Karl Hermann Roehricht
Karl Hermann Roehricht (* 12. Oktober 1928 in Leipzig; † 27. Dezember 2015 in Berlin-Spandau) war ein deutscher Schriftsteller und Maler.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Karl Hermann Roehricht, Sohn eines Konditors und einer Metallarbeiterin, geriet am Ende des Zweiten Weltkriegs, noch nicht einmal siebzehnjährig, in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung aus dem Gefangenenlager Marburg an der Lahn im Juni 1945, setzte er seine vor dem Krieg begonnene Ausbildung bei einer Versicherung in Leipzig fort.[1]:9 Nach bestandener Kaufmannsgehilfenprüfung im März 1946 wurde er arbeitslos und war anschließend als Bauhilfsarbeiter tätig. Roehricht wurde 1946 Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und im März 1947 Sekretär der FDJ-Kreisleitung Leipzig, wo er die späteren DDR-Funktionäre Manfred Gerlach, Konrad Naumann und Horst Schumann kennenlernte. Ab Januar 1948 war er an einer Marionettenbühne der FDJ beschäftigt.[1]:14 1950 arbeitete Roehricht als Gebrauchswerber bei den Dekorationswerkstätten der Konsumgenossenschaft Leipzig.
Von 1951 bis 1955 studierte Roehricht in West-Berlin als Meisterschüler bei Ernst Schumacher-Salig Malerei an der Kunstakademie Berlin-Charlottenburg und anschließend ein Jahr an der Akademie der schönen Künste zu Palermo. Es folgten Studienreisen durch Italien, Frankreich und Spanien. Seine Frau, die Malerin Leonie (* 1928), die er während des Studiums kennenlernte, heiratete er 1957.
1955 kam es an der Kunstakademie zu einer erbitterten Debatte zwischen Karl Hofer und Will Grohmann um die Bewertung der gegenständlichen und abstrakten Kunst. Nachdrücklich wurde verkündet, die gegenständliche Malerei sei überlebt. Roehrichts figurativer Realismus fand in dieser Zeit kaum Beachtung. Eine von dem Maler Horst Strempel geplante Ausstellung Westberliner Realisten, an der sich Roehricht beteiligen sollte, kam nicht zustande. Roehricht sah in West-Berlin für sich keine Zukunft mehr und kehrte mit seiner Familie im Oktober 1960 nach Leipzig zurück.[1]:28
Von 1962 bis 1977 lebte Roehricht als freiberuflicher Maler und Schriftsteller in Freienbrink bei Berlin, anschließend bei Groß Poserin und Berlin-Karow.
Wiederholt weigerte er sich, als inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit zu arbeiten. Wegen seiner Kompromisslosigkeit geriet er zunehmend unter Druck und wurde in der Folgezeit bespitzelt und schikaniert. Die Fernsehfassung seiner Komödie Familie Birnchen wurde 1976 wegen angeblicher faschistischer Tendenzen verboten und erst 1982 im DDR-Fernsehen gesendet.[1]:124
1974 bis 1976 war er mit mehreren Landschaftsbildern an der künstlerischen Ausgestaltung des Palasts der Republik beteiligt. 1979 erhielt er den Kunstpreis der DDR. Als sich jedoch „die Dinge im Haus bewegten, Briefe und Telegramme den Adressaten nicht erreichten, Bremsleitungen durchgeschnitten, Särge ins Haus geschickt und Malaufträge vereitelt wurden, Theaterzuschauer verschwanden und Freunde sich zurückzogen“, beantragte er 1984 die Entlassung seiner Familie aus der Staatsbürgerschaft der DDR.
Roehricht lebte anschließend in Burgkirchen an der Alz, seit 1998 in Berlin-Spandau.
In der DDR wurden 12 Bücher sowie Texte für Theater, Hörfunk und Fernsehen von Roehricht veröffentlicht. Als Maler richtete er 19 Einzelausstellungen aus. Arbeiten von Karl Hermann Roehricht befinden sich unter anderem im Besitz der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Galerie Neue Meister Dresden, der Staatlichen Kunstsammlungen zu Weimar, des Staatlichen Museums Schwerin und des Angermuseums Erfurt.
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hörspiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Private Galerie, Regie: Günther Rücker, Rundfunk der DDR 1972
Theaterstücke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Familie Birnchen. Berliner Alltagskomödie in 3 Akten. Henschelverlag, Berlin 1973.
- Meine Privatgalerie. Monologe. Henschelverlag, Berlin 1975.
