Jean-Baptiste Habyalimana

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J.-B. Habyalimana mit Familie[1]
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Jean-Baptiste Habyalimana, auch Habyarimana[2] (* 1950 in Ruanda-Urundi; † um Mai 1994 in Gitarama), war ein ruandischer Verwaltungsbeamter und Ingenieurwissenschaftler. Der Präfekt von Butare und seinerzeit einzige Tutsi im Präfektenamt widersetzte sich dem Völkermord in Ruanda.

Jean-Baptiste Habyalimana, der aus der Gemeinde Runyinya in Butare stammte, schloss sein Studium der Ingenieurwissenschaften an der Université nationale du Rwanda in den späten 1970er-Jahren ab und promovierte anschließend in den Vereinigten Staaten. Mitte der 1980er-Jahre kehrte er nach Ruanda zurück, um Dozent im Fachbereich Bauingenieurwesen an der Nationaluniversität zu werden.[1]

Im Oktober 1990 wurde Habyalimana – der Komplizenschaft mit der Ruandischen Patriotischen Front beschuldigt – im Gefängnis von Karubanda interniert. Mit der Ratifizierung des Waffenstillstandabkommens von N’Sele im März 1991 kam er frei.[1]

Nach der Tötung des Präsidenten Juvénal Habyarimana am 6. April 1994, die als Auslöser des Völkermords gilt, versuchte Präfekt Habyalimana, Mitglied der Liberal Party und seit etwa 1992 im Amt, zusammen mit Jean-Marie Gisagar, dem Bürgermeister von Nyabisindu, in Butare Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und die genozidale Gewalt gegen die Tutsi einzudämmen, auch nachdem der Völkermord am 12. April zur Regierungsdirektive wurde. Anfangs unterstützten sie der lokale Kommandant der Nationalpolizei und die meisten Bürgermeister der Region.[3] Habyalimanas Entlassung wurde am Abend des 17. Aprils über das Radio verkündet.[4]

Die Übergangsregierung nutzte die Vereidigung seines Nachfolgers Sylvain Nsabimana am 19. April als Kundgebung mit dem Ziel der Mobilisierung der lokalen Beamten der Region zur Durchführung des Völkermords in ihren Gemeinden.[3] Der Übergangspräsident Théodore Sindikubwabo hielt eine berüchtigte Rede.[5] In den folgenden Wochen konnte Habyalimana seiner Verhaftung entgehen, indem er sich versteckt hielt. Etwa eine Woche nachdem das sogenannte Comité préfectoral de sécurité („Sicherheitsausschuss der Präfektur“) am 6. Mai eine intensivere Suche angeordnet hatte, wurde er gefasst und zunächst in einer kleinen, dunklen Zelle neben dem Präfekturgebäude gefangen gehalten, bevor er in Gitarama, dem Sitz der Übergangsregierung, hingerichtet wurde.[6]

Seine Witwe Josephine, die Menschenrechtsaktivistin war,[7] und die beiden gemeinsamen Töchter kamen zwischenzeitlich in die Obhut des Staatsanwalts Bushishi und des Unterpräfekten Faustin Rutayisire, wurden jedoch nach Ende Juni von Soldaten der Unteroffizierschule von Butare ermordet.[6]

Im Jahr 2011 wurden Justin Mugenzi, Handelsminister der Übergangsregierung, und Prosper Mugiraneza, Minister für den öffentlichen Dienst, vom Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda aufgrund ihrer Rolle bei der Amtsenthebung Habyalimanas des Völkermords schuldig gesprochen.[5]

  • Butare: »Sie sollen Platz machen und uns die Arbeit verrichten lassen«. In: Alison Des Forges (Hrsg.): Kein Zeuge darf überleben. Der Genozid in Ruanda. 2. Auflage. Hamburger Edition, Hamburg 2003, ISBN 3-930908-80-8, S. 503–546 (amerikanisches Englisch: “Leave none to tell the story”. Genocide in Rwanda. 1999.).

Einzelnachweise

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  1. a b c Jean-Pierre Bucyensenge: JB Habyarimana, the Butare prefect who bravely resisted the Genocide. In: The New Times. 1. Mai 2014, abgerufen am 8. Oktober 2024.
  2. Gérard Prunier: The Rwanda Crisis. History of a Genocide. Hurst, London 1997, ISBN 1-85065-372-0, S. 246 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Jennie E. Burnet: To Save Heaven and Earth. Rescue in the Rwandan Genocide. Cornell University Press, Ithaca 2023, ISBN 978-1-5017-6713-5, S. 93.
  4. Omar Shahabudin McDoom: The Path to Genocide in Rwanda. Security, Opportunity, and Authority in an Ethnocratic State. Cambridge University Press, Cambridge 2021, ISBN 978-1-108-86883-9, S. 221.
  5. a b Christophe Paulussen, Jessica Dorsey, Sarah-Jane Koulen: Year in Review 2013. In: Yearbook of International Humanitarian Law 2013. Band 16. T. M. C. Asser Press, Den Haag 2015, ISBN 978-94-6265-038-1, S. 147–216, hier: S. 172.
  6. a b Butare: »Arbeiter, die für ihr Land arbeiten wollen«. In: Alison Des Forges (Hrsg.): Kein Zeuge darf überleben. Der Genozid in Ruanda. 2. Auflage. Hamburger Edition, Hamburg 2003, ISBN 3-930908-80-8, S. 600–655, hier: S. 625, 628 f..
  7. Rwanda. In: Human Rights Watch/Africa. Band 6, Nr. 6, Juli 1994, S. 20–26, hier: S. 22 (Volltext in der Google-Buchsuche).