Überprüft

Jordans-Syndrom

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Jordans-Syndrom (JS) oder auch PPP2R5D-bedingte neurologische Entwicklungsverzögerung genannt, ist eine seltene genetische Erkrankung. Sie entsteht durch de novo Mutationen im PPP2R5D Gen und wird autosomal dominant vererbt. Das Syndrom kann verschiedene körperliche sowie kognitive Einschränkungen in unterschiedlicher Ausprägung umfassen. Hierzu gehören Symptome wie muskuläre Hypotonie und mentale Retardierung, aber auch Makrozephalie, Epilepsie oder Autismus-Spektrum-Störungen. Es ist eine von vier Formen des Houge-Janssens-Syndrom.[1][2][3]

Die Symptome des Jordan-Syndroms (JS) treten ab der frühen Kindheit auf. Je nach Ausprägung und Stärke der Symptome, werden sie im Rahmen der ersten Kindervorsorgeuntersuchungen (APGAR, U1) als auffällig erkannt. Die Symptome können von leichter bis schwerer allgemeiner Entwicklungsverzögerung und geistiger Behinderung reichen.[4] Dazu gehören im Laufe der weiteren kindlichen Entwicklung verschiedene Ausprägungen von Sprachverzögerungen und -störungen.[4][5] Patienten mit Jordans-Syndrom können aufgrund vieler gemeinsamer Entwicklungssymptome einige oder alle Kriterien für die Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung erfüllen.[3] Zu den ersten klinischen Befunden können Makrozephalie, muskuläre Hypotonie, Epilepsie, ophthalmologische Anomalien und dysmorphe Gesichtszüge wie eine prominente Stirn, Hypertelorismus und nach außen abfallende Lidachsen gehören[2]. Bedingt durch die muskuläre Hypotonie treten häufig Ernährungs- (Schlucken und Kauen) und Verdauungsprobleme (Peristaltik) auf[6]. Die Magnetresonanztomographie kann außerdem eine Megalenzephalie oder Defekte der Ventrikel oder der weißen Substanz aufdecken. Personen mit JS können auch Skelett-, Herz-, endokrine oder genitale Anomalien aufweisen[5]. Bestimmte JS-Mutationen können auch einen früh einsetzenden Parkinsonismus im Alter zwischen 20 und 40 Jahren verursachen.[7]

Das PPP2R5D-Gen liefert Anweisungen zur Herstellung eines Proteins namens B56-delta (B56δ). Das B56δ-Protein ist ein Teil eines Enzyms namens Proteinphosphatase 2A (PP2A), das Phosphatgruppen aus bestimmten Proteinen entfernt. Dieser als Dephosphorylierung bezeichnete Prozess hilft bei der Kontrolle, ob das Protein an- oder ausgeschaltet wird. PP2A-Enzyme, die das B56δ-Protein enthalten, kommen hauptsächlich im Gehirn vor, wo sie vermutlich eine Rolle bei der normalen Entwicklung und Funktion von Nervenzellen (Neuronen) spielen. Eine abnormale oder verringerte PP2A-Enzymaktivität stört die Signalwege in Neuronen und beeinträchtigt deren normale Entwicklung und Funktion, was möglicherweise der geistigen Behinderung und anderen neurologischen Merkmalen der PPP2R5D-bedingeten neurologischen Entwicklungsverzögerung (JS) zugrunde liegt.

Das PPP2R5D-Gen befindet sich auf dem Chromosom sechs.[2] Der Gendefekt wird autosomal dominant vererbt, entsteht jedoch meist durch De-novo-Punktmutationen von denen acht pathogene Mutationen identifiziert wurden: E197K, E198K, E200K, E420K, P201R, W207R, Q211P und P53S.[8] Einige wenige Fälle sind bekannt, in denen der Gendefekt auch vererbt wurde. Meistens handelt es sich dabei um sehr milde Varianten.

