Isotopie (Geometrie)
Isotopie[1] ist in der synthetischen Geometrie eine Abschwächung der Isomorphie (von Körpern und Schiefkörpern) für Ternärkörper (und speziellere verallgemeinerte Körper wie Quasikörper und Halbkörper). Durch den Begriff Isotopie wird der Tatsache Rechnung getragen, dass für nichtdesarguessche projektive Ebenen die algebraische Struktur des Koordinatenbereiches der Ebene durch ihre geometrische Struktur im Allgemeinen nicht „bis auf Isomorphie“ eindeutig bestimmt ist. Es konnte aber gezeigt werden[1], dass die Koordinatenternärkörper zweier projektiver Ebenen, die geometrisch isomorph sind, stets algebraisch isotop sind und dass umgekehrt projektive Ebenen, die durch isotope Ternärkörper koordinatisiert werden können, stets geometrisch isomorph sind. Erst mit den von Hans-Joachim Arnold entwickelten projektiven Relativen aus der Geometrischen Relationenalgebra kehren die Übergangsverfahren der Algebraisierung und Geometrisierung synonym, d. h. bis auf Isomorphie, in seinem projektiven Klassifikationssatz einander um.[2] In Analogie zu den entsprechenden von Isomorphie abgeleiteten Begriffen spricht man von isotopen verallgemeinerten Körpern, wenn ein Tripel von umkehrbaren Abbildungen mit bestimmten strukturerhaltenden Eigenschaften zwischen diesen Körpern existiert, und nennt das Abbildungstripel dann einen Isotopismus.
→ Isotopismen von Ternärkörpern sind ein Spezialfall der Isotopismen von Quasigruppen. Siehe dazu Quasigruppe#Morphismen.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es seien Ternärkörper. Ein Tripel von 3 bijektiven Abbildungen heißt ein Isotopismus von K auf L, falls
- und
- für alle [3]
gilt. Wenn ein Isotopismus von K auf L existiert, bezeichnet man die beiden Ternärkörper als isotop zueinander und nennt sie auch gleich bis auf Isotopie.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Da die geforderten Abbildungen bijektiv sein müssen, sind zwei zueinander isotope Ternärkörper stets gleich mächtig, ist einer der isotopen Ternärkörper endlich, so ist es auch der andere, und ihre Ordnung (Anzahl ihrer Elemente) ist gleich.
- Zwei isomorphe Ternärkörper sind stets isotop: Ist ein Isomorphismus, dann ist ein Isotopismus.
- Für einen Isotopismus gilt stets , wobei die „Links-“ und die „Rechtsmultiplikation“ in mit den jeweiligen Bildern des Einselementes ist.[3][4]
- Es sei ein Ternärkörper, . Es sei die Linksmultiplikation mit und die Rechtsmultiplikation mit , . Auf wird durch eine neue Ternärverknüpfung definiert. Dann ist auch ein Ternärkörper mit dem Einselement und ist ein Isotopismus.[5]
- Ist ein Ternärkörper, dann ist jeder zu isotope Ternärkörper isomorph zu einem Ternärkörper, der aus durch einen der so definierten Isotopismen hervorgeht.[5]
- Für einen endlichen Ternärkörper der Ordnung existieren bis auf Isomorphie höchstens isotope Ternärkörper.[6]
- Die genannte Schranke lässt sich nicht allgemein verbessern: Tatsächlich existiert ein Ternärkörper mit 32 Elementen, der zu ihm isotope aber zueinander paarweise nicht isomorphe Ternärkörper besitzt.
Isotopie ist schwächer als Isomorphie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwei zueinander isomorphe algebraische Strukturen erfüllen gleich starke algebraische Axiome. Das gilt für Ternärkörper im Allgemeinen nicht mehr, wenn sie nur isotop zueinander sind. Führt man, wie im Artikel Ternärkörper beschrieben, eine Addition und eine Multiplikation ein, mit der sich die Ternärverknüpfung in linearen Ternärkörpern als darstellen lässt, dann erfüllen einige Ternärkörper stärkere Axiome für verallgemeinerte Körper. Es gilt:
- Ein Körper oder Schiefkörper ist genau dann isotop zu einem Ternärkörper, wenn er zu diesem isomorph ist. Insbesondere ist das isotope Bild eines Körpers wieder ein Körper und das eines Schiefkörpers ein Schiefkörper.
- Ist ein Halbkörper isotop zu einem Ternärkörper , dann ist auch ein Halbkörper. Zu jeder projektiven Ebene, die keine Moufangebene ist, existieren nicht zueinander isomorphe Koordinatenbereiche. Daher existiert zu jedem echten Halbkörper ein isotoper, aber nicht isomorpher Halbkörper.
- Ist ein Quasikörper isotop zu einem Ternärkörper , dann braucht im Allgemeinen kein Quasikörper zu sein. Zu jedem endlichen Quasikörper, der kein Halbkörper ist, existiert ein isotoper Ternärkörper, der kein Quasikörper ist.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Donald Ervin Knuth: Finite Semifields and Projective Planes. In: Marshall Hall (Hrsg.): Selected Papers on Discrete Mathematics. Dissertation. California Institute of Technology, Stanford (Kalifornien) 1. Januar 1963, doi:10.7907/T3Q6-JC64 (Online [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 22. Oktober 2021]).
- Wendelin Degen und Lothar Profke: Grundlagen der affinen und euklidischen Geometrie. In: Mathematik für das Lehramt an Gymnasien. 1. Auflage. Teubner, Stuttgart 1976, ISBN 3-519-02751-8.
- Marshall Hall: Projective planes. In: Transactions of the American Mathematical Society. Band 54. American Mathematical Society, 1943, S. 229–277, JSTOR:1990331.
Einzelnachweise und Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Knuth (1963)
- ↑ Arnold, H.-J.: Der projektive Abschluß affiner Geometrien mit Hilfe relationentheoretischer Methoden. In: Abhandlungen aus dem Mathematischen Seminar der Universität Hamburg. 40, Universität Berlin, Hamburg 1974, S. 197–214. doi:10.1007/BF02993598.
- ↑ a b In der Literatur sind zwei unterschiedliche „Seitigkeiten“ für die Ternärverknüpfung gebräuchlich. In der deutschsprachigen Literatur scheint die „Linksversion“ zu überwiegen. In der englischsprachigen Literatur und auch bei Marshall und Knuth wird die „Rechtsversion“ bevorzugt, bei der in den Axiomen die Rolle der ersten und zweiten Stelle in der Ternärverknüpfung genau vertauscht sind. Die Sonderrolle der „Hauptabbildung“ H und die Definition einer Isotopie ist davon unberührt, ebenso die Darstellung von H durch die anderen beiden Abbildungen und durch Multiplikationen. Näheres zu formalen Konventionen siehe in den Artikeln Ternärkörper und Quasikörper (Axiome dort nach Degen, 1976).
- ↑ Knuth (1963) Theorem 3.2.1
- ↑ a b Knuth Theorem 3.2.3
- ↑ Dabei wird selbst mitgezählt. Die Zählung beruht auf den Möglichkeiten, die Elemente und aus zu wählen, Knuth (1963), Theorem 3.2.3