Kappadokischer Kalender

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Karte des Achämenidenreiches um 500 v. u. Z. von William Robert Shepherd (1923)

Der kappadokische Kalender war ein Sonnenkalender, der vom persischen zoroastrischen Kalender abgeleitet war. Er ist nach der historischen Region Kappadokien in der heutigen Türkei benannt, wo er verwendet wurde. Der Kalender mit 12 Monaten zu je 30 Tagen und fünf epagomenalen Tagen entstand zwischen 550 und 330 v. u. Z., als Kappadokien Teil des persischen Achämenidenreiches war. Der kappadokische Kalender war mit dem zoroastrischen Kalender identisch; dies zeigt sich in seiner Struktur, in den avestischen Namen und in der Reihenfolge der Monate. Der kappadokische Kalender spiegelt den iranischen Kultureinfluss in der Region wider. Der Kalender ist bereits in der Spätantike durch die Berichte griechischer Astronomen überliefert und war zu diesem Zeitpunkt bereits an den Julianischen Kalender angepasst worden.

Der kappadokische Kalender wurde offensichtlich zu einer Zeit entwickelt, als Kappadokien, eine historische Region in der heutigen Türkei, eine Provinz (Satrapie) des Achämenidenreichs war.[1][2][3][4] Der Kalender ist nach der Region benannt, in der er verwendet wurde; über sein genaues Anfangsdatum besteht keine Einigkeit. Dem Historiker Josef Marquart zufolge begann der Kalender 490 v. u. Z., dem Philologen Jacques Duchesne-Guillemin zufolge zwischen 490 und 480 v. u. Z.[5] Es handelt sich um einen Sonnenkalender mit 360 Tagen, die in 12 Monate unterteilt waren, auf die fünf epagomenale Tage folgten.[3][2][5]

Der Kalender war praktisch eine Nachahmung des zoroastrischen Kalenders;[5][2][3] da die Perser zu dieser Zeit die dominierende politische Gruppe in Kappadokien waren, wurde er zum wichtigsten Kalender der Region und überlebte als solcher im Königreich Kappadokien.[6] Obwohl der Lauf der Zeit und lokale Dialektunterschiede zu geringfügigen Unterschieden in der Schreibweise führten, sind die Monatsnamen des kappadokischen Kalenders fast identisch mit denen des zoroastrischen (avestischen) Kalenders.[6] Die Perser in Kappadokien sprachen Westiranisch; daher sind die kappadokischen Monatsnamen in einigen Aspekten sprachlich näher an der mittelpersischen (Pahlavi) als an der avestischen Schreibweise.[6] Die kappadokischen Formen sind jedoch archaischer und stehen in dieser Hinsicht den avestischen Formen näher.[6]

Der kappadokische Kalender zeugt von den lang anhaltenden iranischen kulturellen und religiösen Einflüssen auf Kappadokien.[2] Der Iranologin Mary Boyce zufolge wurde der kappadokische Kalender zusammen mit dem mittelpersischen, parthischen, sogdischen, khwarazmischen, baktrischen und altarmenischen Kalender vom achämenischen Staatskalender abgeleitet, den die Perser in der frühen achämenidischen Periode eingeführt hatten, um ein „akzeptiertes Mittel zur Zeitberechnung für alle ihre zoroastrischen Untertanen“ zu schaffen.[1] Im Laufe der Zeit führten lokale Sprachveränderungen zu unterschiedlichen lokalen Versionen, ansonsten sind diese Kalender fast identisch.[1] Der kappadokische Kalender überlebte durch die Texte griechischer Astronomen der Spätantike und war noch im 4. Jahrhundert u. Z. bekannt.[5][6][2]

Namen der Monate

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Monate[5][7] Kappadokisch Avestisch Frühes Mittelpersisch Mittelpersisch (Pahlavi) Persisch
1 [Ar]artana[α 1] Fravašinąm Fravartīn Frawardīn Farvardīn
2 Artegeste (Artēye<s>tē) Ašahe vahištahe Artvahišt Ardwahišt Ordībehešt
3 Aratata Haurvatātō Harvatāt Xordā̌d Ḵordad
4 Teiri (Teirei) Tištryahe Tīr Tīr Tīr
5 Amartata Amərətātō Amurtāt Amurdā̌d Mordād
6 Sathriore (Xathriorē) Khšathrahe vairyehe Šahrevar Šahrewar Šahrīvar
7 Mithre (Mithpē) Mithrahe Mihr Mihr Mehr
8 *Apomenapa Āpa̧m Āpān Ābān Ābān
9 Athra Āthrō Atur Ādur Āḏar
10 Dathusa (Dathousa) Dathušō Dadv Day Dey
11 Osmana[α 2] Vaŋhə̄uš manaŋhō Vahuman Wahman Bahman
12 Sondara (Sondara<mat?>) Spəntayå ārmatōiš Spendārmat Spandarmad Esfand