Diagnostiziert wird Jordans-Syndrom ausschließlich über genetische Tests mit umfassenden Exomsequenzierungen oder Genomsequenzierungen, bei denen eine pathogene Variante von PPP2R5D entdeckt wird. Bis September 2024 wurden weltweit 350 Menschen mit Jordans-Syndrom diagnostiziert.[9]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Entry - #616355 – HOUGE-JANSSENS SYNDROME 1; HJS1 – OMIM. Abgerufen am 3. November 2024.
  2. a b c PPP2R5D-related intellectual disability: MedlinePlus Genetics. Abgerufen am 3. November 2024 (englisch).
  3. a b Linshan Shang, Lindsay B. Henderson, Megan T. Cho, Donald S. Petrey, Chin-To Fong, Katrina M. Haude, Natasha Shur, Julie Lundberg, Natalie Hauser, Jason Carmichael, Jeffrey Innis, Jane Schuette, Yvonne W. Wu, Shailesh Asaikar, Margaret Pearson, Leandra Folk, Kyle Retterer, Kristin G. Monaghan, Wendy K. Chung: De novo missense variants in PPP2R5D are associated with intellectual disability, macrocephaly, hypotonia, and autism. In: neurogenetics. Band 17, Nr. 1, 1. Januar 2016, ISSN 1364-6753, S. 43–49, doi:10.1007/s10048-015-0466-9, PMID 26576547, PMC 4765493 (freier Volltext) – (springer.com [abgerufen am 3. November 2024]).
  4. a b Cinta M. Papke, Kali A. Smolen, Mark R. Swingle, Lauren Cressey, Richard A. Heng, Mourad Toporsian, Liyong Deng, Jacob Hagen, Yufeng Shen, Wendy K. Chung, Arminja N. Kettenbach, Richard E. Honkanen: A disorder-related variant (E420K) of a PP2A-regulatory subunit (PPP2R5D) causes constitutively active AKT-mTOR signaling and uncoordinated cell growth. In: The Journal of Biological Chemistry. Band 296, 2021, ISSN 1083-351X, S. 100313, doi:10.1016/j.jbc.2021.100313, PMID 33482199, PMC 7952134 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. November 2024]).
  5. a b Ghayda Mirzaa, Kimberly Foss, Mary Nattakom, Wendy K. Chung: PPP2R5D-Related Neurodevelopmental Disorder. In: GeneReviews®. University of Washington, Seattle, Seattle (WA) 1993, PMID 30676711 (nih.gov [abgerufen am 3. November 2024]).
  6. Gunnar Houge, Dorien Haesen, Lisenka E. L. M. Vissers, Sarju Mehta, Michael J. Parker, Michael Wright, Julie Vogt, Shane McKee, John L. Tolmie, Nuno Cordeiro, Tjitske Kleefstra, Marjolein H. Willemsen, Margot R. F. Reijnders, Siren Berland, Eli Hayman, Eli Lahat, Eva H. Brilstra, Koen L. I. van Gassen, Evelien Zonneveld-Huijssoon, Charlotte I. de Bie, Alexander Hoischen, Evan E. Eichler, Rita Holdhus, Vidar M. Steen, Stein Ove Døskeland, Matthew E. Hurles, David R. FitzPatrick, Veerle Janssens: B56δ-related protein phosphatase 2A dysfunction identified in patients with intellectual disability. In: The Journal of Clinical Investigation. Band 125, Nr. 8, 3. August 2015, ISSN 1558-8238, S. 3051–3062, doi:10.1172/JCI79860, PMID 26168268, PMC 4623570 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. November 2024]).
  7. Christine Y. Kim, Thomas Wirth, Cécile Hubsch, Andrea H. Németh, Volkan Okur, Mathieu Anheim, Nathalie Drouot, Christine Tranchant, Gabrielle Rudolf, Jamel Chelly, Katrina Tatton-Brown, Cornelis Blauwendraat, Jean Paul G. Vonsattel, Etty Cortes, Roy N. Alcalay, Wendy K. Chung: Early-Onset Parkinsonism Is a Manifestation of the PPP2R5D p.E200K Mutation. In: Annals of Neurology. Band 88, Nr. 5, November 2020, ISSN 1531-8249, S. 1028–1033, doi:10.1002/ana.25863, PMID 32743835, PMC 9052555 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. November 2024]).
  8. Dayita Biswas, Whitney Cary, Jan A. Nolta: PPP2R5D-Related Intellectual Disability and Neurodevelopmental Delay: A Review of the Current Understanding of the Genetics and Biochemical Basis of the Disorder. In: International Journal of Molecular Sciences. Band 21, Nr. 4, 14. Februar 2020, S. 1286, doi:10.3390/ijms21041286, PMID 32074998, PMC 7072873 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. November 2024]).
  9. PPP2R5D / PPP2R1A / PPP2CA / PPP2R5C. 7. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2024.