Jørgen Jürgensen

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Jørgen Jürgensen, porträtiert von Christoffer Wilhelm Eckersberg

Jørgen Jürgensen, oft Jørgensen oder auch Jorgensen, (* 29. März 1780 in Kopenhagen, Dänemark; † 20. Januar 1841 in Hobart, Van-Diemens-Land heute Tasmanien, Australien) war ein dänischer Abenteurer, bekannt als Hundstagekönig (Hundedagekongen) nach seiner Selbsternennung zum Protektor von Island im Hochsommer 1809.

Jørgen Jürgensen war der Sohn des Hofuhrmachers Jürgen Jürgensen aus Kopenhagen und ein jüngerer Bruder des Uhrmachers Urban Jürgensen. Während seiner Schulzeit soll er nur Streiche und Schelmereien im Kopf gehabt haben. Dennoch erhielt er sehr gute Zeugnisse und lernte zum Schluss gemeinsam mit zwei Jahre älteren Schülern. Als Jürgensen 15 Jahre alt war, erlaubte ihm sein Vater seinen Traum: Er fuhr in britischen Diensten zur See, lernte schnell das Segeln und dann alle Weltmeere kennen. So gelangte er zum Beispiel nach Port Jackson, dem heutigen Sydney Harbour, nach Neuseeland, sowie nach Van-Diemens-Land, dem heutigen Tasmanien.

1806 kehrte Jürgensen nach Dänemark zurück, wo er 1807 nach der britischen Bombardierung Kopenhagens unter dem geänderten Namen Jørgen Jørgensen das Kommando über ein Schiff erhielt, mit dem er auf Kaperfahrt in der Ostsee gehen sollte. Tatsächlich segelte er jedoch direkt einem weit größeren englischen Schiff entgegen und musste sich nach einem kurzen, heftigen Kampf ergeben. Als „Kriegsgefangener auf Ehrenwort“ wurde er in London festgesetzt, wo er Bekanntschaft mit dem Kaufmann Phelps machte, der in jenen Kriegstagen Interesse am Islandhandel hatte. Damals herrschte das Königlich Dänische Handelsmonopol über Island. Die dänische Flotte war aber geschlagen und konnte diesen Handel nicht aufrechterhalten.

„König von Island“

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Jørgensen segelte 1809 zweimal auf britischen Schiffen nach Island. Das erste Mal als Dolmetscher auf einem Handelsschiff und das zweite Mal auf einer Fregatte, die Phelps ausgerüstet hatte und die mit einem Kaperbrief versehen war. Der dänische Gouverneur von Island, Graf Trampe verbot bereits am 13. Juni den Handel mit Großbritannien. Einen Tag nach dem Eintreffen der Fregatte in Reykjavík am 25. Juni wurde Graf Trampe von der Besatzung des Schiffes festgenommen.

Mit Phelps’ Unterstützung proklamierte Jørgen Jørgensen am selben Tag, d. h. am 26. Juni 1809, die Unabhängigkeit Islands vom Königreich Dänemark, die Volksherrschaft und sich selbst zum „Protector“. Alle dänischen Beamten und Handelsvertreter wurden unter Hausarrest gestellt. Die Lager des Monopolhandels wurden ebenso konfisziert wie die Staatskasse.

Jørgen Jørgensen ließ sich im Gouverneurssitz nieder, vermied jedoch jede Form der persönlichen Bereicherung. Er ließ eine Festung bauen, gab Island eine eigene Flagge und umgab sich mit einer sechsköpfigen Leibwache aus Einheimischen, zu deren Chef er den damals fünfundzwanzigjährigen Jón Guðmundsson Effersøe (Großvater von Rasmus C. Effersøe) bestimmte. Diese Leibwache unternahm verschiedene Expeditionen und nahm beispielsweise den obersten Richter des Landes, Ísleif Einarsson, fest. Jørgensen erklärte sich am 12. Juli sogar zum provisorischen Alleinherrscher Islands und kündigte die Wiedereinberufung des kurz zuvor von der dänischen Krone abgeschafften Althing (Nationalversammlung) an.

Er widersprach damit der absolutistischen Gesinnung des dänischen Königs. Die isländische Bevölkerung verhielt sich eher abwartend, zumal vermutet wurde, dass Jørgensen im britischen Staatsauftrag handelte. Hinzu kam die relative Wehrlosigkeit Islands.

