Julian Schwarze

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Julian Schwarze (2021)

Julian Schwarze (geboren 1983 in Berlin) ist ein deutscher Politikwissenschaftler und Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Der für viele Jahre in der Friedrichshain-Kreuzberger Politik aktive Schwarze ist 2021 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. In der Grünen-Fraktion ist Schwarze als fachpolitischer Sprecher für die Themen Stadtentwicklung, Tourismus und Clubkultur zuständig.[1]

Ausbildung und Beruf

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Schwarze wurde 1983 in Berlin geboren. Er wuchs im heutigen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg auf und ging dort zur Schule.[2] Nach seinem Schulabschluss absolvierte er einen Zivildienst bei einem Blindenverein, bevor er ein Studium der Politikwissenschaft, Volkswirtschaft und Neuere Geschichte in Bonn und in Warschau aufnahm. Nach Abschluss seines Studiums war Schwarze in der Öffentlichkeitsarbeit für ein Berliner Unternehmen im Weiterbildungs- und Beratungsbereich für EU-Fördergelder tätig. Von 2014 bis 2021 war Schwarze als Mitarbeiter der grünen Abgeordneten Katrin Schmidberger tätig, die wiederum wohnungs- und mietenpolitischen Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus war.[3]

Seit 2010 engagiert sich Schwarze politisch auf Bezirksebene in Berlin. Zunächst als Bürgerdeputierter im Ausschuss für Personal, Haushalt und Investitionen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg. 2011 wurde Schwarze zum regulären Mitglied der BVV seines Bezirks gewählt und gehörte dem Bezirksparlament bis zu seiner Wahl in den Landtag im Jahr 2021 an.[2]

Von 2011 bis 2016 war er Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Ordnungsamt, sowie seit 2011 Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Von 2013 bis 2016 gehörte er dem Vorstand der BVV an.[2]

Seit seiner Wiederwahl 2016 war Schwarze stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für Wirtschaft und Ordnungsamt, Eingaben und Beschwerden. Als Fraktionssprecher führte Schwarze die Grünen-Fraktion zusammen mit Annika Gerold von 2016 bis 2021.[2]

2021 nominierte der Landesverband der Grünen anlässlich der Abgeordnetenhauswahl 2021 Schwarze für Platz 30 der Landesliste und der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg für ein Direktmandat im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg 6. Bei der Wahl gewann Schwarze sein Direktmandat mit 38,6 Prozent und zog direkt ins Abgeordnetenhaus ein.[4] Bei der Wiederholungswahl 2023 konnte er seinen Sitz im Abgeordnetenhaus verteidigen.[5]

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wählte ihn zum fachpolitischen Sprecher für Stadtentwicklung, Tourismus und Clubkultur.[1] Im Berliner Abgeordnetenhaus ist Schwarze Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, im Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Betriebe und im Ausschuss für Sport.[6]

Schwarze ist Vater zweier Kinder und wohnt mit seiner Familie im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.[2]

Politische Positionen

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Schwarze setzt sich für eine klimagerechte, gemeinwohlorientierte und soziale Stadtentwicklung ein.[1]

Tempelhofer Feld

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In der Debatte um das Tempelhofer Feld steht Schwarze auf der Seite der Bebauungsgegner. Die Frei- und Erholungsfläche sei wichtig für die Natur und das Stadtklima ist und sollte deswegen nicht leichtfertig dem Wohnungsbau geopfert werden.[7] Mit der Debatte um die Bebauung versuche der CDU-SPD-Senat, davon abzulenken, dass er mit dem Neubau und seiner Wohnungspolitik gescheitert sei. Berlin habe kein Flächen-, sondern ein Umsetzungsproblem.[8] Das Tempelhofer Feld sei als Bauland gar nicht notwendig. Schwarze verweist auf einen Entwurf des Stadtentwicklungsplans Wohnen, der Flächenpotenziale zum Neubau von 249.000 Wohnungen vorsehe – ohne das Tempelhofer Feld.[9]

