Karl von Kielmansegg (Konsul)
Karl Graf von Kielmansegg, vollständig Karl/Carl Eduard Thedel Oswald Joseph Johann Graf von Kielmansegg(e) (* 22. Mai 1871 in Zdechowitz; † 1. Juli 1953 in Hamburg) war ein k. u. k. Offizier und Diplomat. Er war der letzte Gutsherr der Familie Kielmansegg auf Gut Gülzow.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Karl von Kielmansegg entstammte dem holsteinisch/hannoverschen Zweig der Familie Kielmansegg(e), der in besonderer Weise mit dem Welfenhaus verbunden war und mit diesem nach 1866 das Exil in Österreich teilte. Er war der das dritte Kind und der älteste Sohn des k. u. k. Generals Oswald von Kielmansegg und dessen Frau, der Sternkreuz-Ordensdame Leontine, geb. Gräfin von Paar, einer Tochter des Fürsten Karl von Paar (1806–1881). Er wurde auf dem Schloss Zdechovice der Familie seiner Mutter geboren.
Von 1881 bis 1888 absolvierte er die Theresianische Akademie[1] in Wien und war zugleich Edelknabe am kaiserlichen Hof.[2] Danach besuchte er noch bis zum Abitur 1892 das K.K. Deutsche Obergymnasium der Kleinseite in Prag.[3] Wie sein Vater war er für eine Offizierslaufbahn vorgesehen. Er wurde Leutnant im k.u.k. Dragonerregiment „Herzog von Lothringen“ Nr. 7. Schon im Winter 1893/94 war seine Karriere jedoch zu Ende, und zum 1. Januar 1894 wurde er in die Reserve versetzt.
Kielmansegg hatte eine nicht standesgemäße Beziehung mit der Tänzerin Nina Conti (eigentlich Nina Slanek, * 22. Juli 1867 in Krakau; † 1953 in Wien)[4] begonnen. Sie war Elevin des Balletts der Wiener Hofoper gewesen und tanzte seit Anfang der 1890er Jahr am Stadttheater in Brünn, wo sie zur Saison 1892/93 Primaballerina wurde.[5] Seit dem Herbst 1894 war sie Primaballerina am Deutschen Theater in Prag, der heutigen Staatsoper Prag. Während eine geheime Beziehung zwischen dem adligen Leutnant und der Tänzerin nicht ungewöhnlich gewesen wäre und zur Zeit seines Großonkels Alexander von Kielmansegg üblich war, beschlossen Kielmansegg und Conti, ihre Beziehung öffentlich zu machen und zu heiraten, was einen Skandal am Hof in Wien auslöste. Das Paar hielt gegen das Veto von Kielmanseggs Familie an ihrem Heiratsplan fest. Im Januar 1896 verreiste Nina Conti „plötzlich ohne Angabe ihres Reisezieles“, was einem Vertragsbruch gleichkam.[6] Kielmansegg und Conti entwichen auf der Fürst Bismarck nach New York City, was den Skandal noch verschlimmerte: „seine Beziehungen zu der Tänzerin und seine Reise mit ihr nach Amerika wirbelten s. Z. in der Wiener Gesellschaft viel Staub auf“.[7] Der New York Herald berichtete am 1. Februar 1896 in großer Aufmachung von ihrer Ankunft. Ende Januar 1896 fand ihre standesamtliche Trauung und später „in aller Stille“ die kirchliche Trauung statt. Mit gutem Gespür für die öffentlichkeitswirksame Geschichte der nunmehrigen Countess Kielmansegg nahm Oscar Hammerstein I Nina Conti unter Vertrag.[8] Am 28. März 1896 hatte sie ihr amerikanisches Debüt in Marguerite im Hammerstein's Olympia Theater. Danach tourte sie in den USA durch Vaudeville-Theater. Die Ehe mit Kielmansegg hat aber offenbar nicht gehalten.
