Ist das der Leib, Herr Jesu Christ
Ist das der Leib, Herr Jesu Christ ist ein katholisches geistliches Lied zu Ostern und zur Osterzeit. Es erschien erstmals 1623 im Kölner Gesangbuch Auserlesene Catholische Geistliche Kirchengesäng. Als Verfasser des Textes gilt Friedrich Spee. Der Komponist der Melodie ist unbekannt. Während das Lied nur in Diözesanteilen zum Gotteslob (1975) enthalten war, wurde in den Stammteil des Gotteslob (2013) eine überarbeitete Version aufgenommen (Nr. 331).
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Lied ist eine imaginierte Schau des Leibes des auferstandenen Jesus Christus, beginnend mit einer staunenden Frage, die gleichsam dem eigenen Sinneseindruck nicht traut. Im Folgenden sind die roten „Adern“ (Strophe 2; in der Neufassung „Wunden“) das einzige erwähnte Detail eines irdischen Körpers. Im Übrigen werden dem Auferstehungsleib als Ganzem Eigenschaften beigelegt, die alle raumzeitlichen Begrenzungen sprengen.
Biblischer Hintergrund sind die Überlegungen des Apostels Paulus über Identität und unendliche Verschiedenheit zwischen Erden- und Auferstehungsleib (1 Kor 15,35–50 EU). Daraus entwickelte Thomas von Aquin (Summa theologica, Supplementum, Quaestiones 82–85) die vier Attribute impassibilitas, subtilitas, agilitas und claritas, die im Lied jeweils in einer Strophe entfaltet werden.[1] Die claritas, der schattenlose Glanz, rückt an die erste Stelle (Strophe 2) und bleibt als Sonnengleichnis in allen Strophen beherrschend. „Unleidenheit“, deutsche Nachbildung des lateinischen impassibilitas, ist Thema der dritten Strophe, subtilitas als unendliche Feinheit und Fähigkeit zum Durchdringen anderer Stoffe Thema der vierten, agilitas als Nichtgebundensein durch Trägheit und Schwere Thema der fünften; dabei vollziehen „Sonne“ und „Welt“ in der modernen Revision die kopernikanische Wende, die zu Spees Zeit noch lehramtlich bekämpft wurde.
Nachdem das Lied mit der dringenden Aufforderung zum Kommen und Schauen begonnen hatte, schließt es mit einer entschiedenen Warnung eben davor, die an die alttestamentliche Scheu vor dem Gottesglanz erinnert – eine paradoxe Spannung, die der Dichter offenbar im Erscheinen und Sich-Entziehen des Auferstandenen selbst begründet sieht, vgl. die Verklärungsszene Mt 17,1–9 EU.
Eine im Text nicht enthaltene Bedeutungsdimension bekommt das Lied, wenn es, wie häufig, zur Wandlung in der heiligen Messe oder zur Eucharistieverehrung gesungen wird. Die visuell beschriebenen Eigenschaften des Auferstehungsleibes geraten dabei allerdings in Konflikt mit den visuellen Akzidenzien der Hostie.
Text
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Würzburg 1630 |
Gotteslob 2013 |
1. Ist das der Leib HErr Jesu Christ / |
1. Ist das der Leib, Herr Jesu Christ, |
2. Der Leib ist klar / klar wie Christall / |
2. Der Leib ist klar, klar wie Kristall, |
3. Der Leib hat die Vnleidenheit / |
3. Der Leib empfindet nimmer Leid, |
4. O wie subtil: O Leib wie zart / |
4. O Leib, wie zart, o Leib, wie fein, |
5. Schnell ist der Leib vnd ist geschwind / |
5. Schnell ist der Leib, schnell und geschwind, |
6. Nun deck / nun deck die Augen zu / |
6. Bedeck, o Mensch, dein Augenlicht! |
Melodie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Melodie wurde nach Ausweis des Erstdrucks für Spees Text geschaffen.[2] Sie entspricht dem Duktus der ersten Textstrophe mit der staunenden rhetorischen Frage und der drängend wiederholten Aufforderung. Der tänzerische Dreiertakt gibt ihr österlich-freudigen Charakter. Sie wurde bald, leicht verändert, von protestantischen Kirchenlieddichtern für eigene Texte übernommen: „O Jesulein süß, o Jesulein mild“ (1650, vgl. BWV 493), „O Heiliger Geist, o heiliger Gott“ (1651),[3] „O heiliger Gott, allmächtiger Held“ (1651), „O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit“ (1714) u. a.[2] Ende des 18. Jahrhunderts entstand die katholische Neutextierung „Gewaltiger Herrscher im seligen Reich“.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alex Stock: Ist das der Leib, Herr Jesu Christ. In: Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. Hrsg., vorgestellt und erläutert von Hansjakob Becker u. a. München 2001, S. 200–206
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Stock S. 201
- ↑ a b Andreas Marti: „O Heiliger Geist, o heiliger Gott“
- ↑ Evangelisches Gesangbuch 131
- ↑ Gotteslob Hamburg-Hildesheim-Osnabrück 775