Kantonsrat (Zug)

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Der Kantonsrat Zug ist das Parlament des Kantons Zug. Er tagt im Kantonsratssaal im Regierungsgebäude in Zug[1] und ist die gesetzgebende und oberste aufsichtführende Behörde des Kantons. Seine 80 Mitglieder werden, verteilt auf elf Wahlkreise, nach Proporzverfahren für vier Jahre gewählt, wobei das biproportionale Sitzzuteilungsverfahren nach Pukelsheim zur Anwendung kommt.[2] Der Kantonsrat erlässt alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen in Form von Gesetzen. Er tagt in der Regel einmal im Monat an einem Donnerstag. Die letzten Gesamterneuerungswahlen fanden am 2. Oktober 2022 statt.

Grundsätzliche Vorgaben zum Kantonsrat finden sich in der Zuger Kantonsverfassung in den Paragrafen 38 bis 44.[3]

Die 80 Mitglieder des Kantonsrats werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt. Der Rat übt unter Vorbehalt der Volksrechte die oberste Gewalt aus. Er beschliesst Gesetze und führt Aufsicht über die staatlichen Organe des Kantons, also Regierungsrat, Gerichte und sonstige Behörden. Soweit es nicht in die Zuständigkeit des Regierungsrats fällt, genehmigt oder kündigt der Kantonsrat internationale und interkantonale Verträge.

Haushaltsentwürfe und -abschlüsse von Seiten des Regierungsrates werden durch den Kantonsrat genehmigt oder verworfen. Gegen Neuausgaben einmaliger Art von mehr als 500'000 Franken oder wiederkehrender Art über 50'000 Franken kann vom Volk ein Referendum erzwungen werden, wenn innerhalb von 60 Tagen nach Veröffentlichung des Beschlusses 1500 Stimmberechtigte eine Volksabstimmung verlangen (fakultatives Finanzreferendum).

Das Büro des Kantonsrates besteht zunächst aus dem Präsidenten und einem Vizepräsidenten; sie werden in einer geheimen Wahl durch den Kantonsrat für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Des Weiteren gehören zum Ratsbüro zwei Stimmenzähler. Auch sie werden durch den Kantonsrat für zwei Jahre gewählt. Zudem werden zwei stellvertretende Stimmenzähler gewählt, welche jedoch nicht Mitglieder des Ratsbüros sind. Das Büro wird durch den Landschreiber und dessen Stellvertreter komplettiert. Beide werden für vier Jahre gewählt und dürfen weder dem Kantons- noch dem Regierungsrat noch einem Gericht angehören.[4]

Parteien – Wahlergebnisse seit 1894

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Wahlen zum Kantonsrat vom 2. Oktober 2022
Wahlbeteiligung: 44,0 %
 %
30
20
10
0
24,0
21,9
21,6
13,9
10,2
7,5
0,9
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2018
 %p
   4
   2
   0
  −2
  −4
−1,6
+1,0
−0,8
+0,6
−1,7
+2,2
+0,3
10
1
8
6
19
18
18
10 19 18 18 
Insgesamt 80 Sitze

Der Kantonsrat (bis 1873 Grosser Rat) wurde 1848 nach der Kapitulation der konservativen Regierung im Sonderbundskrieg und der Annahme der neuen Verfassung zur Legislative des Kantons Zug. Die 1848 gewählte liberale Mehrheit ging 1850 jedoch wieder verloren. Nach einer Phase der politischen Annäherung und Zusammenarbeit der Gemässigten beider Lager ab Ende der 1850er Jahre errangen die Konservativen 1870 im Kulturkampf eine erneute Mehrheit, die mit Ausnahme von 1946–1950 bis 1982 Bestand haben sollte.[5] Seit 1894 wird im Proporzwahlverfahren gewählt.

