Johann Lucas von Hildebrandt

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Johann Lucas von Hildebrandt, Gemälde von Jacob van Schuppen, um 1720

Johann Lucas Hildebrandt, ab 1720 von Hildebrandt (* 14. November 1668 in Genua; † 16. November 1745 in Wien), war ein bedeutender Baumeister des süddeutschen Barock. Zu seinen Hauptwerken gehören das Palais Schwarzenberg, die Piaristenkirche, die Peterskirche und das Schloss Belvedere in Wien sowie das Stift Göttweig bei Krems.

Peterskirche, Wien
Schloss Belvedere, Wien
Stift Göttweig, bei Krems

Johann Lucas Hildebrandt wurde als Sohn deutschsprachiger Eltern im norditalienischen Genua geboren. Er studierte bildende Kunst und Architektur in Rom bei Carlo Fontana, was in seiner Formensprache und Verwendung von bestimmten Bautypen für sein gesamtes Werk prägend bleiben sollte. In der früheren Forschung sind diese römischen Wurzeln immer etwas unterschätzt worden, doch ist gerade der Kirchenbau durchsetzt mit Motiven, die Hildebrandt von Fontana und durch ihn vermittelt kennenlernen konnte. Selbst im Profanbau wirken römische, aber auch oberitalienische Erfahrungen sehr deutlich nach. 1701 trat er in Wien das Amt des Kaiserlichen Hofingenieurs an. In diesem Amt befand er sich in ständiger Konkurrenz zum Ersten Hofbaumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach. 1720 wurde er in den Adelsstand erhoben und 1723 nach dem Tode J.B. Fischer von Erlachs dessen Nachfolger als Erster Hofbaumeister. Seinen Lebensabend verbrachte Hildebrandt in Wien-Josefstadt im Haus Schlösselgasse 12.

Hildebrandts Ruhm als Architekt stützt sich vor allem auf seine Profanbauten. Mit dem Oberen Belvedere schuf er ein beeindruckendes Bauwerk und trug mit seinen Gedanken und Entwürfen ab 1730 zum Bau der Würzburger Residenz, dem bedeutendsten Residenzbau seiner Zeit, durch Balthasar Neumann bei. Seine Eingriffe in die Planungen Neumanns sind insbesondere in der Säulenarchitektur mit Emporsäulen und Kuppelsäulen der Hofkirche in der Residenz sichtbar, werden aber auch bei der für Hildebrandt (etwa beim Oberen Belvedere in Wien oder in der Georg-Raphael-Donner-Stiege im Schloss Mirabell) zu sehenden charakteristischen Ornamentation der Fassade des Würzburger Fichtelhofs vermutet. Verlorengegangen ist das Statuenensemble des von Hildebrandt entworfenen Ehrenhofabschlusses der Würzburger Residenz.[1] Hildebrandts Architektur zeichnet sich aus durch ein feines Gespür für körperhafte Kompositionen von großer Leichtigkeit ebenso wie für reichhaltige plastische Details.

Sein größtes Talent liegt in der Dekoration, die Fassaden seiner Gebäude sind mit kunstvoll verschlungenen Bändern zu einem graphischen Ganzen geformt. Hierin verhält er sich antipodisch zu Fischer von Erlach, bei dem die architektonische Gliederung immer durchsichtig ist. Auch werden die Silhouetten seiner Gebäude in Einzelteile aufgelöst, was ihnen einen unruhigen und beweglichen Eindruck verleiht. Man spricht hier vom Hildebrandtschen Pavillonsystem, das beim Schloss Belvedere typisch zur Geltung kommt. Hildebrandts gefällige Gestaltungsweise hat ihm eine ungeheure Nachwirkung, besonders in Wien, verschafft. Vor allem tragende Architekturteile ließ Hildebrandt aus härtestem Kaiserstein arbeiten; so ist eine Zusammenarbeit mit Kaisersteinbrucher Meistern dokumentiert.[2][3]

1894 wurde die Hildebrandgasse in Wien-Währing nach ihm benannt.