Stadtautobahn A 100

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Die geplante Verlängerung der Stadtautobahn A 100 von Treptow mitten durch Friedrichshain bis zur Storkower Straße im Prenzlauer Berg lehnt Schwarze ab. Er hält sie „für verkehrspolitischen Unsinn und klimapolitischen Wahnsinn“. Gerade in dieser zentralen Lage gäbe es einen Mangel an Flächen für den sozialen Mietwohnungsbau, Grün-, Bildungs- und Sportflächen sowie für kulturelle Nutzung. Diese Nutzungen hätten viele Vorteile für große Bevölkerungsgruppen, die weit über den kleinen Anteil der Haushalte mit PKW in Berlin hinausgehen.[10]

Wohnungs- und Baupolitik

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Um den Mangel an bezahlbaren Wohnraum zu beenden, will Schwarze strenge Regeln für den Mietmarkt – mit Mietendeckel, kommunalem Vorkaufsrecht und kommunalisierten Wohnungen.[11] In der Debatte um die Enteignung großer Wohnungskonzerne im Rahmen des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen sprach er sich für den Volksentscheid und ein schnelles Umsetzungsgesetz aus.[12]

In der Debatte um die Bebauung des Molkenmarkts setzt sich Schwarze für bezahlbare Wohnungen durch landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein.[13] Er wendet sich gegen eine „Wiedergeburt früherer Bebauung“ und setzt stattdessen auf „eine ökologische und zukunftsweisende Quartiersentwicklung“.[14]

Insgesamt warf Schwarze dem CDU-SPD-Senat vor, im Koalitionsvertrag falsche Prioritäten zu setzen: Statt klimagerechter, sozialer und kooperativer Stadtentwicklung gäbe es hauptsächlich Beton.[15]

Die in Berlin geplanten Bauprojekte des österreichischen Signa-Konzerns sieht Schwarze skeptisch, weil Signa bis zuletzt ein spekulatives Geschäftsmodell verfolge, das keinen Mehrwert für die Stadt bringe, sondern nur auf Rendite abziele. „Signa kaufte Kaufhäuser nicht um dort Waren zu verkaufen, sondern um deren Immobilien und Grundstücke zu versilbern. Den Rest hat Signa auch schon vor dem eigenen Ende ohne Probleme viel zu oft in die Pleite rutschen lassen – mit schlimmen Folgen für die Beschäftigten und für die Stadtzentren“, kritisiert Schwarze.[16]

Als Sprecher für Stadtentwicklung seiner Fraktion setzt er sich für eine Bebauung vorrangig auf bereits versiegelten Flächen ein.[16] Zehntausende Wohnungen könnten auf eingeschossigen Supermärkten und deren Parkplätze entstehen.[16] Auch der Rückbau der Autobahnen A103 und A104 böten riesige Potenziale.[16]

Tourismuspolitik

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Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Tourismuspolitik. Der Tourismus schaffe zwar Arbeitsplätze und sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt, aber Berlin müsse ihn steuern und aktiv gestalten. Sonst verliere Berlin seine lebenswerten Kieze mit den vielen kulturellen Projekten, den kleinen Läden, den bunten Cafés und der vielfältigen Clubkultur. Statt neuer Besuchsrekorde und Ballermann brauche die Hauptstadt einen stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus. Schwarze setzt sich für eine berlinweite Steuerung von neuen Hotelstandorten ein. Neue Hotels müssten sich an der Stadtverträglichkeit und der Zahl bereits bestehender Betriebe orientieren. Bereits geplante Standorte gehören auf den Prüfstand. Denn viele Flächen könne Berlin sinnvoller nutzen – z. B. für neue Schulen oder Kitas.[17] Lange bevor die City Tax für Gewerbetreibende zum 1. April 2024 eingeführt wurde, setzte sich Schwarze für diese Regelung ein, um die Gerechtigkeitslücke zu schließen, dass „Tourist*innen in Berlin eine City-Tax bezahlen, Geschäftsreisende jedoch nicht“.[18]