Laut Boyce und dem Historiker Frantz Grenet zeigt die „Genauigkeit der Übereinstimmungen zwischen den Kalendern im Großen und Ganzen“, dass die von den Zoroastriern in Kappadokien übernommenen Praktiken „weitgehend einheitlich“ waren.[8] Sie fügen hinzu, dass die einzigen Abweichungen in der Ersetzung von Avestan Tištry durch Teiri (Teirei) a, eine Änderung, die Berichten zufolge in vielen zoroastrischen Communities weit verbreitet war, und die „Widmung des achten Monats“ an Apąm Napāt („Sohn des Wassers“) statt an Apąm („Wasser“), hier Varuna, bestand.[8] Boyce und Grenet schrieben, dass diese „Monatswidmung“ anscheinend einzigartig für den kappadokischen Kalender war, was bedeutet, dass es unter den Zoroastriern in Kappadokien möglicherweise Kontroversen bezüglich der Erhebung von Anahita über Varuna gab.[8] Boyce und Grenet fügen hinzu, dass dieses Phänomen zeigt, dass selbst unter der starken politischen Führung der Achämeniden in einer Region, die für ihre starken persischen religiösen Einflüsse bekannt ist, die örtlichen persischen Priester offenbar eine gewisse geringfügige priesterliche Autonomie besaßen.[9][10][11]

Anpassung an den Julianischen Kalender

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Obwohl der kappadokische Kalender aus der Zeit der Achämeniden stammt, gibt es nur Belege aus der Spätantike, als er bereits an den Julianischen Kalender angepasst worden war.[2][12] Der Historiker Sacha Stern gab an, dass der kappadokische Kalender möglicherweise 44 v. Chr. an den Julianischen Kalender angepasst wurde.[12] Es war wahrscheinlich der erste Kalender im römischen Osten, der „julianisiert“ wurde,[α 3] noch vor dem ägyptischen Kalender.[13] Auch nach der „Julianisierung“ des Kalenders in der römischen Zeit war das Datum des kappadokischen Neujahrs jedoch immer noch „annähernd mit einem ursprünglich persischen zoroastrischen Kalender kompatibel“, und seine Struktur basierte immer noch auf dem ursprünglichen persischen Kalender mit 12 Monaten zu je 30 Tagen, gefolgt von fünf Schalttagen.[14]

  • Mary Boyce, Frantz Grenet: A History of Zoroastrianism, Zoroastrianism under Macedonian and Roman Rule. Hrsg.: Beck. Brill, 1991, ISBN 978-90-04-29391-5 (englisch).
  • Mary Boyce: Zoroastrians: Their Religious Beliefs and Practices. Psychology Press, 2001, ISBN 978-0-415-23902-8 (englisch).
  • Mary Boyce: NOWRUZ i. In the Pre-Islamic Period. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica, Online Edition. Encyclopædia Iranica Foundation., 2009 (englisch, iranicaonline.org).
  • Albert de Jong: Traditions of the Magi: Zoroastrianism in Greek and Latin Literature. Brill, 1997, ISBN 978-90-04-10844-8 (englisch).
  • Antonio Panaino, Reza Abdollahy, Daniel Balland: CALENDARS. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. IV: Bāyju–Carpets XIV. Routledge & Kegan Paul, London / New York 1990, ISBN 978-0-7100-9132-1, S. 658–677 (englisch, iranicaonline.org).
  • Prods Oktor Skjærvø: festivals and calendars, Persian and Zoroastrian. In: Oliver Nicholson (Hrsg.): The Oxford Dictionary of Late Antiquity. Oxford University Press, Oxford 2018, ISBN 978-0-19-866277-8 (englisch, oxfordreference.com).
  • Jenny Rose: Zoroastrianism: An Introduction. I.B.Tauris, 2011, ISBN 978-0-85771-971-3 (englisch).
  • Sacha Stern: Calendars in Antiquity: Empires, States, and Societies. Oxford University Press, 2012, ISBN 978-0-19-958944-9 (englisch).
  • Michael Weiskopf: CAPPADOCIA. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. IV: Bāyju–Carpets XIV. Routledge & Kegan Paul, London / New York 1990, ISBN 978-0-7100-9132-1, S. 780–786 (englisch, iranicaonline.org).
  1. Der kappadokische Begriff bezieht sich auf die „Fravaschis der Ashavans“, d. h. Fravašinąm (jüngeres Avesta), Fravartīn (frühes Mittelpersisch), Frawardīn (eigentliches Mittelpersisch, Pahlavi) und Farvardīn (Neupersisch). (siehe Rose 2011, S. 36)
  2. Die kappadokische Wiedergabe von Vohu Manah, d. h. Vaŋhə̄uš manaŋhō (jüngeres Avestisch) Vahuman (frühes Mittelpersisch), Wahman (eigentliches Mittelpersisch, Pahlavi) und Bahman (Neupersisch) (siehe de Jong 1997, S. 266)
  3. Für den kappadokischen Kalender bedeutete dies die Hinzufügung eines zusätzlichen Schalttages in julianischen Schaltjahren (siehe Stern 2012, S. 269).

Einzelnachweise

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  1. a b c Boyce 2009.
  2. a b c d e f de Jong 1997, S. 144
  3. a b c Stern 2012, S. 181–182, 269
  4. Skjærvø 2018, S. 594
  5. a b c d e Panaino, Abdollahy & Balland 1990, S. 658–677
  6. a b c d e Boyce & Grenet 1991, S. 279.
  7. Boyce & Grenet 1991, S. 279–280
  8. a b c Boyce & Grenet 1991, S. 280.
  9. Boyce & Grenet 1991, S. 280–281
  10. Weiskopf 1990, S. 780–786
  11. Boyce 2001, S. 85.
  12. a b Stern 2012, S. 181–182, 269–271.
  13. Stern 2012, S. 269.
  14. Stern 2012, S. 182.