Julius Weisbach

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Julius Weisbach
Hammerschänke Mittelschmiedeberg, Geburtshaus von Julius Ludwig Weisbach
Tafel am Geburtshaus von Weisbach
Weisbachs Grab in Freiberg
Weisbach-Denkmal auf dem Campus der TU Bergakademie Freiberg

Julius Ludwig Weisbach (* 10. August 1806 in Mittelschmiedeberg; † 24. Februar 1871 in Freiberg) war ein deutscher Mathematiker und Ingenieur. Er gilt als Begründer der neuen Markscheidekunst.

Weisbach wurde in der Mittelschmiedeberger Hammerschänke bei Annaberg als achtes Kind von Christian Gottlieb Weisbach (1764–1835) und Christiana Rebekka Stephan (1775–1850) geboren. Sein Vater war Schichtmeister der Hammerhütte Mittelschmiedeberg, seine Mutter entstammte einer Arnsfelder Tischlerfamilie. Weisbach wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und besuchte die Dorfschule. Sein Vater erkannte seine naturwissenschaftliche Begabung und ermöglichte ihm den Besuch des Annaberger Gymnasiums. Weisbach übersprang dort innerhalb eines Jahres zwei Klassen. Im Jahr 1820 setzte er seine Ausbildung an der Königlichen Bergschule in Freiberg fort. 1822 bis 1826 studierte Weisbach Mineralogie, Geologie, Mathematik, Physik, Maschinenlehre und praktischen Bergbau an der Bergakademie Freiberg. Er setzte sein Studium 1827 an der Georg-August-Universität Göttingen und in Wien fort. Zu seinen Lehrern zählten Bernhard Friedrich Thibaut (Göttingen) und Friedrich Mohs (Freiberg und Wien). Stellenweise wird auch Carl Friedrich Gauß in diesem Zusammenhang erwähnt,[1] ohne Nachweis, dass Weisbach tatsächlich Vorlesungen bei Gauß gehört hat.[2]

Weisbach erhielt 1830 ein Stipendium für eine bergmännische Studienreise durch Österreich und Ungarn. Ein Jahr später kehrte er nach Freiberg zurück und lehrte Mathematik am Gymnasium. Am 26. November 1833 heiratete er Marie Winkler (1807–1878). Die Bergakademie übertrug ihm 1833 den Lehrstuhl für angewandte Mathematik und Bergmaschinenlehre, 1836 wurde er zum Professor für angewandte Mathematik, Mechanik, Bergmaschinenlehre und allgemeine Markscheidekunst berufen. Später hielt er darüber hinaus Vorlesungen über Kristallographie, darstellende Geometrie und andere Gebiete. Er beherrschte mehrere Fremdsprachen.

Im Jahr 1844 wirkte Weisbach privat an der Auffahrung des Rothschönberger Stollns mit. Mit seinem Theodolit ergänzte und verfeinerte er maßgeblich die offiziellen Messarbeiten mit dem Hängezeug. 1845 arbeitete er an der Darcy-Weisbach-Gleichung mit.

Weisbach war an der europäischen Gradmessung beteiligt. Für die Vermessung des Königreiches Sachsen ab 1862 war er neben Christian August Nagel und Carl Christian Bruhns zu einem sächsischen Gradmessungskommissar ernannt worden. Er war vor allem für die hypsometrischen Arbeiten zuständig. Gemeinsam mit Nagel erkundete er Standorte für Beobachtungsstationen des Triangulationsnetzes. Ab 1864 war er arbeitsteilig mit allgemeinen Kommissionsaufgaben, der Vermessung der Großenhainer Basisgrundlinie inklusive einer Maßstabsvergleichung und dem Bau von Signalen betraut.[3]

Julius Weisbach erhielt zahlreiche Ehrungen, so 1856 den Titel Bergrat. Im Jahr 1859 wurde er zum Ehrendoktor für Philosophie an der Universität Leipzig ernannt und 1860 zum ersten Ehrenmitglied des Vereins Deutscher Ingenieure. Ab 1855 war er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg.[4] Sein Sohn, der Mineraloge Albin Julius Weisbach, wirkte ebenfalls viele Jahre als Professor an der Freiberger Bergakademie.