Schwarze ist Mitinitiator und Gründungsmitglied des überfraktionellen Parlamentarischen Forums für Clubkultur, Kulturräume & Nachtleben im Berliner Abgeordnetenhaus.[19] Der Sprecher für Clubkultur seiner Fraktion will auch mit diesem Forum „die vielen einzigartigen Berliner Clubs und Kollektive als kulturelle Freiräume stärken und unterstützen.“ Ziel sei es, alle Möglichkeiten auf Landesebene nutzen, um Clubs vor Verdrängung durch steigende Mieten oder Bebauungen zu schützen.[20]

Commons: Julian Schwarze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Julian Schwarze. In: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. 4. November 2021, abgerufen am 20. Dezember 2022 (deutsch).
  2. a b c d e Julian Schwarze – Abgeordneter für Friedrichshain. Abgerufen am 20. Dezember 2022 (deutsch).
  3. Julian Schwarze: Über mich. In: julianschwarze.de. Abgerufen am 5. Oktober 2021.
  4. Niederschrift über die Feststellung des amtlichen Endergebnisses für die Wahl zum 19. Abgeordnetenhaus von Berlin. In: Der Landeswahlleiter. 14. Oktober 2021, abgerufen am 20. Dezember 2022.
  5. Gewählte Wiederholungswahl zum 19. Abgeordnetenhaus von Berlin am Sonntag, dem 12. Februar 2023 (Hauptwahl vom 26.09.2021) in Berlin. In: wahlen-berlin.de. 12. Februar 2023, abgerufen am 3. März 2023.
  6. Abgeordnetenhaus von Berlin - Julian Schwarze. Abgerufen am 20. Dezember 2022.
  7. Julian Schwarze: Freiheit für das Tempelhofer Feld. In: julianschwarze.de. Abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch)
  8. Christoph Reinhardt: Debatte um neuen Volksentscheid: Senat nimmt Randbebauung des Tempelhofer Felds wieder ins Visier In: www.rbb24.de. 24. Mai 2024, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  9. Daniel Böldt: Zukunft des Tempelhofer Feldes in Berlin: Opposition wirft Schwarz-Rot eine „Fake-Beteiligung“ vor In: Der Tagesspiegel. 23. Mai 2024, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  10. Julian Schwarze: A 100 stoppen – FAQ zur Verlängerung der Autobahn durch Friedrichshain In: https://julianschwarze.de/a100/. Abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  11. Julian Schwarze: Bezahlbares Wohnen – Mieter*innen schützen. In: julianschwarze.de. Abgerufen am 20. Juni 2024 (deutsch).
  12. Christian Latz: „Wir wollen keine neuen Einfamilienhäuser“: So planen die Berliner Grünen den Wohnungsbau, In: Der Tagesspiegel. 15. Januar 2023, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  13. Daniel Böldt/Julius Betschka: Pläne für historische Mitte Berlins: Opposition warnt vor Disneyland-Fassaden und Luxus-Mieten, In: Der Tagesspiegel. 28. August 2023, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  14. Julian Schwarze: Am Molkenmarkt droht ein weiteres Luxusquartier, In: Grüne Fraktion Berlin. 22. August 2023, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  15. Julian Schwarze auf dem Kurzmitteilungsdienst X (vormals Twitter) am 4. April 2023. Abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  16. a b c d Julian Schwarze: Zweieinhalb von fünf: ein kleines Update zur Mitte der Wahlperiode. In: https://julianschwarze.de/update/. Abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  17. Julian Schwarze: Stadtverträglicher Tourismus statt Ballermann In: julianschwarze.de. Abgerufen am 20. Juni 2024 (deutsch).
  18. Julian Schwarze: Zweieinhalb von fünf: ein kleines Update zur Mitte der Wahlperiode. In: https://julianschwarze.de/update/. Abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  19. Cedric Rehman: Dancehall-Koalition: Das plant die Politik für Berlins Clubkultur. In: Berliner Zeitung. 29. Mai 2023, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  20. Julian Schwarze: Gründung eines Parlamentarischen Forums für Clubkultur. In: Grüne Fraktion Berlin. 12. Mai 2023, abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).