Die Konservative Partei wurde 1885 formell gegründet und hiess von 1912 bis 1950 Konservative Volks- und Arbeiterpartei, 1950 bis 1971 Konservativ-christlichsoziale Volkspartei und seit 1971 Christlichdemokratische Volkspartei. Die ab 1870 gegründeten liberalen Vereine schlossen sich 1894 der bundesweiten Freisinnig-Demokratischen Partei (seit 2009 FDP.Die Liberalen) an. Der zunächst den Liberalen nahestehende, 1889 gegründete Kantonalverband zugerischer Grütlivereine trat seit 1894 als Arbeiterpartei mit eigenen Listen an. 1902 erfolgte der Beitritt zur Sozialdemokratischen Partei der Schweiz.[5][6]

Die 1991 gegründete Zuger Sektion der Schweizerischen Volkspartei erreicht seit 2002 etwa gleich hohe Wähleranteile wie die beiden anderen bürgerlichen Parteien. Im linken Spektrum sind 2005 die Grün-Alternativen aus der Fusion verschiedener links-grüner Gruppierungen entstanden.

Bei den Wahlen von 1894 bis 2022 erreichten die angetretenen Parteien folgende Sitzzahlen:[7][6][5][8][9][10][11]

Paragraf 21 der Kantonsverfassung schreibt vor, dass Mitglieder des Regierungsrats und der Justiz nicht Mitglieder des Kantonsrats sein können. Auch Angehörige der kantonalen Verwaltung, die dem Regierungsrat oder einem seiner Mitglieder direkt unterstellt sind, können nicht im Kantonsrat Einsitz nehmen.

Anzahl und Verteilung auf die Wahlkreise

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Gemäss Paragraf 38, Abs. 3 der Kantonsverfassung bilden die Einwohnergemeinden des Kantons Zug die Wahlkreise für die Kantonsratswahlen.[12] Damit ergeben sich elf Wahlkreise. Die 80 Volksvertreter sind für die Wahlen 2022 wie folgt verteilt:

Nr. Wahlkreis Einwohnerzahl per 31.12.2020 Anzahl Vertreter
(± zu 2018)
01 Gemeinde Zug 30'934 19
02 Gemeinde Oberägeri 6'382 4
03 Gemeinde Unterägeri 8'972 6
04 Gemeinde Menzingen 4'540 3
05 Gemeinde Baar 24'686 15
06 Gemeinde Cham 17'042 11 (+1)
07 Gemeinde Hünenberg 8'768 5 (−1)
08 Gemeinde Steinhausen 10'198 6
09 Gemeinde Risch 11'212 7
10 Gemeinde Walchwil 3'820 2
11 Gemeinde Neuheim 2'240 2

Gemäss Paragraf 4 des Gesetzes über die Entschädigung der nebenamtlichen Behördenmitglieder erhält das Kantonsratspräsidium 307 und die Mitglieder 184 Franken pro halben Sitzungstag vergütet.[13]

Für Sitzungen der kantonsrätlichen Kommissionen erhalten das Präsidium und die Mitglieder 104 Franken für die ersten zwei Stunden sowie 26 Franken pro weitere halbe Stunde vergütet.

Im Februar 2023 reichten Heinz Achermann, Michael Felber, Adrian Moos, Mario Reinschmidt und Ronahi Yener eine Motion „betreffend angepasste und vereinfachte finanzielle Rahmenbedingungen für Mitglieder des Zuger Kantonsrats“ ein, die deutlich höhere Vergütungen für die Fraktionen und die Mitglieder fordert. Am 1. Dezember 2023 wurde die Motion vom Kantonsrat teilerheblich erklärt.[14] Die Vernehmlassung des daraufhin ausgearbeiteten Vorschlages der Regierung lief bis zum 13. September 2024.[15]

Liste der Mitglieder

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Im Zuger Personen- und Ämterverzeichnis lassen sich aktuelle und ehemalige Amtsträger finden, darunter auch die Mitglieder des Zuger Kantonsrates.[16]

Stand per 26. September 2019:[17]