Julius Weisbach starb 1871 an einem Schlaganfall. Er wurde auf dem Donatsfriedhof in Freiberg beigesetzt.

Weisbach erwarb sich vielfältige Verdienste insbesondere auf dem Gebiet des Markscheidewesens und des Bergmaschinenbaus. Er gilt als Begründer der neuen oder Visier-Markscheidekunst, bei der die Messung mit Theodolit und Nivelliergerät althergebrachte Messtechniken mit dem Hängezeug ersetzte. Seine Lehrtätigkeit fiel in die Zeit der Industriellen Revolution, die sich im Bergbau insbesondere im Durchbruch des Einsatzes von Dampfmaschinen äußerte. Weisbachs Bergmaschinenlehre verknüpfte den neuen Ansprüchen der Zeit folgend die Maschinenkunde mit der Mathematik und Mechanik. Mit seiner Schrift Die monodimetrische und anisometrische Projectionsmethode gehört Weisbach zu den Begründern der orthogonalen Axonometrie. Bei Arbeiten an einem geodätischen Problem entwickelte Weisbach 1840 die orthogonale Regression. Sein Lehrbuch der Ingenieur- und Maschinen-Mechanik von 1846 galt – auch international[5] – als Standardwerk im Ingenieurwesen. Weisbachs Lehrtätigkeit war durch eine enge Verbindung von Theorie und Praxis gekennzeichnet.

Nach ihm sind Weisbachstraßen in Berlin, Dortmund, Frankfurt/Main und Freiberg benannt. Im Jahr 1994 wurde an seinem Geburtshaus in Mittelschmiedeberg eine Gedenktafel angebracht. 2002 gründete sich der Freundeskreis Julius Weisbach, eine Vereinigung von Familienangehörigen des Wissenschaftlers.

Das berufliche Schulzentrum für Technik und Wirtschaft „Julius Weisbach“ in Freiberg wurde nach ihm benannt.[6]

Julius-Weisbach-Preis

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die TU Bergakademie Freiberg vergibt pro Semester den Julius-Weisbach-Preis an Professoren, Hochschuldozenten, wissenschaftliche Assistenten, Oberassistenten, Oberingenieure, Lehrkräfte für besondere Aufgaben und wissenschaftliche Mitarbeiter für beispielhafte Leistungen in der Lehre.

