José F. A. Oliver
José Francisco Agüera Oliver (* 20. Juli 1961 in Hausach) ist ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer. Im Oktober 2022 wurde er als Nachfolger von Interimspräsident Josef Haslinger zum Präsidenten des PEN-Zentrums Deutschland gewählt.[1] Anfang September 2024 legte er dieses Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder.[2]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]José F. A. Oliver wurde als Sohn spanischer Eltern geboren, die 1960 als Gastarbeiter aus Málaga in die Bundesrepublik Deutschland gekommen waren.
Er wuchs mit Deutsch und Spanisch auf und ist daneben mit dem alemannischen Dialekt seiner Schwarzwälder Heimat vertraut. Oliver machte sein Abitur am Robert-Gerwig-Gymnasium in Hausach und studierte danach Romanistik, Germanistik und Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seit den 1980er Jahren lebt er als freier Schriftsteller in seiner Heimatstadt Hausach, unterbrochen von Auslandsaufenthalten in der Schweiz, Spanien, Ägypten, Peru und den USA. Er schreibt in deutscher Sprache, veröffentlicht in Deutschland und sieht sich in der deutschsprachigen schriftstellerischen Tradition, thematisiert aber auch die andalusische Herkunft seiner Familie.[3]
Oliver verfasst Gedichte, Kurzprosa und Essays zu kulturpolitischen Themen. Er experimentiert mit seinen Gedichten auch spartenübergreifend und singt sie bei Lesungen teilweise.[4] Gedichte von ihm wurden im Sydney Opera House tänzerisch umgesetzt und er trat gemeinsam mit dem Rapper Doppel-U auf.[5]
Oliver ist Mitglied des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller und Kurator des 1998 von ihm ins Leben gerufenen Literaturfestes „Hausacher LeseLenz“.[6] Neben Lesungen von vielen international bekannten Schriftstellern bietet das Literaturfest „Schreib-, Mal- und Erzählwerkstätten sowie ein umfangreiches Begleitprogramm“[7] für Kinder und Jugendliche.
Gemeinsam mit dem Literaturhaus Stuttgart entwickelte er die „Schreibwerkstätten für Schulen“, die die Sprachsensibilität von Kindern und Jugendlichen fördern und ihr Verständnis für den Umgang mit Literatur erweitern sollen.[8][9] Aus seiner Arbeit und den daraus gewonnenen Erfahrungen entstand Olivers Buch Praxismaterial: Lyrisches Schreiben im Unterricht (2020).
2002 war Oliver Gastprofessor am MIT, 2007 übernahm er die Chamisso-Poetikdozentur an der TU Dresden.
Im Juli 2021 wurde ihm anlässlich seines 60. Geburtstags die Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt Hausach verliehen. Begründet wurde die Entscheidung mit den „unzählige[n] Stunden Kulturarbeit für die Region in den vergangenen Jahrzehnten“, mit denen Oliver Hausach und das Literaturfest „LeseLenz“ international bekannt gemacht habe.[10]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1989 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg
- 1994 Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin
- 1996 Stipendium der Kurt-Tucholsky-Stiftung
- 1997 Adelbert-von-Chamisso-Preis
- 2001 Dresdner Stadtschreiber
- 2004 Stadtschreiber in Kairo
- 2007 Kulturpreis Baden-Württemberg (Hauptpreis)
- 2009 Thaddäus-Troll-Preis
- 2012 Joachim-Ringelnatz-Preis (Nachwuchspreis)
- 2013 Stipendium der Kulturakademie Tarabya in Istanbul
- 2015 Basler Lyrikpreis[11]
- 2016 Hebeldank des Hebelbundes Lörrach
- 2019 Liliencron-Dozentur für Lyrik[12]
- 2021 Heinrich-Böll-Preis[13]
- 2021 Ehrenbürger der Stadt Hausach
- 2022 Bundesverdienstkreuz am Bande
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Auf-Bruch. Berlin 1987, ISBN 3-923446-17-9.
- Heimatt und andere fossile Träume. Berlin 1989, ISBN 3-923446-50-0.
- Vater unser in Lima. Tübingen 1991, ISBN 3-87324-106-4.
- Weil ich dieses Land liebe. Berlin 1991, ISBN 3-923446-94-2.
- Gastling. Berlin 1993, ISBN 3-86093-034-6.
- Austernfischer, Marinero, Vogelfrau. Berlin 1997, ISBN 3-86093-136-9.
- Duende. Gutach 1997, ISBN 3-9804636-3-X.
- Hausacher Narren-Codex. Hausach 1998, ISBN 3-00-002334-8.
- Fernlautmetz. Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-518-12212-6.
- nachtrandspuren. Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-518-12307-6.
