Keyline-Design
Der anglo-amerikanische Begriff Keyline-Design (dt. auch „Haupt- oder Schlüssellinien-Gestaltung oder -Design bzw. -Kultur“) bezeichnet eine Landschaftsgestaltungstechnik zur Optimierung der Wasserressourcen eines Landstrichs bzw. zu dessen Bewässerung.
Die „Keylines“ bzw. „Schlüssellinien“ sind dabei zunächst topografische Linien: Sie folgen dem Verlauf der jeweiligen Höhenlinien, um Wasser mit einem Gefälle von 1 bis 1,5 % zum Scheitelpunkt der nächst unterhalb gelegenen Höhenlinie zu leiten. Dieses Wasser würde sonst aus der geneigten Fläche bzw. aus Hanglagen abfließen, ginge dabei verloren und verursachte Erosion. Die Methode ist sanfter und einfacher umzusetzen als Gelände-Terrassierung zur Bewirtschaftung und zum Wasserrückhalt; mit der an das jeweilige Gelände angepassten Linienführung zur Verstärkung der Tiefensickerung kann also Dürren und Erosion vorgebeugt und ein großer Beitrag zum Humus-Aufbau geleistet werden.
Bei der Umsetzung werden Landstriche anhand nach ihrer Geomorphologie analysiert, um zu erkennen, wie sich Wasser in ihnen bewegt und verteilt. Auf dieser Grundlage können z. B. Bearbeitungs- und Pflanzmuster erstellt werden, die sowohl Oberflächen- als auch Bodenwasser entlang der Geländekontur leiten können, so dass es besser aufgenommen, verteilt und gespeichert werden kann; landwirtschaftlich genutzte Flächen können konstanter mit Wasser versorgt, bei einer Anwendung im größeren Stil ganze Landstriche abgekühlt und die Regenwahrscheinlichkeit erhöht werden. Dabei beinhaltet das System umfangreiche Planungsaspekte, die auf verschiedenen Ebenen wie z. B. Energieversorgung, Bodenfruchtbarkeit, Befahrung, Erschließung usw. eine nachhaltige Bewirtschaftung stärken.[1]
Das System wird dabei als vielversprechendes Werkzeug nicht nur zur Abmilderung der menschengemachten weltweiten Erhitzung, sondern auch zur Bewältigung ihrer Folgen bezeichnet.[1] (-> Klimawandelanpassung)
Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erfunden und weiterentwickelt hat dieses Verfahren der australische Landwirt und Ingenieur P. A. Yeomans in seinen Büchern The Keyline Plan (1954), The Challenge of Landscape, Water For Every Farm und The City Forest.[2]
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Keyline-Design umfasst den Bau von Bewässerungsdämmen und -gräben, die mit Schleusen- und Rückhaltungen zur Schwerkraftbewässerung mit Lager- und Oberflächenwasser verbunden sind. Die Wassergräben können miteinander verbunden werden, um die Einzugsgebiete von Dammbauwerken zu erweitern, die Wasserhöhen zu erhalten und Oberflächenabfluss in die effizientesten Rückhaltungen zu leiten. Wegetrassen folgen sowohl Kammlinien als auch Wasserkanälen, um die Fortbewegung im entsprechenden Gelände zu erleichtern.
Die Grundlage Yeomans' Systems ist die Keyline Scale of Permanence (KSOP, „Keyline-Skala der Kontinuität“) als Ergebnis 15-jähriger Experimente auf seinen Geländen Yobarnie und Nevallan;[3] sie identifiziert die Umwelteinflüsse typischer landwirtschaftlicher Betriebe und ordnet sie nach ihrer Bedeutung und Fortdauer:[4]
- Klima
- Landschaft (Topographie)
- Wasserversorgung
- Straßen und Zugangsmöglichkeiten
- Bäume
- Strukturen (Gebäude)
- (Unterteilende) Abgrenzungen bzw. Einfriedungen, z. B. Zäune
- Boden
Keyline Design berücksichtigt diese Aspekte bei der Planung und Platzierung von Wasserspeicherelementen, Straßen, Bäumen, Gebäuden und Zäunen. Auf hügeligem Land beinhaltet das Keyline-Design die Identifizierung von Graten, Höhenzügen, Tälern und natürlichen Wasserläufen sowie deren Gestaltung zur Optimierung von Wasserspeicherstandorten mit dem Konstruieren von Verbindungskanälen. Die identifizierten natürlichen Wasserlinien beschreiben die möglichen Standorte für verschiedene weniger dauerhafte Elemente wie Straßen, Zäune, Bäume und Gebäude, welche das natürliche Potenzial des betreffenden Geländes optimieren können.
