Kältemischung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Kältemischung werden Mischungen von Stoffen bezeichnet, die – für eine gewisse Zeit nach dem Anmischen – zum Entziehen von Wärme dienen können. Für diesen Zweck sind, je nach gewünschter Zieltemperatur, unterschiedliche Substanzen und Mischungen bekannt.

Die Wirkung der Kältemischung nutzt zwei Effekte:

Im Unterschied zu Kältemitteln sind die meisten Kältemischungen in getrennter Form ohne Druckbehälter lagerbar. Daher werden Kältemischungen häufig dann verwendet, wenn ohne Kältemaschine mit einfachen Mitteln tiefe Temperaturen erzeugt und kurzzeitig gehalten werden sollen (z. B. in Kältepacks).

Als Kältemittel und Verfahren zur mechanischen Herstellung von Kälte noch unbekannt waren, vor 1860 also, verwendete man Kältemischungen, um Kälte künstlich herzustellen.[1]

Arten von Kältemischungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zusammensetzung Min. Temperatur (°C)[2]
100 g Wasser + 100 g Eis 0
100 g Wasser + 75 g NaNO3 −5,3
100 g Wasser + 140 g KI −12
100 g Wasser + 133 g NH4SCN −18
100 g Eis + 33 g NaCl −21
100 g Eis + 143 g CaCl2 · 6 H2O −50
Ethanol + CO2 (fest) −72
Diethylether + CO2 (fest) −77
Aceton + N2 (flüssig) −94

Beim Mischen von Salzen mit Wasser werden die endothermen Wärmeeffekte beim Lösen von Stoffen zur Kühlung genutzt. Die Temperaturänderung beim Lösen ergibt sich aus der Summe der Energie, die zum Lösen des Ionengitters der Salze erforderlich ist, und der Hydratationsenergie, die beim Lösen freigesetzt wird: Ist die Gitterenergie größer als die Hydratationsenergie, kühlt sich die Lösung ab und das Gemisch kann Wärme aus der Umgebung aufnehmen.

Mit Kältemischungen aus Kochsalz und Eis können Temperaturen bis zu −21 °C erreicht werden.

Niedrigere Temperaturen werden mit Kältemischungen aus Wassereis und anderen Salzhydraten erreicht. Wie im nebenstehenden Beispiel bei Verwendung von Calciumchlorid-Hexahydrat (CaCl2 · 6 H2O) sind bis −50 °C möglich.

Siehe auch Sole (Kältetechnik).

Trockeneis (d. h. gefrorenes CO2) sublimiert und entzieht die nötige Sublimationsenthalpie der Lösung, sodass sich die Kältemischung abkühlt. Kältemischungen mit Trockeneis können Temperaturen bis zu −78 °C erreichen, der Sublimationstemperatur des Trockeneises: in Ethanol bis −72 °C, in Diethylether bis −77 °C und in Chloroform bis −77 °C.[2]

Ole Rømer (1644–1710) nutzte den Gefrierpunkt einer Salzlake als Fixpunkt seiner 1701 entwickelten Temperaturskala. Daniel Fahrenheit verwendete daraufhin als Nullpunkt seiner 1708 vorgeschlagenen Skala die tiefste Temperatur, die er mit einer Mischung aus Eis, Wasser und Salmiak (= Ammoniumchlorid) oder Seesalz erzeugen konnte: −17,8 °C. Durch die Entdeckung der Gefrierpunktserniedrigung durch Charles Blagden (1748–1820) war bekannt, dass diese linear mit der Salzkonzentration zunahm.[3] In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden Kältemischungen aus Schnee und Säuren, beispielsweise verdünnter Salpetersäure, hergestellt. Der Apotheker Richard Walker berichtete 1788 über verschiedene Kältemischungen.[4] Er konnte auch im Sommer Quecksilber (Schmelzpunkt −38,83 °C) zum Erstarren bringen.[3] Tobias Lowitz (1757–1804) erzielte mit Hilfe von Mischungen von kristallwasserhaltigem Calciumchlorid („salzsauer Kalk“) und Schnee Temperaturen bis zu −50 °C.[5] 1796 berichtete er über seine Versuche vom Winter 1792/1793: mit einer seiner Kältemischungen konnte er in einem geheizten Zimmer zwölf Pfund Quecksilber zum Erstarren bringen, mit Calciumchlorid und Schnee 35 Pfund Quecksilber.[6] 1819 war schon eine umfangreiche Liste von Kältemischungen bekannt.[3]

  • Heinz G. O. Becker, Werner Berger und Günter Domschke: Organikum. 22. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim 2004, ISBN 978-3-527-31148-4. S. 16

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Ferdinand Fischer: Über die Herstellung von Eis. In: Polytechnisches Journal. 224, 1877, S. 165–174.
  2. a b Eintrag zu Kältemischungen. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Januar 2015.
  3. a b c Abraham Rees: Freezing. In: The Cyclopaedia; Or, Universal Dictionary of Arts, Sciences and Literature. Band 15. Longman, Hurst, Rees, Orme & Brown, London 1819, Freezing Mixtures (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 5. Juni 2018]).
  4. Richard Walker: Experiments on the Production of Artificial Cold. By Mr. Richard Walker, Apothecary to the Radcliffe Infirmary at Oxford. In a Letter to Henry Cavendish, Esq. F.R.S. and A.S. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Band 78, 1. Januar 1788, ISSN 0261-0523, S. 395–402, doi:10.1098/rstl.1788.0027 (royalsocietypublishing.org [abgerufen am 30. April 2017]).
  5. Claus Priesner: Lowitz, Tobias. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 259–261 (Digitalisat).
  6. Tobias Lowitz: Versuche über die Hervorbringung von künstlicher Kälte. In: Lorenz von Crell (Hrsg.): Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen. Band 1, Nr. 1. C. G. Fleckeisen, 1796, S. 529–539 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).