- finnischer wintervorrat. Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-518-12397-1.
- unterschlupf. Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-41817-3.
- Mein andalusisches Schwarzwalddorf. Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-518-12487-1.
- fahrtenschreiber. Berlin 2010, ISBN 978-3-518-12604-2.
- Lyrisches Schreiben im Unterricht. Vom Wort in die Verdichtung. Seelze 2013, ISBN 978-3-7800-4963-6.
- Fremdenzimmer. Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-86337-075-6.
- Gastling. Neuauflage. Berlin 2015, ISBN 978-3-89930-034-5.
- HEIMATT: Frühe Gedichte. Auswahl. Berlin 2015, ISBN 978-3-89930-031-4.
- 21 Gedichte aus Istanbul 4 Briefe & 10 Fotow:orte. Berlin 2016, ISBN 978-3-95757-283-7.
- wundgewähr. Berlin 2018, ISBN 978-3-95757-565-4.
- zum Bleiben, wie zum Wandern – Hölderlin, theurer Freund. (mit Mikael Vogel) Frankfurt 2020, ISBN 978-3-89930-193-9.
- In jeden Fluss mündet ein Meer. Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2023, ISBN 978-3-7518-0950-4.
Übersetzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Federico García Lorca: sorpresa, unverhofft. Ausgewählte Gedichte 1918–1921. Berlin 2015, ISBN 978-3-902871-64-0.
- Ilija Trojanow: verwurzelt in Stein. Gedichte. Heidelberg 2017, ISBN 978-3-88423-575-1. (englisch, deutsch)
Herausgeberschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Grenzüberschreitende Literatur. Hannover 1992.
- Verse in Madrid. Madrid 1999.
- Ich schneide die Zeit aus. Hausach 2001.
- nachtspuren. Frankfurt am Main 2002.
- Nachbarnah. Hausach 2004.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über José F. A. Oliver im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Webpräsenz
- Website beim MIT
- Kurzbiografie
- Hausacher LeseLenz (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2023. Suche in Webarchiven) – von José F.A. Oliver gegründetes Literaturfestival
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jose F. A. Oliver neuer Präsident des deutschen PEN. In: ORF.at. 13. Oktober 2022, abgerufen am 13. Oktober 2022.
- ↑ Rücktritt des PEN-Präsidenten José F.A. Oliver [Pressemitteilung]. In: pen-deutschland.de. 2. September 2024, abgerufen am 3. September 2024.
- ↑ Marisa Siguan: José (Francisco Agüera) Oliver: Das andalusische Schwarzwalddorf als Möglichkeit. In: Thomas Borgard, Jörg Roche, Gesine Lenore Schiewer (Hrsg.): Tagungsakten zur ersten IFC-Konferenz 2014 (PDF; 1300 kB). LMU, München 2018, ISBN 978-3-95896-017-6, S. 70–79 (hier: 77).
- ↑ Konstantin Kountouroyanis: José F. A. Oliver – Ein Autor zwischen den Sprach-Grenzen - Lesung im Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren. In: prag-aktuell.cz, 7. April 2017.
- ↑ WortKlang 2014 mit Doppel U! Greiz - Gemeinsam Bunt. meinanzeiger, archiviert vom am 27. Mai 2015; abgerufen am 30. Juni 2014.
- ↑ Homepage des Leselenz Literaturfestivals. Ehemals im ; abgerufen am 8. Januar 2020. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Hausacher Leselenz. In: Neumayer Stiftung. Abgerufen am 8. Januar 2020.
- ↑ Wenn Schriftsteller mit Deutschlehrern Unterricht machen. In: youtube.com. BoschStiftung, 5. Dezember 2018, abgerufen am 8. Januar 2020.
- ↑ Lyrisches Schreiben im Deutschunterricht. In: lpz-stuttgart.de. Literaturpädagogisches Zentrum des Literaturhauses Stuttgart, archiviert vom am 9. August 2020; abgerufen am 8. Januar 2020.
- ↑ Stadt Hausach ernennt José F. A. Oliver zum Ehrenbürger. Abgerufen am 21. Juli 2021.
- ↑ Buchmarkt.de vom 26. November 2014: Basler Lyrikpreis für José Oliver, abgerufen am 30. November 2014.
- ↑ Laudatio von Bernd Auerochs.
- ↑ Stadt Köln Pressemitteilung vom 1. Juni 2021: Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln 2021, von Robert Baumanns, abgerufen am 1. Juni 2021
Personendaten | |
---|---|
NAME | Oliver, José F. A. |
ALTERNATIVNAMEN | Oliver, José Francisco Agüera |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Übersetzer |
GEBURTSDATUM | 20. Juli 1961 |
GEBURTSORT | Hausach |