Johann Michael Müller (Architekt)

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Johann Michael Müller, Signatur (1761)

Johann Michael Müller (auch latinisiert Ioannes Michael Mullerus, Joannes Michael Mullerus sowie Johannes Michael Mullerus genannt;[1] * 1. Juli 1723 in Allendorf (Lumda); † 30. Juli 1777 in Göttingen)[2] war ein deutscher Architekt und kurhannoverscher Baumeister, Hochschullehrer,[3] Oberbaukommissar, Bautechniker und Mathematiker in Göttingen.[1]

Leben und Wirken

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1740–1744 studierte Johann Michael Müller Mathematik an der Universität Gießen.[4] Anschließend folgten Studienreisen 1745 durch Deutschland und 1746/47 nach Italien.[4] Eine erste Berufsanstellung als Baumeister bekam er 1748 zur „Gebäudedirektion in den Gegenden von Hamburg“.[4] Im Dezember 1750 erhielt er die Ernennung zum königlichen Baukommissar mit Aufsicht über die Klosterämter im Fürstentum Göttingen und zugleich zum Universitätsbaumeister der noch jungen Universität Göttingen,[4] worin er den zuvor gemeinsam wirkenden Universitätsbaumeistern Joseph Schädeler und Johann Friedrich Penther folgte.[5]

1751 erhielt Müller die Erlaubnis, an der Göttinger Universität Vorlesungen abzuhalten.[3] Ab 1753 lehrte er als Magister sowohl zur bürgerlichen als auch zur militärischen Baukunst, der Feldmesskunst sowie der reinen und angewandten Mathematik. Bis zu seinem Tod im Alter von 54 Jahren las Müller zudem zur Architekturtheorie, zu Landbaukunst, Stadtbaukunst, zum Maschinenbau und auch zum Bauzeichnen.[3] Später bekannt gewordene Architekturstudenten Müllers waren Heinrich Christoph Jussow und Müllers Nachfolger im Amt des Universitätsbaumeisters Georg Heinrich Borheck.[4]

Bauten (Auswahl)

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Das architektonische Schaffen Müllers ist bisher nicht eingehend erforscht worden. Bedingt durch den Siebenjährigen Krieg (1756–1763) wurden offenbar nur kleinere Baumaßnahmen durchgeführt.[4]

Sein bekanntester Bau ist zugleich das Hauptwerk – die 1752–1753 in Göttingen an der Unteren Karspüle errichtete Reformierte Kirche.[6] Die turmlose Querkirche wurde errichtet mit Rücksicht auf die Konfession des aus der Schweiz an die Universität Göttingen berufenen Mediziners Albrecht von Haller sowie in Erwartung von Studenten reformierten Bekenntnisses.[7][8] Neben der Kirche entstand ebenfalls nach Müllers Plänen das reformierte Predigerhaus (1973 abgebrochen).[6]

Weitere Werke Müllers sind die 1755 ebenfalls als Querkirche entstandene St. Pankratius-Kirche in Esebeck bei Göttingen[9] sowie alternative Entwürfe von etwa 1762 für Ausstattung (Seitenkanzel und monumentaler Kanzelaltar in französischen Barockformen) zur Universitätskirche (Paulinerkirche) in Göttingen.[10]

Zu Müllers Aufgaben gehörten auch städtebauliche Projekte wir die geplante Schleifung der Befestigungsanlagen der Stadt Göttingen. Dazu erhielten Baukommissar Müller und der Göttinger Oberkommissar Johann Friedrich Unger den Auftrag, gemeinsam mit dem von der kurfürstlichen Kriegskanzlei aus Hannover zu den Entfestigungsarbeiten bestellten Leutnant Schrick zu überlegen, ob der Göttinger Stadtwall in seiner bisherigen Höhe erhalten oder wenigstens in Teilen abgetragen werden solle.[11]

Johann Michael Müller war der Sohn des Rektors der Stadtschule in Allendorf, Johann Heinrich Müller, und dessen Frau Anna Katharina, geb. Bergen.[4] Er heiratete zweimal, zunächst 1751 in Göttingen Barbara Margarethe Catharine Köhler (1732–1759), dann 1773 ebenfalls in Göttingen die Witwe Isabella Sophia Thormey geb. Becmann (um 1724 bis nach 1777). Aus der ersten Ehe hatte er vier Kinder, u. a. den Schiffskapität und Marineschrifteller Christian Gottlieb Daniel Müller.[4]