Im Dansk Biografisk Leksikon von 1895 steht wertend:

„Als Erklärung für Jørgensens eigenes Auftreten dient, neben seinem exzentrischen Charakter, dass er sich offenbar schon zu jener Zeit als naturalisierter Engländer fühlte, ohne eine Spur von Sympathie für sein Geburtsland.“[1]

Doch diese kuriose Episode in der Geschichte Islands währte nur zwei Monate. Am 26. August traf das britische Kriegsschiff The Talbot ein, und Jørgensens „Herrschaft“ fand ein jähes Ende. Der Kapitän wies Phelps barsch zurecht. Alle Proklamationen von Jørgensen wurden annulliert, und der selbsternannte „König“ wurde kurzerhand festgenommen, um eine Haft in England anzutreten. Zwei hohe isländische Beamte übernahmen die Staatsgewalt, während Graf Trampe zur Zeugenaussage mit nach England fuhr.

Die Isländer aus Jørgen Jørgensens Leibwache blieben zwar straffrei, aber Jón Guðmundsson Effersøe emigrierte beispielsweise auf die Färöer.

„Der Grund für Jón Guðmundssons Auswanderung von Island auf die Färöer ist unbekannt, aber obwohl er und die anderen Leibwächter vom Gefängnis verschont blieben, mag es einen obersten Richter gegeben haben, der sich rächen wollte!“

Don Brandt: Briefmarken erzählen die Geschichte der Färöer[2]

Auf der Reise nach England brach plötzlich Feuer auf dem Schiff aus. Phelps und Jørgensen haben, Zeugen zufolge, mit unerschrockenem Mut der Besatzung das Leben gerettet. Sie waren bis zur Ankunft in London Ehrengäste des Kapitäns. Nach der Ankunft in London saß Jørgensen ein Jahr im Gefängnis, weil er trotz seines Ehrenwortes (s.o.) das Land verlassen hatte. Im Gefängnis fing er an zu spielen und erlag immer mehr der Spielsucht.

Wieder in Freiheit, lebte er ein unstetes Leben und musste später wegen unbezahlter Spielschulden weitere zwei Jahre Haft absitzen. 1815–1817 war Jørgensen im Dienste der britischen Regierung in Frankreich und Deutschland und besuchte nach eigenem Bericht Waterloo, Frankfurt, Weimar (Goethe), Dresden, Berlin und Potsdam (Sanssouci). Als er wieder in London war, führte er seinen wilden Lebensstil fort und wurde schließlich wegen Betruges zu einer erneuten Haftstrafe verurteilt. Ein späteres Urteil verhängte dann die Deportation auf Lebenszeit. 1825 wurde Jørgensen nach Tasmanien (Australien) verbannt.

In Tasmanien änderte er seinen Namen in Jorgen Jorgenson. Er wurde bald von den Haftauflagen befreit und unternahmen viele Entdeckungs- und Forschungsreisen im Inselinneren. Er beschrieb dabei erstmals die indigene Bevölkerung und wurde ein produktiver und erfolgreicher Autor über sein abenteuerliches Leben. Seine Bücher waren seinerzeit in Australien und England populär und seine ungedruckten Manuskripte wurden ins British Museum aufgenommen. Als Autor schrieb er unter dem Namen Jorgenson in englischer Sprache. Von ihm stammen Reisebeschreibungen, theologische und volkswirtschaftliche Abhandlungen, Zeitungsartikel und autobiographische Notizen. 1833 heiratete er schließlich. 1835 wurde er zum „policecommand“ ernannt.

Jorgen Jorgenson wurde am 20. Januar 1841 im Alter von 60 Jahren in Hobart tot aufgefunden (ältere Quellen nennen als Todesjahr 1845 oder 1850). Er starb als freier Mann. Er wurde auf dem katholischen Friedhof beigesetzt.