- Friedas letzter Vormittag oder Der Tod einer Kleinbürgerin. Sächsische Tragigroteske Henschelverlag, Berlin 1975.
Lyrik und Prosa
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Puddelruß. Kinderbuchverlag, Berlin 1975.
- Jahrmarkt. Buchverlag der Morgen, Berlin 1976.
- Aus Weinlaub eine Krone. Balladen, Kantaten und Lieder. Eulenspiegel-Verlag, Berlin 1975.
- Feldblumen in Biedermeiervase. Geschichten. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1977.
- Die unzufriedenen Wörter und andere Märchen. Rütten und Loening, Berlin 1980.
- Weinstock und Kletterrose. Eulenspiegel-Verlag, Berlin 1980.
- Grossstadtmittag. Roman. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1980.
- Waldsommerjahre. Roman. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1981.
- Die verlorenen Eltern. Leipzig 1936 – Bilder einer Kindheit aus der Zeit des Faschismus. Kinderbuchverlag, Berlin 1982.
- Erziehung eines Diebes. Geschichten. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1983.
- Vorstadtkindheit. Roman. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-596-25756-5.
- Lebensverläufe – Innenansichten aus der DDR. Morgenbuch-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-371-00343-4.
Malerei
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Staatliches Museum Schwerin 1971
- Angermuseum Erfurt 1973
- Kunsthalle Weimar 1973
- Werkschau. Burg Beeskow 2004
- Ich bin ein Mensch, so zart, so rauh – Bilder und Texte. Galerie Hotel Leipziger Hof 2004
- Stadtmuseum Schwedt 2009
- Städtisches Museum, Eisenhüttenstadt 2009
Ausstellungsbeteiligungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Künstlergenossenschaft Neubrandenburg 1977
- Tip-Galerie Berlin 1979
- Unsere Freunde, die Maler. Schloss Rheinsberg 1995
- Die Ideale Ausstellung. ACC Galerie Weimar 2009
- LückenStücke.Palastkunst im Musterdorf. Mestlin 2009
- Kunst aus dem Palast der Republik. Bundesministerium der Finanzen Berlin 2012
Theateraufführungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Monologe eines Malers, Deutsches Theater Berlin 1972
- Familie Birnchen, Maxim Gorki Theater Berlin 1973
- Rollenmonologe, Hans Otto Theater Potsdam 1974
- Friedas letzter Vormittag oder der Tod einer Kleinbürgerin, Staatstheater Schwerin 1975
- Ich bin ein Mensch so zart und rauh, Volksbühne Berlin 1976
- Rollenmonologe/mit Ausstellung, Stadttheater Gera 1977
- Friedas letzter Vormittag...,Dramatiktage der DDR Leipzig 1979
- Rollenmonologe, Opernfoyer Leipzig 1979
- Familie Birnchen, Stadttheater Nordhausen 1979
- Rollenmonologe, Stadttheater Quedlinburg 1980
- Rollenmonologe, Kammertheater Rudolstadt 1982
- Rollenmonologe, Schauspielhaus Leipzig 1990
Marionettenpuppen/Bühnenbild
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Marsrakete, Grassimuseum Leipzig 1948
- Kasane, altjapanisches Märchen, Grassimuseum 1949
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christa Wolf, Gerhard Wolf, Peter Böthig (Hrsg.): Unsere Freunde, die Maler. Janus Press, Berlin 1995, ISBN 3-928942-24-7.
- Roehricht, Karl Hermann. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010, S. 780
- Siegmar Faust: Roehricht, Karl Hermann. In: Wer war wer in der DDR? 5. AusgabeBand 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Eva Strittmatter: Korrespondenz mit Karl Hermann Roehricht (1974). In: Poesie und andre Nebendinge. Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-7466-2219-0.
- Bernd Ehrhardt: Freienbrink – 16 Jahre im Leben des Malers und Schriftstellers Karl Hermann Roehricht. In: Kreiskalender Oder-Spree, Beeskow 2016.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Karl Hermann Roehricht im Bildatlas Kunst in der DDR
- Karl-Hermann-Roehricht-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Karl Hermann Roehricht: Lebensverläufe – Innenansichten aus der DDR. Morgenbuch-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-371-00343-4.
Personendaten | |
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NAME | Roehricht, Karl Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Maler |
GEBURTSDATUM | 12. Oktober 1928 |
GEBURTSORT | Leipzig |
STERBEDATUM | 27. Dezember 2015 |
STERBEORT | Berlin-Spandau |