Joel ben Simeon

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Auszug aus Ägypten in der Londoner Haggada von Joel ben Simeon: Ganz links: Die Hand Gottes aus der Wolke, der die Juden folgen, an der Spitze: Mose mit dem Stab, auf der gegenüber liegenden Seite der Pharao, der die Juden verfolgt, der blaue Balken dazwischen ist eine Wolke, die die Israeliten vor den Pfeilen der ägyptischen Soldaten schützt.

Joel ben Simeon (Joel ben Simeon Feibusch Aschkenasi – er selbst nutzte unterschiedliche Namensformen[1]) († nach 1485[Anm. 1] oder um 1492[2]) war ein jüdischer Schreiber und Buchillustrator des 15. Jahrhunderts.

Kolophon von Joel ben Simeon in der Londoner Haggada

Das Wissen über Joel ben Simeon stammt ausschließlich aus den – teilweise datierten – Kolophonen, die er in seinen Werken hinterlassen hat. Es sind immerhin elf Handschriften erhalten, die ihm aufgrund des Kolophons zugewiesen werden können.[3] Das ist zwar absolut gesehen nicht viel, für einen Buchillustrator des 15. Jahrhunderts aber eine ganze Menge[4] und die höchste Zahl von Werken, die einem mittelalterlichen jüdischen Künstler überhaupt zugewiesen werden kann.[5]

Joel ben Simeon stammte vom Niederrhein, er selbst nennt sowohl Köln (aus dem die Juden 1424 vertrieben wurden) als auch Bonn als Herkunfts- oder Wohnorte. Er arbeitete ab etwa 1440[6] in Deutschland und Norditalien und reiste mehrmals zwischen beiden Ländern hin und her[7], von Stadt zu Stadt, um seinen Beruf auszuüben. Bevor er in Italien nachgewiesen ist, arbeitete er im süddeutschen Raum. Mit dem Wechsel nach Italien ändert sich sein Stil erheblich und er übernahm viel aus der späten Buchmalerei der Renaissance in Italien.[8] 1449 hielt er sich vielleicht in Parma auf[9], 1452 vielleicht in Cremona[10][Anm. 2], 1454 ist er sicher in Italien.[11] Etwas im Gegensatz zu dieser hohen Mobilität steht die Annahme, dass er nicht alleine arbeitete, sondern eine Werkstatt unterhielt.[12] Diese Schlussfolgerung wird gezogen, weil die von ihm „signierten“ Werke im Stil sehr unterschiedliche Illustrationen aufweisen.[13] Nach 1478 lebte er in Italien. Das letzte von ihm datierte und erhaltene Werk stammt von 1485. Er starb in Italien, spätestens 1492.[14]

Die nachfolgende Übersicht führt die Werke an, die Joel ben Simeon aufgrund des Kolophons sicher zugewiesen werden können[15]:

Typ Jahr Aufbewahrungsort
Signatur
Anmerkung
Siddur 1449 Biblioteca Palatina, Parma
Ms. 3144
Machsor 1452 Biblioteca Reale, Turin Bei einem Brand 1904 schwer beschädigt oder zerstört.
Haggada 1454 Jewish Theological Seminary, New York City
Ms. Mic. 8279
„Zweite New Yorker Haggada“
Siddur 1469 British Library, London
Add. 26957
Haggada 1478 Library of Congress, Washington, D.C.
Ms. Hebr. 1
Psalter 1485 Biblioteca Palatina, Parma
Ms. 2841
Mit einem Kommentar von David Kimchi. Das Manuskript enthält keine Illustrationen. Es ist das jüngste von Joel ben Simeon datierte Manuskript.
Haggada undatiert Schocken Library[16], Jerusalem
Ms. 24086
„Nürnberger Haggada“[Anm. 3]
Haggada undatiert British Library
Add. 14762
Londoner Haggada“ mit einem Kommentar von Eleasar ben Juda ben Kalonymos[17]
Haggada undatiert Jewish Theological Seminary, New York
Ms. Mic. 4481
„Erste New Yorker Haggada“
Tempelgeräte (6 Blätter) undatiert zuletzt: Jewish Theological Seminary, New York: Acc. 0822 verschollen[18]
Haggada undatiert Biblioteca Bodmeriana, Genf
Cod. 81
Dyson-Perrins-Haggada[Anm. 4]

Bei drei weiteren Handschriften, die kein Kolophon von Joel ben Simeon enthalten, wird aufgrund stilistischer Merkmale diskutiert, ob sie ebenfalls von ihm stammen.[19]

  • Evelyn M. Cohen: Joel ben Simeon (Feibush Ashkenazi). In: The Grove Encyclopedia of Medieval Art and Architecture, Band 2. Oxford University Press, New York 2012, S. 526f. Digitalisat 1; Digitalisat 2
  • David Goldstein: Die Londoner Haggada aus der British Library. Ein hebräisches Manuskript aus der Mitte des 15. Jahrhunderts geschrieben und illustriert von Joel Ben Simon Feibusch Aschkenasi mit einem Kommentar zugeschrieben Eleazar ben Juda aus Worms. Herder, Freiburg 1985. ISBN 3-451-20188-7
  • Joseph Gutmann: Thirteen Manuscripts in Search of an Author: Joel ben Simeon, 15th-Century Scribe-Artist. In: Studies in Bibliography and Booklore 9, Nr. 2/3 (1970), S. 76–95.
  • Katrin Kogman-Appel: Joel ben Simeon. Looking at the Margins of Society.
  1. Letztes datiertes Werk, siehe Abschnitt „Werk“.
  2. Diese frühen Daten für einen Aufenthalt in Italien beruhen auf offensichtlich mit Fehlern behafteten Wiedergaben von Informationen aus dem Kolophon des zerstörten Machsors in der Biblioteca Reale in Turin, können also nicht mehr verifiziert werden (Gutmann, S. 91).
  3. Die „Nürnberger Haggada“ wird als das älteste erhaltene Werk von Joel ben Simeon eingestuft und auf die Zeit um 1440 datiert. Dort wird im Kolophon Brünn (Brno) erwähnt und es ist möglich, dass das Buch dort entstanden ist (Gutmann, S. 91).
  4. In der Sammlung von Dyson-Perrins hatte die Haggada die Signatur: Ms 124 (Goldstein, S. 9).

Einzelnachweise

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  1. Vgl.: Joel ben Simeon. In: Jewish Virtual Library (Weblinks).
  2. Kogman-Appel, S. 4.
  3. Goldstein, S. 9.
  4. Kogman-Appel, S. 1.
  5. Cohen; Gutmann, S. 92.
  6. Gutmann, S. 91.
  7. Kogman-Appel, S. 4.
  8. Kogman-Appel, S. 3.
  9. Kogman-Appel, S. 2.
  10. Kogman-Appel, S. 3, Anm. 8.
  11. Gutmann, S. 91.
  12. Joel ben Simeon. In: Jewish Virtual Library (siehe: Weblinks); Goldstein, S. 10.
  13. Cohen.
  14. Kogman-Appel, S. 4, die ohne jeden Beleg ausführt: „… he died, apparently around 1492“.
  15. Soweit nicht anders angegeben: Goldstein, S. 9.
  16. Homepage der Bibliothek.
  17. Goldstein, S. 14.
  18. Goldstein, S. 9f.
  19. Goldstein, S. 9.