Kielmansegg kehrte nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod seines Vaters im September 1896 nach Österreich zurück. 1899 trat er in den diplomatischen Dienst Österreich-Ungarns. Zuerst wurde er der Gesandtschaft in Kairo provisorisch zugeteilt. Am 28. April 1901 erfolgte seine Ernennung zum Kanzleisekretär II. Klasse. Ab Juli 1901 war er an der Gesandtschaft in Mexiko tätig, ab 28. Juli 1903 als Vizekonsul. Mit Wirkung vom 31. Dezember 1902 wurde er als Nichtaktiver dem Landwehr-Ulanen-Regiment Nr. 2 zugeteilt.[9] Ende 1906 wechselte er an das Generalkonsulat in Zürich. Vom 25. April bis zum 16. Juli 1907 war er temporär dem Generalkonsulat in Berlin zugeteilt. Interimistischer Geschäftsträger in Amsterdam war er vom 1. August bis zum 8. Oktober 1911. Am 24. März 1912 erhielt er den Titel und Charakter eines Konsuls. Am 30. Oktober 1912 wurde ihm die Leitung des Konsulates in Warna übertragen; kurz darauf, am 5. November, erfolgte seine Beförderung zum etatmäßigen Konsul. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Ende der Habsburgermonarchie wurde er im Januar 1919 in den zeitlichen Ruhestand versetzt, der ein dauernder wurde. „Er hat nie ein Ansuchen um seine Pension gestellt oder eine Pensionszahlung behoben.“[10]
Da sein Onkel Alexander von Kielmansegg ohne Nachkommen blieb, erhielt Karl von Kielmansegg nach dessen Tod 1914 als Majoratsherr den seit 1736 im Besitz der Familie befindlichen Familienfideikommiss Gut Gülzow im Kreis Herzogtum Lauenburg. Das Herrenhaus war gefüllt mit Kunstwerken aus der Familiengeschichte. Darunter befanden sich, wie Philip Treherne 1912 schrieb, ein Porträt Georgs III. von Johann Zoffany sowie aus dem Nachlass von Sophia Charlotte von Platen-Hallermund, Gräfin Darlington, ein Krönungssstuhl Georgs I., dessen Porträt von Godfrey Kneller und Porträts der Hofdamen der Königin Anne.[11] Alexander von Kielmansegg hatte mehrere der Kunstwerke für die große Londoner Ausstellung Exhibition of the Royal House of Guelph zur Verfügung gestellt, die 1891 in der New Gallery in der Regent Street stattfand.[12]
Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte die Auflösung der Familienfideikommisse. Damit wurde Karl von Kielmansegg unbeschränkter Eigentümer von Gülzow. Er konnte das Gut jedoch nicht durch die Hyperinflation und die Rezession der 1920er Jahre bringen. 1930 musste er Gülzow an den Hamburger Unternehmer Fischer verkaufen. Er zog in eine Wohnung in Hamburg. Der Verbleib der georgianischen Kunstwerke ist unklar. Der Krönungsstuhl kam nach Hamburg und später in den Kunsthandel.[13] Die Reihe der Hofdamen, eine von Charles Jervas (nicht Kneller) gemalte Schönheitengalerie, ist jedoch erhalten und nach wie vor in Privatbesitz.[14]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- k. u. k. Kämmerer (21. November 1903)
- Jubiläums-Erinnerungsmedaille 1898 für die bewaffnete Macht und die Gendarmerie (Bronze)
- Jubiläumskreuz 1908 für Zivil-Staatsbedienstete
- Franz-Joseph-Orden, Ritter (20. März 1910)
- Kriegskreuz für Zivilverdienste II. Klasse (31. August 1916)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eduard von Kielmansegg, Erich von Kielmansegg: Familien Chronik der Herren, Freiherren und Grafen von Kielmansegg., 2., vermehrte Auflage 1910 (Digitalisat)
- Engelbert Deusch: Die effektiven Konsuln Österreich(-Ungarns) von 1825–1918: Ihre Ausbildung, Arbeitsverhältnisse und Biographien. Köln, Weimar, Wine: Böhlau 2017, ISBN 978-3-205-20601-9 (Digitalisat), S. 381
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Nicht die Theresianische Militärakademie!