nach Erscheinungsjahr geordnet

  • Constantin von Wurzbach: Hildebrand, Johann Lucas von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 9. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1863, S. 16 (Digitalisat).
  • Moritz Dreger: Über Johann Lucas von Hildebrandt. In: Kunst und Kunsthandwerk. Band 10, Wien 1907, S. 295–297.
  • Bruno Grimschitz: Joh. Lucas von Hildebrandts künstlerische Entwicklung bis zum Jahre 1725. Wien 1922.
  • Bruno Grimschitz: Hildebrandt. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 17: Heubel–Hubard. E. A. Seemann, Leipzig 1924, S. 77–79 (biblos.pk.edu.pl).
  • Bruno Grimschitz: Zwei Entwürfe von Johann Lucas von Hildebrandt für das Wiener Belvedere. In: Belvedere. Band 7, Wien 1925, S. 133–135.
  • Franz Wilhelm: Johann Lucas von Hildebrandt. Seine Persönlichkeit und das Verhältnis zu seinen Bauherren. In: Mitteilungen des Vereines für die Geschichte der Stadt Wien. Band 8, Wien 1928, S. 59–73.
  • Bruno Grimschitz: Johann Lucas von Hildebrandts Kirchenbauten. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Band 6, Wien 1929, S. 205–301
  • Bruno Grimschitz: Johann Lucas von Hildebrandt. Wien 1932.
  • Bruno Grimschitz: Johann Lucas von Hildebrandt. Wien/München 1959.
  • Manfred Leithe-Jasper: Das Gartenpalais Czernin auf der Wieden – Ein Frühwerk Johann Lucas von Hildebrandts? In: Burgen und Schlösser in Österreich. Band 2. Wien 1966, S. 12–19.
  • Manfred Leithe-Jasper: Das Palais Corbelli-Schoeller. Versuch einer Darstellung seiner Stellung innerhalb der Palastarchitektur des Wiener Hochbarock und seiner Zuschreibung an Johann Lucas von Hildebrandt. In: Burgen und Schlösser in Österreich. Band 3. Wien 1967, S. 15–25.
  • Hans ReutherHildebrandt, Johann Lucas von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 127–130 (Digitalisat).
  • Manfred Koller: Der unbekannte Künstlerkreis von Johann Lucas Hildebrandts Frühwerk. In: Alte und moderne Kunst. Jahrgang 18, Heft 130–131, Wien 1973, S. 29–37 (hauspublikationen.mak.at).
  • Wilhelm Georg Rizzi: Johann Lucas von Hildebrandt. Ergänzende Forschungen zu seinem Werk. Diss., Wien 1975.
  • Wilhelm Georg Rizzi: Die Kuppelkirchenbauten Johann Lucas von Hildebrandts. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Band 29, Wien/Köln/Graz 1976, S. 121–155.
  • Wilhelm Georg Rizzi: Zu Johann Lucas von Hildebrandts Tätigkeit auf den niederösterreichischen Schlössern des Reichsvizekanzlers Schönborn. In: Alte und moderne Kunst. Jahrgang 21, Heft 148–149, Wien 1976, S. 10–21 (hauspublikationen.mak.at).
  • Beverly F. Heisner: Johann Lucas von Hildebrandt’s Mansfeld-Fondi Garden Palace and the Mannerist Villa Giulia. In: Akten des XXV. Internationalen Kongresses für Kunstgeschichte. Wien, 4.–10. September 1983, hrsg. v. Hermann Fillitz, Martina Pippal, Wien/Köln/Graz 1986, Band 7 [Wien und das europäische Barock], S. 51–54.
  • Günther G. Bauer: Divae Virgini Sine Labe Conceptae. Das Modell der Immakulata-Säule nach dem verschollenen Entwurf des Lucas von Hildebrandt im Salzburger Museum Carolino Augusteum [Faltblatt] Das Kunstwerk des Monats, Salzburger Museum Carolino Augusteum, Salzburg 1988.
  • Ulrich Fürst: St. Laurentius in Gabel und die Piaristenkirche in Wien. Zwei kurvierte Kirchenbauten des Johann Lucas von Hildebrandt. München 1991.
  • Vincent Mayr: Beobachtungen an Johann Lucas von Hildebrandts Gartenpavillon in Obersiebenbrunn. In: Die Gartenkunst. 4 (2/1992), S. 232–235.
  • Ulrich Fürst: Die lebendige und sichtbare Histori. Programmatische Themen in der Sakralarchitektur des Barock (Fischer von Erlach, Hildebrandt, Santini). Regensburg 2002.
  • Peter Heinrich Jahn: Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745). Sakralarchitektur für Kaiserhaus und Adel. Planungsgeschichtliche und projektanalytische Studien zur Peters- und Piaristenkirche in Wien sowie dem Loreto-Heiligtum in Rumburg. Petersberg 2011.
Commons: Johann Lukas von Hildebrandt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Stefan Kummer: Architektur und bildende Kunst von den Anfängen der Renaissance bis zum Ausgang des Barock. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände; Band 2: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814. Theiss, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1477-8, S. 576–678 und 942–952, hier: S. 649, 652, 654, 656 f. und 664.
  2. Namentlich genannt wurden (Auswahl) Johann Georg Haresleben, Giovanni Battista Passerini, Simon Sasslaber, Franz Trumler, Elias Hügel in: Helmuth Furch, Historisches Lexikon Kaisersteinbruch. Band 2 I–Z, Index Haresleben Joh., Passerini Giovanni, Sasslaber Simon, Trumler Franz, Hügel Elias. Museums- und Kulturverein Kaisersteinbruch, Bruckneudorf-Kaisersteinbruch 2004.
  3. Historisches Lexikon Kaisersteinbruch. Band 2 I–Z. (PDF; 9,5 MB).