  • Iris Manso: Der Architekt: Johann Michael Müller. In: Iris Manso: „Gott dem Erlöser und den Gottesdiensten der Reformierten gewidmet 1753“. Die spätbarocke Evangelisch-Reformierte Kirche in Göttingen. Zugleich Dissertation 2007 an der Universität Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-28000-3, S. 87–94.[12]
  • Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten: vom 14. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5 (Digitalisat auf d-nb.info, abgerufen am 29. Januar 2023), S. 413.
  • Klosterbaumeister - Bestallung und Kompetenz (...) Bestallung und Kompetenz des Baukommissars Johann Michael Müller bei den göttingischen Klöstern (1750–1764). Akte im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover (Signatur: NLA HA Hann. 94 Nr. 512)[13]

Einzelnachweise

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  1. a b Vergleiche die Angaben im Datensatz zur gemeinsamem Normdatei im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 26. April 2018
  2. Vergleiche die Angaben der Library of Congress
  3. a b c Stefan Amt: Die hannoverschen Landbaubedienten, in: Das Landbauwesen Kurhannovers im 18. Jahrhundert (= Schriften des Instituts für Bau- und Kunstgeschichte der Universität Hannover, Bd. 13), zugleich Dissertation 1998 an der Universität Hannover, Hannover, Institut für Bau- und Kunstgeschichte, 1999, ISBN 978-3-931585-10-5 und ISBN 3-931585-10-7 (als PDF-Dokument von der bhb-hannover.de, abgerufen am 29. Januar 2023), S. 36.
  4. a b c d e f g h Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten: vom 14. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5, S. 413.
  5. Christian Freigang: Architektur und Städtebau von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1866. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen – Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 765–812 (Digitalisat auf archiv.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 29. Januar 2023), hier S. 812 mit Liste der Universitätsbaumeister.
  6. a b Iris Manso: „Gott dem Erlöser und den Gottesdiensten der Reformierten gewidmet 1753“. Die spätbarocke Evangelisch-Reformierte Kirche in Göttingen. Zugleich Dissertation 2007 an der Universität Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-28000-3, S. 31 (mit Abbildung).
  7. Christian Freigang: Architektur und Städtebau von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1866. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen – Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 765–812, hier S. 776 f.
  8. Jens-Uwe Brinkmann: „Der gantzen Stadt zur Zierde und Annehmlichkeit“. Die öffentliche Bautätigkeit. In: Göttingen im 18. Jahrhundert. Eine Stadt verändert ihr Gesicht, Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Stadtarchiv Göttingen vom 26. April bis 30. August 1987. Goltze Verlag, Göttingen 1987, S. 255–324, hier S. 312. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  9. Esebeck. In: kirchengemeindelexikon.de. Landeskirchliches Archiv Hannover, 23. Dezember 2018, abgerufen am 29. Januar 2023.
  10. Christian Freigang: Die Ausstattung im 18. Jahrhundert: Der projektierte Kanzelaltar. In: Elmar Mittler (Hrsg.): 700 Jahre Pauliner Kirche – vom Kloster zur Bibliothek, Wallstein, Göttingen 1994, ISBN 3-89244-188-X, S. 96 f., S. 107 f. (Katalognummern 132 und 133).
  11. Jens-Uwe Brinkmann: „Der gantzen Stadt zur Zierde und Annehmlichkeit“. Die öffentliche Bautätigkeit. In: Göttingen im 18. Jahrhundert. Eine Stadt verändert ihr Gesicht, Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Stadtarchiv Göttingen vom 26. April bis 30. August 1987. Goltze Verlag, Göttingen 1987, S. 260 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  12. Vergleiche die Angaben nebst Inhaltsverzeichnis im Katalog der DNB
  13. NLA HA Hann. 94 Nr. 512, auf arcinsys.niedersachsen.de, abgerufen am 29. Januar 2023.