- ↑ Max Freiherr von Gemmell-Flischbach, Camillo Manussi Edler von Montesole (Hrsg.): Album der K.K. Theresianischen Akademie (1746-1913): Verzeichnis sämtlicher Angehörigen der K.K. Theresianischen Akademie (ehemals K.K. Theresianische Ritterakademie). Wien 1913 (Digitalisat), S. 247 Nr. 1282
- ↑ Programm des K.K. Deutschen Obergymnasiums der Kleinseite in Prag 1892 (Digitalisat), S. 77
- ↑ Paul S. Ulrich: Deutschsprachige Theater-Almanache und -Journale: Abbildungen (Personen, Stücke, Theater). Band 1, Wien: Hollitzer 2024, ISBN 978-3-99094-136-2, S. 107
- ↑ Nina Conti. Prima ballerina des Stadttheaters in Brünn., In: Der Humorist: Zeitschrift für die Theater- und Kunstwelt. 12 (1892), Nr. 20
- ↑ Eine flüchtige Tänzerin, in: Brünner Morgenpost: Beilage zur Brünner Zeitung vom 16. Februar 1896
- ↑ Das Echo: Wochenschrift für Politik, Litteratur, Kunst und Wissenschaft 15 (184), S. 758
- ↑ Adolph S. Tomars: The First Oscar Hammerstein and New York's Golden Age of Theater and Music. Jefferson, NC: McFarland 2020, ISBN 978-0-7864-9615-0, S. 167
- ↑ Kaiserlich-königliches Armee-Verordnungsblatt 1902, S. 622
- ↑ Engelbert Deusch: Die effektiven Konsuln Österreich(-Ungarns) von 1825–1918: Ihre Ausbildung, Arbeitsverhältnisse und Biographien. Köln, Weimar, Wine: Böhlau 2017, ISBN 978-3-205-20601-9 (Digitalisat), S. 381
- ↑ „Gülzow recalls the Georgian era more clearly than many of the padded Georgian biographies compiled in suburban districts.“, Philip Treherne: Louis XVII and Other Papers. London/Leipzig: T Fisher Unwin 1912, S. 109f.
- ↑ Siehe den Katalog Exhibition of the Royal House of Guelph (Digitalisat), Nr. 37, 39, 472, 550, 608, 864, 1630, 1631, 1634a, 1882
- ↑ Wolf Burchard and Sebastian Edwards: ‘A very royal perquisite; the eventful life of George I’s coronation throne’. In: The Furniture History Society newsletter no. 195 (August 2014), S. 5–9 (Digitalisat).
- ↑ Siehe Caroline Pegum: The Schönheitengalerie by Charles Jervas for the first Hanoverian court in London, c1717/22. In: The British Art Journal 20 (2019), S. 38–48 (mit Abb.) JSTOR
Personendaten | |
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NAME | Kielmansegg, Karl von |
ALTERNATIVNAMEN | Kielmansegg, Karl Graf von; Kielmansegg, Karl Eduard Thedel Oswald Joseph Johann Graf von; Kielmansegg, Carl Eduard Thedel Oswald Joseph Johann Graf von; Kielmansegge, Karl Eduard Thedel Oswald Joseph Johann Graf von; Kielmansegge, Carl Eduard Thedel Oswald Joseph Johann Graf von |
KURZBESCHREIBUNG | Offizier und Diplomat |
GEBURTSDATUM | 22. Mai 1871 |
GEBURTSORT | Zdechowitz |
STERBEDATUM | 1. Juli 1953 |
STERBEORT | Hamburg |