Jawne (Schule)

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Jawne
Löwenbrunnen auf dem Kölner Erich-Klibansky-Platz als Gedenkstätte zur Kölner Jawne
Schulform Reformrealgymnasium
Gründung 1919
Schließung 1938
Ort Köln
Land Nordrhein-Westfalen
Staat Deutschland
Koordinaten 50° 56′ 24″ N, 6° 56′ 41″ OKoordinaten: 50° 56′ 24″ N, 6° 56′ 41″ O

Die Jawne (hebräisch: יבנה) war ein jüdisches Reformrealgymnasium in Köln.

Die Schule wurde benannt nach dem Ort Javne, der heute in der Nähe von Tel Aviv liegt, in dem der jüdische Hohe Rat, der Sanhedrin, nach der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 versuchte, die jüdischen Traditionen mit einer Gelehrtenschule weiter zu führen.

Zeugnis der Jawne, 1937

Die Jawne in Köln war die erste und einzige weiterführende jüdische Schule im Rheinland.

Sie wurde 1919 vom Rabbiner der Orthodoxen Austrittsgemeinde Adass Jeschurun, Emanuel Carlebach (1874–1927), Bruder des Leipziger Rabbiners Ephraim Carlebach, gegründet und 1925 staatlich anerkannt. Ende der 1920er Jahre wurde sie von mehr als 400 jüdischen Schülern besucht. Der Maler Ludwig Meidner wirkte zwischen 1935 und 1939 als Zeichenlehrer an der Schule.

Der langjährige und letzte Leiter der Jawne, Studiendirektor Erich Klibansky, erkannte die nationalsozialistische Gefahr früh. Er reagierte mit Verstärkung des Englisch- und Neuhebräischunterrichts, um seine Schüler auf ein Leben außerhalb Deutschlands vorzubereiten. Bereits 1933 formulierte er illusionslos: „In welche Schule schicke ich mein Kind? Diese Frage ist heute entschieden. Man kann nicht mehr einwerfen, wir sollten nicht selbst ins Ghetto zurück, denn der Ausgliederungsprozess des deutschen Volkes gegenüber uns Juden ist in vollem Gange.“ Erich Klibansky und sein Kollegium planten nach der Reichspogromnacht 1938, die gesamte Schule nach England auszusiedeln, und organisierten dazu die Kindertransporte. Die Ausreise, per Eisenbahn und Schiff, durfte nur ohne Begleitung durch die Eltern durchgeführt werden. Es gelang ihnen somit, einen Teil ihrer Schüler nach England ausreisen zu lassen. Zumindest 130 jüdische Kinder aus Köln vermochten zu überleben. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war dies nicht mehr möglich. Klibansky, seine Familie und die verbliebenen Schüler wurden 1942 mit mehr als 1000 anderen Kölner Juden in die Nähe von Minsk deportiert und dort ausnahmslos ermordet.

Im Kölner Lern- und Gedenkort Jawne, welcher sich auf dem Gelände des zerstörten jüdischen Gymnasiums befindet, wird in Ausstellungen an die Geschichte der Schule erinnert. Zurzeit wird dort die von der Historikerin Cordula Lissner konzipierte Ausstellung „Die Kinder auf dem Schulhof nebenan“ gezeigt.[1] Der ehemalige Schulhof konnte Dank beharrlicher Bemühungen von Kölner Bürgern 1990 in Erich-Klibansky-Platz benannt werden. Auf dem kleinen Platz wurde von einem überlebenden Schüler mit dem Löwenbrunnen ein Denkmal mit den Namen der Ermordeten gestaltet. Im November 2008 wurde die Initiative mit dem Preis Aktiv für Demokratie und Toleranz geehrt,[2] im Dezember 2009 mit dem Kölner Bilz-Preis der Kölner Bilz-Stiftung ausgezeichnet. Der Erhalt der Gedenkstätte war 2009 gefährdet, weil die genutzten Räume nicht mehr wie bisher kostenlos vom Vermieter überlassen werden sollen, sondern der Verein eine „handelsübliche Miete“ zahlen soll.[3] Die vielfältigen Proteste dagegen hatten Erfolg: Anfang 2010 kam es zu einer gütlichen Einigung, die Jawne erhielt eine dauerhafte Existenzgarantie.

Der Gedenkort wird von einem Arbeitskreis von etwa 20 Mitgliedern in Verbindung mit dem EL-DE-Haus betreut. Der Landschaftsverband Rheinland würdigte dieses Engagement: Am 10. September 2013 verlieh er den beiden langjährigen Jawne-Mitarbeitern Ursula Reuter und Adrian Stellmacher stellvertretend für die Mitarbeiter des Arbeitskreises seinen Rheinlandtaler.[4]

  • Dieter Corbach: Die Jawne zu Köln. Zur Geschichte des ersten jüdischen Gymnasiums im Rheinland und zum Gedächtnis an Erich Klibansky. Gedenkbuch zur Ausstellung im Historischen Rathaus der Stadt Köln vom 12. – 26. November 1990. Scriba Verlag, Köln 1990, ISBN 3-921232-42-2.
  • Axel Joerss, Cordula Lissner, Adrian Stellmacher: Kinder abreisen 17 Uhr 13. Erinnerungen an Polenaktion und Kindertransporte 1938/39. Katalog zur Ausstellung des Lern- und Gedenkorts Jawne. Lern- und Gedenkort Jawne, Köln 2013, ISBN 978-3-00-044763-1.
  • Cordula Lissner, Ursula Reuter: Das erste jüdische Gymnasium im Rheinland. Reform-Realgymnasium Jawne 1919–1942. In: Dirk Erkelenz / Thomas Kahl (Hrsg.): Jüdische Schülerinnen und Schüler an Kölner Gymnasien. Ihre Geschichte(n) zwischen Integration, Ausgrenzung und Verfolgung (Veröffentlichungen des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln; 6), Metropol Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-86331-703-4, S. 184–202.

Einzelnachweise

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  1. Graf Constantin von Hoensbroech: Schüler von nebenan – Der »Lern- und Gedenkort Jawne« erinnert an das jüdische Reform-Realgymnasium In: Jüdische Allgemeine , 3. Juli 2018 (abgerufen am 15. März 2022).
  2. Lern- und Gedenkort Janwe mit dem Preis „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ geehrt. In: www.report-k.de. 28. November 2008, archiviert vom Original am 19. Juli 2011; abgerufen am 5. April 2021.
  3. Gemeindeblatt der Synagogengemeinde Köln. (PDF; 263 kB) S. 15. In: www.sgk.de. April 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Juli 2011; abgerufen am 5. April 2021.: „Lern- und Gedenkort Jawne akut gefährdet. Allianz kündigt das bisherige stille Sponsoring auf und verlangt „handelsübliche Miete““
  4. Notiz auf hagalil.com und Beitrag in der Jüdischen Allgemeinen vom 12. September 2013