufezeichen
- ↑ EKG und GL 1975: „sonder“
- ↑ Text ( vom 15. Juli 2014 im Internet Archive)
- ↑ Vgl. Ich will dich lieben, meine Stärke. In: Otto Holzapfel: Liedverzeichnis. Lieddatei – Lieder A-K, Update März 2023 (PDF, 46,3 MB), S. 1135–1136