Karl-Heinz Wehr

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Karl-Heinz Wehr, Berlin
Urkunde des IOC von 1994, für die geleistete Arbeit im Sinne des olympischen Gedankens.
Wehr war Mitglied des Präsidiums der Armeesportvereinigung Vorwärts.

Karl-Heinz Wehr (* 25. Mai 1930 in Etgersleben;[1]19. September 2015 in Berlin)[2] war ein deutscher Boxsportfunktionär.

Wehr schloss ein Studium der Rechtswissenschaft ab. Er war Oberst der Nationalen Volksarmee (NVA) und Abteilungsleiter in der NVA-Verwaltung Körperkultur und Sport.[1]

1953 erlangte er die Tätigkeitsberechtigung als Kampfrichter im Boxsport. Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Boxverbands der Deutschen Demokratischen Republik war Wehr in Zeitraum 1959 bis 1984. Beim Weltamateurboxverband AIBA war er ab 1968 im Exekutivgremium vertreten, wurde 1976 AIBA-Vizepräsident, war zwischen November 1986[1] und 1998 AIBA-Generalsekretär.[3] Damit war der Berliner in den 1990er Jahren der ranghöchste, aus der ehemaligen DDR stammende Funktionär in einem Sport-Weltverband.[4] Wehr war an der Gründung des Europäischen Amateurboxsportverbandes EABA beteiligt und war zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender der EABA und des Kampfrichterausschusses. Im 2013 von Tim Neumann veröffentlichten Aufsatz Freund oder Feind? Der Boxverband der DDR und seine europäischen Konkurrenten wird Wehr als „für den Boxsport und die Sportpolitik der DDR unersetzlich“ sowie „unentbehrlicher Funktionär“ bezeichnet.[5]

Als inoffizieller Mitarbeiter berichtete er dem Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) unter dem Decknamen „Möwe“[6] laut Aktenlage unter anderem über die Hintergründe weltsportpolitischer Personalentscheidungen.[7] Laut Der Spiegel im Juli 1996 notierte Wehr „jeden Winkelzug und meldete ihn der Stasi“.[7] Laut Peter Boeger in einem von der Bundeszentrale für politische Bildung 2015 veröffentlichten Aufsatz profitierte Wehr „selbst von den Machenschaften, die er eigentlich aufklären sollte. Königsmacher Horst Dassler korrumpierte die AIBA-Wahl 1986 auf einem Kongress in Bangkok dahingehend, dass IM "Möwe", alias Karl-Heinz Wehr, deren Generalsekretär wurde“, heißt es dort.[8]

Im 1996 veröffentlichten Buch The New Lords of the Rings: Olympic Corruption and How to Buy Medals schrieb der britische Journalist Andrew Jennings mit Bezug auf Stasi-Akten, dass Wehr der Stasi über die Zahlung von Bestechungsgeld von südkoreanischer Seite an Kampfrichter berichtet habe, mit dem sichergestellt werden sollte, dass koreanische Boxer bei den Olympischen Sommerspielen 1988 gewinnen.[9]

In den 1970er und 1980er Jahren war Wehr Mitverfasser von Büchern über die Durchführung internationaler Boxwettkämpfe[10] sowie das Boxregelwerk.[11] Die Werke wurden vom Weltverband AIBA herausgegeben. 1983 trug Wehr zum von Helmut Kirchgässner sowie Horst Fiedler herausgegebenen Werk Ein Lehrbuch für Trainer, Übungsleiter und Aktive den Aufsatz Der Boxsport in der DDR und seine Stellung in der sozialistischen Körperkultur bei.[12] Als Zeitzeuge trug Wehr zum 2017 von Tim Neumann veröffentlichten Buch Boxen in der DDR. Die Geschichte des Boxsportverbandes der DDR bei.[13]

Einzelnachweise

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  1. a b c Biographische Notizen: Karl-Heinz Wehr. In: Eberhard Kuhrt (Hrsg.): Opposition in der DDR von den 70er Jahren bis zum Zusammenbruch der SED-Herrschaft. 2000, ISBN 978-3-8100-1965-3, S. 830.
  2. Gedenkseite für Karl-Heinz Wehr. In: gedenkseiten.de. Abgerufen am 27. März 2023.
  3. Die Autoren. (PDF) In: Beiträge zur Sportgeschichte Heft 19/2004. Archiviert vom Original am 22. Februar 2014; abgerufen am 30. Juli 2022.
  4. Der Weg der AIBA ist falsch. In: Neues Deutschland. 4. April 1997, abgerufen am 31. Juli 2022.
  5. Tim Neumann: Freund oder Feind? Der Boxverband der DDR und seine europäischen Konkurrenten. In: Clio-online – Historisches Fachinformationssystem e.V. 2013, abgerufen am 31. Juli 2022.
  6. Leistungssport im Visier der Stasi. Das MfS und der SC Traktor Schwerin. (PDF) In: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Abteilung Bildung und Forschung, S. 82 f. 2017, abgerufen am 31. Juli 2022.
  7. a b Funktionäre Schatztruhe geöffnet. In: Der Spiegel. 14. Juli 1996, abgerufen am 31. Juli 2022.
  8. Kampf gegen "Professionalisierung und Kommerzialisierung" im Sport. Wie die DDR dennoch zu einem adidas-Land wurde. In: Bundeszentrale für politische Bildung. 31. Juli 2015, abgerufen am 31. Juli 2022.
  9. Journalist: Stasi Files Show Boxing Matches Rigged in 1988 Olympics. In: The Associated Press. 30. Mai 1996, abgerufen am 31. Juli 2022.
  10. Karl-Heinz Wehr; Emil Jechev: Organisation of International Tournaments and Championships. International Amateur Boxing Association, 1982 (uni-leipzig.de [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  11. Steiger, Heidi; Wehr, Karl-Heinz: Ein Kommentar zu den Regeln der AIBA: = A commentary to the rules of AIBA. AIBA, 1977 (uni-leipzig.de [abgerufen am 31. Juli 2022]).
  12. Karl-Heinz Wehr: Der Boxsport in der DDR und seine Stellung in der sozialistischen Körperkultur. (PDF) In: Ein Lehrbuch für Trainer, Übungsleiter und Aktive. 1983, abgerufen am 31. Juli 2022.
  13. Boxen in der DDR. Die Geschichte des Boxsportverbandes der DDR. In: Institut für Angewandte Trainingswissenschaft. 2017, abgerufen am 31. Juli 2022.