Name Partei Wahlkreis Jahrgang Funktion
Heinz Achermann Die Mitte Hünenberg Mitglied
Drin Alaj SP Cham 1990 Mitglied
Pirmin Andermatt Die Mitte Baar 1966 Mitglied
Urs Andermatt FDP Baar 1969 Mitglied
Michael Arnold FDP Baar 1987 Mitglied
Kurt Balmer Die Mitte Risch Mitglied
Monika Barmet-Schelbert Die Mitte Menzingen 1961 Kantonsratspräsidentin
Hans Baumgartner Die Mitte Cham 1959 Mitglied
Anna Bieri Die Mitte Hünenberg 1985 Mitglied
Manuel Brandenberg SVP Zug 1972 Fraktionschef SVP
Philipp C. Brunner SVP Zug 1955 Mitglied
Laura Dittli Die Mitte Oberägeri 1991 Mitglied
Zari Dzaferi SP Baar 1985 Mitglied
Ivo Egger ALG Baar 1984 Mitglied
Benny Elsener Die Mitte Zug Mitglied
Luzian Franzini ALG Zug 1996 Mitglied
Thomas Gander FDP Cham 1984 Mitglied
Alois Gössi SP Baar 1959 Fraktionschef SP
Barbara Gysel SP Zug 1977 Mitglied
Esther Haas ALG Cham 1956 Kantonsrats-Vizepräsidentin
Barbara Häseli Die Mitte Baar 1980 Mitglied
Andreas Hausheer Die Mitte Steinhausen 1973 Mitglied
Mariann Hess ALG Unterägeri 1960 Mitglied
Rita Hofer ALG Hünenberg 1963 Mitglied
Andreas Hürlimann ALG Steinhausen 1982 Mitglied
Beat Iten SP Unterägeri 1958 Mitglied
Patrick Iten Die Mitte Oberägeri 1975 Mitglied
Fabio Iten Die Mitte Unterägeri Fraktionschef Die Mitte
Manuela Käch Die Mitte Cham 1975 Mitglied
René Kryenbühl SVP Oberägeri 1966 Mitglied
Hans Küng SVP Baar 1990 Mitglied
Manuela Leemann Die Mitte Zug 1981 Mitglied
Rainer Leemann FDP Zug 1985 Mitglied
Peter Letter FDP Oberägeri 1970 Mitglied
Isabel Liniger SP Baar 1995 Mitglied
Andreas Lustenberger ALG Baar 1986 Mitglied
Thomas Magnusson FDP Menzingen Mitglied
Thomas Meierhans Die Mitte Steinhausen 1963 Mitglied
Stefan Moos FDP Zug Mitglied
Adrian Moos FDP Zug Mitglied
Jean-Luc Mösch Die Mitte Cham 1966 Mitglied
Petra Muheim Quick FDP Cham 1969 Mitglied
Karl Nussbaumer SVP Menzingen 1964 stv. Stimmenzähler
Anastas Odermatt ALG Steinhausen 1985 Fraktionschef ALG
Marc Reichmuth SVP Steinhausen Mitglied
Mario Reinschmidt FDP Steinhausen Mitglied
Michael Riboni SVP Baar 1984 Mitglied
Silvan Renggli Die Mitte Hagendorn 1972 Mitglied
Beni Riedi SVP Baar 1988 Mitglied
Adrian Risi SVP Zug 1962 Mitglied
Flavio Roos SVP Risch 1970 Mitglied
Richard Rüegg Die Mitte Zug 1960 Mitglied
Peter Rust Die Mitte Walchwil Mitglied
Ralph Ryser SVP Unterägeri 1964 Stimmenzähler
Heini Schmid Die Mitte Baar 1961 Mitglied
Steffen Schneider FDP Risch Mitglied
Hanni Schriber-Neiger ALG Risch 1959 Mitglied
Hubert Schuler SP Hünenberg 1957 Mitglied
Emil Schweizer SVP Neuheim 1964 Mitglied
Markus Simmen Die Mitte Neuheim Mitglied
Rupan Sivaganesan SP Zug 1981 Mitglied
Claus Soltermann GLP Cham 1955 Mitglied
Anna Spescha SP Zug Mitglied
Markus Spörri FDP Unterägeri stv. Stimmenzähler
Daniel Stadlin GLP Zug 1954 Mitglied
Cornelia Stocker FDP Zug 1963 Mitglied
Rainer Suter SVP Cham 1968 Mitglied
Guido Suter SP Walchwil 1961 Mitglied
Karen Umbach FDP Zug 1961 Fraktionschefin FDP
Beat Unternährer FDP Hünenberg 1962 Mitglied
Thomas Villiger SVP Hünenberg 1978 Mitglied
Stéphanie Vuichard ALG Zug Mitglied
Oliver Wandfluh SVP Baar 1969 Mitglied
Brigitte Wenzin Widmer SVP Cham 1969 Mitglied
Matthias Werder SVP Risch 1980 Mitglied
Thomas Werner SVP Unterägeri 1972 Mitglied
Roger Wiederkehr Die Mitte Risch 1966 Mitglied
Helene Zimmermann FDP Risch Stimmenzählerin
Martin Zimmermann GLP Baar 1978 Mitglied
Tabea Zimmermann Gibson ALG Zug 1970 Mitglied
Nicole Zweifel GLP Zug 1974 Mitglied