Das Dansk Biografisk Leksikon von 1906 wertet sein literarisches Schaffen aus der antidemokratischen Sicht jener Zeit wie folgt:

„Er erzählt gut und hatte eine schnelle Auffassungsgabe, aber ist ein oberflächlicher und plagiierender Phrasendrescher, dessen vollständige Unzuverlässigkeit überall dort hervor tritt, wo er überprüft werden kann. Am ehesten ist J. ein psychologisches Phänomen, ein lebendiger Kopf, aber mit vollständigem Mangel an moralischem Halt und beherrscht von der Stimmung des Augenblicks. Seine Neigung zum Spannenden und Abenteuerlichen und seine Lust, sich geltend zu machen, bestimmen nicht nur sein Leben, sondern durchdringen alles, was er erzählt, in dem Grade, dass er sich überhaupt nicht über die Mischung aus Dichtung und Wahrheit im Klaren ist, die insbesondere seine eigenen Lebenserinnerung ausmacht. Nach seinen nicht wenigen notablen englischen Freunden zu urteilen, muss er [aber] eine gewinnende Persönlichkeit gewesen sein.“[1]

Eine Tafel zu seinem Andenken befindet sich noch heute am Gebäude der Polizeistation. Ein Relief von ihm und seiner Frau befindet sich an einer erhaltenen Brücke. Er genießt in Australien noch heute hohes Ansehen. Für Tasmanien wurde er eine Art „Nationalheiliger“. Der 1987 in Perth gebaute Nachbau des Gokstad-Schiffes Jorgen Jorgensen (seit 2013 Aegir) wurde nach Jorgensen benannt.[3] In Reykjavík wurde 2009 erfolgreich ein Schauspiel aufgeführt mit dem Titel Kennt ihr noch Jørgen?

  • The Convict King (englischsprachige Wikisource)
  • 1807 – Efterretning om engellændernes og nordamerikanernes fart og handel på Sydhavet („Bericht über die Fahrt und den Handel der Engländer und Nordamerikaner im Pazifik“)
  • 1809 – Historical account of the revolution on the island of Iceland in the year 1809 (edited by Óðinn Melsted), University of Iceland Press, Reykjavík 2016 (Heimildasafn Sagnfraeðistofnunar, Band 3) ISBN 978-9935-23-138-3.
  • 1815 – Tour trough France and the Nederlands. London („Tour durch Frankreich und die Niederlande“)
  • 1817 – Travels trough France and Germany („Reisen durch Frankreich und Deutschland“)
  • S. Schulesen: Jørgen Jørgensens usurpation i Island i året 1809. 1832. („Jørgen Jørgensens Usurpation in Island im Jahre 1809“)
  • James Francis Hogan: En deporteret konge eller beretning om Jørgen Jürgensen. 1892. („Ein deportierter König, oder der Bericht über Jørgen Jürgensen“)
  • Marius Dalsgaard: Kongen på Island. 1916. (Roman: „Der König auf Island“)
  • Jónas Árnason: I husker vel Jørgen? Kongen af Island. Drama, Gråsten 1984. (Drama „Ihr erinnert euch noch an Jørgen? Der König von Island“)
  • Preben Dich: Hundedagekongen. Beretningen om Jørgen Jürgensen, en dansk eventyrer og oprører, som skabte historie i to verdensdele. Chr. Erichsen, Skive 1985, ISBN 87-555-1015-9. („Bericht über Jørgen Jürgensen, einen dänischen Abenteurer und Aufrührer, der in zwei Erdteilen Geschichte schrieb“)
  • Dan Sprod: The Usurper. Jorgen Jorgenson and his turbulent life in Iceland and Van Diemen's Land 1780-1841, Blubber Head Press, Sandy Bay, Tas. (Australia) 2001, ISBN 0-908528-29-9.
  • Sarah Bakewell: The English Dane. Roman. Vintage Books, London 2006, ISBN 0-09-943806-2.
  • Kr. Kaalund: Jürgensen, Jørgen. In: Carl Frederik Bricka (Hrsg.): Dansk biografisk Lexikon. Tillige omfattende Norge for Tidsrummet 1537–1814. 1. Auflage. Band 9: Jyde–Køtschau. Gyldendalske Boghandels Forlag, Kopenhagen 1895, S. 7–10 (dänisch, runeberg.org).

Einzelnachweise

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  1. a b Kr. Kaalund: Jürgensen, Jørgen. In: Carl Frederik Bricka (Hrsg.): Dansk biografisk Lexikon. Tillige omfattende Norge for Tidsrummet 1537–1814. 1. Auflage. Band 9: Jyde–Køtschau. Gyldendalske Boghandels Forlag, Kopenhagen 1895, S. 9 (dänisch, runeberg.org).
  2. Don Brandt: Briefmarken erzählen die Geschichte der Färöer. Reykjavík 2006
  3. Darling Harbour, Viking vessel, Jorgen Jorgensen