Kapitalismus als Religion
Kapitalismus als Religion ist ein vielfach rezipiertes Fragment des deutschen Philosophen Walter Benjamin aus dem Jahr 1921. Es blieb zu Lebzeiten unveröffentlicht. Benjamins Ansatz wird vor allem im Zuge von Religions- und Sozialkritik oder der Schulbildung rezipiert,[1] dennoch wird der Kapitalismus selten in einer Systematik von Weltreligionen berücksichtigt - wohl gerade wegen den von Benjamin beschriebenen Mängeln.
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Benjamin beginnt: „Im Kapitalismus ist eine Religion zu erblicken, d. h. der Kapitalismus dient essentiell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die sogenannten Religionen Antwort gaben“.[2] Er benennt dann vier Merkmale. Zum einen sei der Kapitalismus „eine reine Kultreligion, vielleicht die extremste, die es je gegeben hat“, er kenne „keine spezielle Dogmatik, keine Theologie“. Das zweite Merkmal ist die „permanente Dauer des Kultes“.
Drittens sei der Kapitalismus „verschuldend“, „vermutlich der erste Fall eines nicht entsühnenden (…) Kultes“. Diesem Merkmal widmet Benjamin längere Ausführungen. Sie gipfeln in der Beschreibung, „daß Religion nicht mehr Reform des Seins, sondern dessen Zertrümmerung ist. Die Ausweitung der Verzweiflung zum religiösen Weltzustand (…)“. Der Kult werde universal gemacht, um „endlich und vor allem den Gott selbst in diese Schuld einzubegreifen.“ Das vierte Merkmal sei, „daß ihr Gott verheimlicht werden muss“.
In zwei folgenden kürzeren Abschnitten setzt Benjamin die Freudsche Theorie, im Besonderen die Philosophie Nietzsches und einen zentralen Gedanken Marx’ in Bezug zu seiner Analyse.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dirk Baecker (Hrsg.): Kapitalismus als Religion. Kadmos, Berlin 2003, ISBN 3-931659-27-5.
- Wolfgang Schluchter, Friedrich Wilhelm Graf (Hrsg.): Asketischer Protestantismus und der „Geist“ des modernen Kapitalismus. Max Weber und Ernst Troeltsch. Mohr Siebeck, Tübingen 2005, ISBN 978-3-16-148546-6.
- Dario Gentili, Mauro Ponzi, Elettra Stimilli (Hrsg.): Il culto del capitale. Walter Benjamin, capitalismo e religione, Quodlibet, Macerata 2014, ISBN 978-88-7462-629-8.
- Jörg Dierken: Gott und Geld. Ähnlichkeit im Widerstreit. Mohr Siebeck, Tübingen 2017, ISBN 978-3-16-155452-0.
- Kuno Füssel, Michael Ramminger (Hrsg.): Kapitalismus: Kult einer tödlichen Verschuldung; Walter Benjamins prophetisches Erbe. Edition ITP-Kompass, Münster 2021, ISBN 978-3-9819845-8-3
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Walter Benjamin: Kapitalismus als Religion.
- Bernhard Kathan: Texturen totalitärer Herrschaft VII. Am Beispiel von Walter Benjamins Fragment „Kapitalismus als Religion“.
- Wolfgang Palaver: Kapitalismus als Religion. Sekundärtext, 2002
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wiegard, Jesaja Michael: Die fremde Welt der Bibel. Ein Gespräch mit Thomas Ruster. In: Visionen des Anfangs. Books on Demand, 2004, ISBN 3-8334-1092-2, S. 115–124.
- ↑ ebenso alle weiteren Zitatstellen: Walter Benjamin: Kapitalismus als Religion ( des vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 30. April 2021; des Weiteren in: Gesammelte Werke Band VI, Fragmente, Frankfurt 1986, S. 100–103