Kartoffelbewegung
Die Kartoffelbewegung (griechisch κίνημα της πατάτας kínima tis patátas) ist eine Selbsthilfeinitiative, die 2012 in Griechenland von Produzenten und Verbrauchern von landwirtschaftlichen Erzeugnissen geschaffen wurde, um Verbraucher unter Ausschaltung des Zwischenhandels direkt mit landwirtschaftlichen Produkten zu beliefern und damit die Teuerung unter Kontrolle zu bringen.
Entstehung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Initiative entstand aus der wirtschaftlichen Notlage, in die Griechenland infolge der Finanzkrise geraten ist. Der Endverbraucherpreis für Kartoffeln wurde durch die Gewinnspannen des Zwischenhandels auf bis zu 0,80 Euro pro kg erhöht. Infolge der Rezession waren viele Verbraucher nicht mehr bereit oder in der Lage, diesen Preis zu zahlen, sodass der Absatz stark absank. Kartoffelproduzenten, die nur noch 0,11 bis 0,12 Euro pro kg erhielten, verteilten daher in Thessaloniki Kartoffeln kostenlos unter der Bevölkerung. Daraus entstand die Idee, durch Direktvertrieb Preise zu erzielen, die für die Erzeuger kostendeckend und für die Verbraucher erschwinglich sind.
Verkaufsaktionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kartoffeln werden an vorher bekanntgegebenen Zeiten und Orten im Direktverkauf von Lastwagen herunter in Gebinden von 10 bis 15 Kilo für 0,25 bis 0,30 Euro pro Kilo verkauft, während der Ladenpreis etwa doppelt so hoch ist. Verschiedene Verbrauchergruppen stellen mittels Internet- und Telefon-Kommunikation den Kontakt mit Erzeugergemeinschaften und Genossenschaften für Großbestellungen her.
Ausbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Direktverkäufe wurden zunächst in Provinzstädten wie Katerini durchgeführt, wo innerhalb von vier Tagen 24 Tonnen Kartoffeln abgesetzt wurden, und erreichten bald die größeren Städte wie Athen. Die Kartoffelproduzenten aus dem Anbaugebiet von Nevrokopi setzten auf diese Weise innerhalb einiger Wochen 15.000 bis 17.000 Tonnen Kartoffeln ab.[1] Die Bewegung erfasste Verbrauchergruppen, Vereine und Gemeinden in verschiedenen Regionen Griechenlands, wie etwa in Volos und verschiedenen Gemeinden Attikas wie der Gemeinde Pallini.[2]
Die Bewegung wurde schnell populär, die Nachfrage dehnte sich auf andere landwirtschaftliche Produkte aus, mit denen immer mehr Erzeugergemeinschaften die Verbraucher im Direktverkauf belieferten.[3][4] So wurden bereits direkt vermarktet: Olivenöl[5], Mehl[6], Reis, Bohnen[7], Obst und Gemüse.[8] Für die Ostersaison ist der Direktverkauf von Lämmern vorgesehen,[9] die etwa in Evros zu 7 bis 8 Euro pro Kilo verkauft werden, während in Metzgereien 12 bis 13 Euro bezahlt wurden.[10]
Politisches Konzept
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kartoffelbewegung überraschte die offizielle Regierungspolitik des Wirtschaftsministeriums, aber auch die politischen Parteien. Die linke SYRIZA und die Dimokratiki Aristera (Demokratische Linke) begrüßten die Bemühungen der Bürger, während die kommunistische KKE den Schritt bedauerte und die Bürger aufforderte, sich nicht zu beteiligen. Sie bezeichnete die Kartoffelbewegung als „unmoralische Propaganda-Kampagne zur Täuschung des Volkes“.[11] Gleichzeitig sagte das Wirtschaftsministerium die Unterstützung der Bewegung durch ein staatliches Internetportal zu, in dem Verkaufsaktionen abgefragt werden können.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Athens News vom 20. März 2012: "Potato movement shifts 15-17 million kilos of produce" (englisch) ( des vom 24. April 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ econews.gr: „Billige Kartoffeln ohne Zwischenhandel in Pallini“ (griechisch)
- ↑ Ta Nea vom 7. März 2012: „Die Kartoffelbewegung schreitet von Gemeinde zu Gemeinde“ (griechisch)
- ↑ 8a-Gini-tis-patatas zougla.gr vom 4. März 2012 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ I Efimerida vom 7. März 2012: "Nach den Kartoffeln jetzt billiges Öl" (griechisch)
- ↑ I Efimerida vom 17. März 2012: "Die Kartoffel macht der Mehlbewegung Platz" (griechisch)
- ↑ express.gr vom 6. März 2012: "Noch größere Dynamik der Kartoffelbewegung" (griechisch)
- ↑ kalabakacity.gr vom 22. Juni 2012: "Nach der 'Kartoffelbewegung' die 'Obts- und Gemüsebewegung' (griechisch)
- ↑ Protothema.gr vom 3. März 2012: „Nach der Kartoffelbewegung kommen die Lämmer“ (griechisch) ( des vom 23. April 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Newsbomb.gr vom : “Die Lammbratenbewegung in Evros”
- ↑ Proto Thema vom 2. März 2012: „Die KKE gegen die ‚Kartoffelbewegung‘“ (griechisch) ( des vom 24. April 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutschlandradio vom 31. März 2012: „Rein in die Kartoffel, raus aus der Kartoffel“
- taz vom 3: April 2012: „Zauber der Kartoffeln“
- The Guardian vom 27. März 2012: "Greece's cut-price potato movement shows Greeks chipping in" (englisch)
- The Guardian vom 18. März 2012: "Greece on the breadline: 'potato movement' links shoppers and farmers"