Karl Geiringer
Karl Johannes Geiringer (* 26. April 1899 in Wien, Österreich-Ungarn; † 10. Januar 1989 in Santa Barbara, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Musikwissenschaftler jüdisch-österreichischer Herkunft.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Karl Geiringer stammt aus der Familie des ungarischen Textilfabrikanten Ludwig Geiringer († 1932) und seiner Ehefrau Martha geborene Wertheimer. Seine Geschwister waren der später promovierte Ernst Geiringer, die spätere Mathematikerin und Privatdozentin Hilda Geiringer (1893–1973) und der spätere Ingenieur Peter Geiringer.[1]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Karl Geiringer studierte an der Universität Wien Musikgeschichte bei Guido Adler und seinem damaligen Assistenten Wilhelm Fischer sowie bei Curt Sachs und Johannes Wolf in Berlin und wurde 1923 in Wien promoviert. Von Hans Gál ließ er sich in Komposition unterrichten.
Geiringer arbeitete zuerst beim Wiener Philharmonischen Verlag und wurde 1930 Bibliothekar der Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Zu dieser Zeit bereits ein führender Musikwissenschaftler und Musikherausgeber veröffentlichte er bedeutende Werke zum Leben deutscher Komponisten und entdeckte bis dahin unbekannte Kompositionen großer Meister, beispielsweise die Acht Polonaisen (1828) von Robert Schumann.
Nach dem „Anschluss Österreichs“ musste er 1938 als Jude Österreich verlassen und floh nach London. Hier war er für die BBC tätig und arbeitete für das Grove Dictionary of Music and Musicians sowie als Gastprofessor am Royal College of Music. 1940 übersiedelte er in die Vereinigten Staaten und erhielt im selben Jahr eine Lehrstelle am Hamilton College in New York. 1942 wurde er an die Boston University (School of Fina and Applied Arts) berufen, wo er die nächsten 21 Jahre tätig war. Ab 1958[2][3] publizierte er mit seiner Gattin Irene Geiringer über die weiblichen Nachkommen von Johann Sebastian Bach.[4] 1959 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1962 nahm er eine Professur an der University of California, wo er 1972 in Pension ging. Seit 1986 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[5]
Seine Schwester, Hilda Geiringer (1893–1973), war eine Mathematikerin und Hochschullehrerin.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1959: Ernennung zum Mitglied („Fellow“) der American Academy of Arts and Sciences
- Zweimalig Präsidentschaft der American Musicological Society
- Ehrenmitgliedschaft in der American Musicological Society
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Erich H. Müller (Hrsg.): Deutsches Musiker-Lexikon. Wilhelm Limpert, Dresden 1929, S. 1644.
- Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Macmillan, London 1980. (?Artikel, Band, Seite?)
- Walter Pass, Gerhard Scheit, Wilhelm Svoboda: Orpheus im Exil. Die Vertreibung der österreichischen Musik 1938–1945. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1995, ISBN 3-85115-200-X.
- Darryl Lyman: Great Jews in Music. Jonathan David Publishers, New York 1986, ISBN 0-8246-0315-X.
- Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A–I. Hrsg. von der Österreichische Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 3123.
- Oesterreichisches Musiklexikon. Band 2. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3044-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Karl Geiringer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Karl Geiringer, 89, Musicologist And Composers' Biographer, Dies, Nachruf in The New York Times, 12. Januar 1989 (amerikanisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Todesfälle In: Jüdische Wochenschrift. Die Wahrheit. XLVIII. Jahrgang, Nummer 25, Wien, 17. Juni 1932, S. 7. (edocs.ub.uni-frankfurt.de ( vom 28. Dezember 2013 im Internet Archive); PDF; 2,3 MB, abgerufen am 3. April 2013)
- ↑ Karl Geiringer: Die Musikerfamilie Bach. Leben und Wirken in drei Jahrhunderten. Unter Mitarbeit von Irene Geiringer. Beck, München 1958; Sonderausgabe unter dem Titel Die Musikerfamilie Bach. Musiktradition in sieben Generationen ebenda 1977.
- ↑ Karl Geiringer: Johann Sebastian Bach. 2., überarbeitete Auflage. Beck, München 1978.
- ↑ Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. In: Luise F. Pusch (Hrsg.): Töchter berühmter Männer. Neun biographische Portraits (= Insel Taschenbuch. Band 979). Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-458-32679-0, S. 117–154, hier: S. 125–126, 141–142 und 152.
- ↑ Karl Geiringer Nachruf bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (PDF-Datei).
Personendaten | |
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NAME | Geiringer, Karl |
ALTERNATIVNAMEN | Geiringer, Karl Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Musikforscher |
GEBURTSDATUM | 26. April 1899 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 10. Januar 1989 |
STERBEORT | Santa Barbara, Kalifornien |
- Musikwissenschaftler
- Haydn-Forscher
- Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- NS-Opfer
- Österreichischer Emigrant zur Zeit des Nationalsozialismus
- Österreichischer Emigrant in den Vereinigten Staaten
- Person (Wien)
- Person (Cisleithanien)
- Österreicher
- US-Amerikaner
- Geboren 1899
- Gestorben 1989
- Mann