  • Handbuch der Bergmaschinenmechanik (zwei Bände), Weidmann, Leipzig 1835/1836.
  • Lehrbuch der Ingenieur- und Maschinen-Mechanik, Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1846–1868.
  • Der Ingenieur. Sammlung von Tafeln, Formeln und Regeln. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig. 1. Auflage. 1848; archive.org. 5. Auflage. 1868; archive.org.
  • Die neue Markscheidekunst und ihre Anwendung auf die Anlage des Rothschönberger Stollns bei Freiberg. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1851.
  • Die Experimental-Hydraulik. Eine Anleitung zur Ausführung hydraulischer Versuche im Kleinen, nebst Beschreibung der hierzu nöthigen Apparate. J. G. Engelhardt, Freiberg 1855; archive.org.
  • Die monodimetrische und anisometrische Projectionsmethode. In: Polytechnische Mitteilungen von Volz und Karmarsch. Band 1. Tübingen 1844, S. 125–136
  • Anleitung zum axonometrischen Zeichnen. J. G. Engelhardt, Freiberg 1857.
  • Vorträge über mathematische Geographie, gehalten an der königlich sächsischen Bergakademie zu Freiberg. J. G. Engelhardt, Freiberg 1878 (edoc.hu-berlin.de).
  • Carl Schiffner: Aus dem Leben alter Freiberger Bergstudenten. E. Maukisch, Freiberg 1935, S. 80–83.
  • Werner Beck: Julius Weisbach. Gedenkschrift zu seinem 150. Geburtstag. In: Freiberger Forschungshefte (= D: Kultur und Technik. Band 16). Akademie, 1956, DNB 455432139, ZDB-ID 127806-X, S. 39–43 (Digitalisat).
  • Wilhelm Schmid: Julius Weisbach als Mathematiker. In: Freiberger Forschungshefte. Akademie, Berlin 1956.
  • Gerd Grabow: Zum 200. Geburtstag von Julius Weisbach. Sein Lebensweg als Lehrer und Forscher der Montanwissenschaften an der Bergakademie Freiberg. In: Bergknappe. Nr. 109. Davos Oktober 2006, S. 22–23 (silberberg-davos.ch [PDF; abgerufen am 17. Oktober 2012]).
  • Gerd Grabow: Die Weisbach-Sammlung. In: Bergknappe. Nr. 109. Davos Oktober 2006, S. 25–29 (silberberg-davos.ch [PDF; abgerufen am 17. Oktober 2012]).
  • Wilhelm von GümbelWeisbach, Albin Julius [sic]. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 522 f.
  • Norman Pohl: Weisbach, Julius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 27, Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-11208-1, S. 659 f. (Digitalisat).
  • Wolfgang Küchler: Julius Ludwig Weisbach (1806–1871); vom Hüttenjungen zum Gelehrten. In: Erzgebirgische Heimatblätter. Band 16, Nr. 1, 1994, S. 8–10.
  • Karl-Eugen Kurrer: Julius Weisbachs ‚Lehrbuch der Ingenieur- und Maschinen-Mechanik‘ im Goldenen Schnitt der Beiträge Gerstners und Föppls. Gedenkschrift zu seinem 200. Geburtstag. In: Meinhard Kuna (Hrsg.): Freiberger Forschungshefte. Freiberger Forschungsforum, 57. Berg- und Hüttenmännischer Tag. D 222. TU Bergakademie, Freiberg 2006, ISBN 3-86012-278-9, S. 25–67.
  • Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Ernst & Sohn, 2018, ISBN 978-3-433-03229-9, S. 161 ff., 174 ff., S. 181 f., S. 188 ff., S. 545 ff., S. 549 f. und S. 1078 (Biografie).
  • Norman Pohl: Julius L. Weisbach (1806–1871). Gedenkschrift zu seinem 200. Geburtstag. In: Meinhard Kuna (Hrsg.): Freiberger Forschungshefte. Freiberger Forschungsforum, 57. Berg- und Hüttenmännischer Tag. D 222. TU Bergakademie, Freiberg 2006, ISBN 3-86012-278-9.
  • Bernd Schreiter: Julius Weisbach – Mathematiker, Markscheider und Maschinenkundler (= Weisbachiana – Hefte für Bergbau, Hüttenwesen und Genealogie. Nr. 1). Bernd Schreiter, Arnsfeld 2005 (mit Ahnenliste).
Commons: Julius Weisbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. H. Undeutsch (Hrsg.): Zum Gedächtnis an Oberbergrat Professor Dr. h.c. Julius Ludwig Weisbach anläßlich seiner hundertjährigen Geburtstagsfeier. Freiberg 1906
  2. Elias Wegert, Udo Hebisch, Werner Lyska: Julius Weisbach als Wegbereiter der angewandten Mathematik. (PDF; 2,1 MB) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Dezember 2013; abgerufen am 17. Oktober 2012.
  3. Karl-Heinz Löbel: Julius Ludwig Weisbach. In: Interessengemeinschaft Nagelsche Säulen und Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen (Hrsg.): Historische Vermessungssäulen in Sachsen – eine Spurensuche. Schütze-Engler-Weber, Dresden 2012, ISBN 978-3-936203-18-9, S. 17–21.
  4. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Julius Weisbach. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 10. August 2015 (englisch).
  5. Digitalisat Principles of the mechanics of machinery and engineering (1849)
  6. Berufliches Schulzentrum für Technik und Wirtschaft. Abgerufen am 23. Januar 2020.