Industrieller Konflikt
Industrieller Konflikt ist ein in gewerblichen und dienstleistenden Wirtschaftsorganisationen auftretender Konflikt. Als Anglizismus bedeutet "industriell" hier betriebsbezogen bzw. arbeitsrechtlich (Konflikt in Bezug auf Arbeitsleistung und Entlohnung). Er manifestiert sich in Streiks, Sabotage, industrieller Aggression, Boykott, Leistungsrestriktion, Bummelei, innerer Kündigung. Weitere Formen sind die Geiselnahme von Managern, die vornehmlich von französischen Arbeitnehmern praktiziert wird, und Flashmob (Blitzmeute)-Aktionen, die gezielt zur Besetzung und Blockade von Geschäften bei Arbeitsstreitigkeiten eingesetzt werden.[1][2]
Ursachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ursachen industrieller Konflikte sind zum einen die unterschiedlichen Interessenlagen der im arbeitsteiligen Produktionsprozess zusammenwirkenden Personen und Gruppen, insbesondere die Interessengegensätze zwischen disponierenden Funktionsgruppen (Management) und Ausführenden (operative Arbeitskräfte). Konfliktpotential erzeugt zum anderen die funktionale Einordnung von Arbeitskräften in Organisationsabläufe, die nach Effizienz- und Rentabilitätsgesichtspunkten vom Management gestaltet werden, ohne die Bedürfnisse nach humanen Arbeitsbedingungen hinreichend zu berücksichtigen.
Max Weber hat in seiner Untersuchung Zur Psychophysik der industriellen Arbeit (1908/09) auf das „Bremsen“ als einer bewussten Einschränkung der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern, vornehmlich bei der Festsetzung von Akkordsätzen, hingewiesen und es als "Surrogat" für den Streik bezeichnet.[3]
Nach Ralf Dahrendorf können auch betriebliche Fluktuationen, Anstieg des Krankenstandes und der Unfallhäufigkeit als Indikatoren der Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation gelten und als "umgeleitete" industrielle Konflikte unterdrückte soziale Spannungen im Betrieb sichtbar machen.[4]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ralf Dahrendorf: Industrie- und Betriebssoziologie, Sammlung Göschen, Band 103, Berlin ²1962; dort Kapitel V: Betriebliche und industrielle Konflikte.
- Pierre Dubois: Sabotage in Industry, Penguin, Harmondsworth/UK 1979.
- Paul K. Edwards / Hugh Scullion: The Social Organization of Industrial Conflict: Control and Resistance in the Workplace, Blackwell, Oxford/UK 1984.
- Rainer-W. Hoffmann: Arbeitskampf im Arbeitsalltag. Formen, Perspektiven und gewerkschaftliche Probleme des verdeckten industriellen Konflikts, Campus, Frankfurt am Main 1981.
- Geoffrey K. Ingham: Strikes and Industrial Conflict. Britain and Scandinavia, Macmillan, London 1974.
- Arthur W. Kornhauser / Robert Dubin / Arthur M. Ross (Hrsg.): Industrial Conflict, McGraw-Hill, New York 1954.
- Hans Matthöfer: Streiks und streikähnliche Formen des Kampfes der Arbeitnehmer im Kapitalismus, in: Dieter Schneider (Hrsg.): Zur Theorie und Praxis des Streiks, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971, S. 155–209.
Belege
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ youtube-Video
- ↑ Aus: Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften, Streikaktionen Einzelhandel Stuttgart: Menschenkette und Flash Mob
- ↑ Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Schriften und Reden 1908–1912. Studienausgabe der Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/11. Mohr (Siebeck), Tübingen 1998, S. 104–106.
- ↑ Ralf Dahrendorf: Industrie- und Betriebssoziologie, Sammlung Göschen, Berlin 1962, S. 95