Am 27. September 2001 wurde während einer Sitzung des Kantonsrates im Zuger Parlamentsgebäude ein Attentat verübt. Der Attentäter Friedrich Leibacher erschoss dabei 14 Politiker, darunter drei Regierungsräte sowie den Kantonsratspräsidenten, und nahm sich darauf selbst das Leben.

Einzelnachweise

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  1. Erwähnung auf dem Internetauftritt von nike-kultur
  2. Resultate Gesamterneuerungswahlen 2014
  3. admin.ch Verfassung des Kantons Zug
  4. § 21 der Zuger Kantonsverfassung
  5. a b c Renato Morosoli: Zug (Kanton) - Der Staat im 19. und 20. Jahrhundert. Historisches Lexikon der Schweiz, 24. September 2019, abgerufen am 18. März 2021.
  6. a b 100 Jahre SP – Die Sozialdemokratische Partei im Kanton Zug von ihren Anfängen bis 1988. Sozialdemokratische Partei des Kantons Zug, abgerufen am 18. März 2021.
  7. Kanton Zug: nationale und kantonale Wahlen seit 1919. Bundesamt für Statistik, 8. Oktober 2018, abgerufen am 15. April 2020.
  8. Oberländer Tagblatt, Band 46, Nummer 282, 1. Dezember 1922. Abgerufen am 18. März 2021.
  9. Der Bund, Band 77, Nummer 511, 30. November 1926. Abgerufen am 18. März 2021.
  10. Der Bund, Band 81, Nummer 549, 24. November 1930 Ausgabe 02. Abgerufen am 18. März 2021.
  11. Der Bund, Band 85, Nummer 553, 26. November 1934 Ausgabe 02. Abgerufen am 18. März 2021.
  12. § 38 der Zuger Kantonsverfassung
  13. Gesetz über die Entschädigung der nebenamtlichen Behördenmitglieder des Kantons Zug
  14. Geschäftsverzeichnis - Kanton Zug. Abgerufen am 15. September 2024.
  15. Teilrevision des Gesetzes über die Entschädigung der nebenamtlichen Behördenmitglieder (Nebenamtsgesetz) vom 27. Januar 1994 (BGS 154.25) sowie zur Teilrevision des Kantonsratsbeschlusses über die Entschädigung der Fraktionen des Kantonsrates vom 21. Oktober 1976 (BGS 141.2). Abgerufen am 15. September 2024.
  16. Zuger Personen- und Ämterverzeichnis. Abgerufen am 15. September 2024.
  17. Ratsmitglieder. Abgerufen am 22. April 2019.