Schlüsselpunkt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In einem glatten, grasbewachsenen Tal wird ein Schlüsselpunkt („Keypoint“) identifiziert, an welchem der niedrigere und flachere Teil des ursprünglichen Talbodens höher wird. Die Schlüssellinie dieses Tals wird bestimmt, indem eine Konturlinie fixiert wird, die dem natürlichen Verlauf des Tals durch den Schlüsselpunkt entspricht, sodass alle Punkte auf der Schlüssellinie auf derselben Höhe wie der Schlüsselpunkt liegen. Konturpflügen sowohl über als auch unter der Schlüssellinie und parallel dazu ist zwar an sich unkonturierend, aber das sich entwickelnde Muster neigt dazu, den Regenwasserabfluss von der Mitte des Tals umzulenken und dabei auch die Boden-Erosion zu verhindern.
Die Kultivierung nach Keylines für die Kammlinien erfolgt parallel zu geeigneten Konturen, jedoch nur auf der hohen Seite ihrer Hauptlinie. Dies entwickelt per se ein Muster der „Off-Contour-Bewirtschaftung“, bei der alle im Boden gemachten Pflug-Risse zur Mitte des Kamms hin abfallen.
Dieses Anbaumuster gibt anfallendem Wasser mehr Zeit zum Versickern. Die Kultivierung nach dem Keyline-Muster ermöglicht auch eine kontrollierte Flutbewässerung von hügeligem Land, was die Entwicklung von tiefgründigen, fruchtbaren Böden erhöht.
In vielen Ländern einschließlich Australien ist es von entscheidender Bedeutung, die Versickerung von Niederschlägen zu verbessern; Keyline-Design erreicht dies, indem die Konzentration von erodierenden Abflüssen verzögert wird. Yeomans' Technik unterscheidet sich dabei in mehreren wichtigen Punkten vom herkömmlichen Konturpflügen: Zufälliges Konturpflügen wird auch von der Geländeform abweichen, normalerweise mit dem gegenteiligen Effekt auf den Abfluss: Dass es schnell von Graten abfließt und sich in Rinnen und Tälern konzentriert. Die Grenzen traditioneller Bodenbearbeitung waren mit dem Ansatz der „sicheren Entsorgung“ von landwirtschaftlichem Wasser eine wichtige Motivation für die Entwicklung des Keyline-Designs.
Zusammenhänge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]David Holmgren, einer der Permakultur-Begründer, verwendete Yeomans' Keyline-Design ausgiebig bei der Formulierung seiner Prinzipien zur Permakultur und Gestaltung nachhaltiger menschlicher Siedlungen und Bio-Farmen.[5]
Darren J. Doherty verwendet Keyline-Design als Grundlage für sein Landwirtschafts-Netzwerk, das er als Überarbeitung und Synthese des Systems, für Permakultur, ganzheitlichem Management und mehreren anderen innovativen und humanökologischen Netzwerken zu einem kohärenten prozessbasierten System für Design und Management erneuerbarer Ökonomie betrachtet (-> z. B. Kreislaufwirtschaft). Ein topografisches Beispiel für das Keyline-Design ist unter 37,159154 ° S 144,252248 ° E) zu finden.
Keyline-Design umfasst auch Grundsätze zur schnellen Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit; sie werden vor allem von Yeomans' Sohn Allan erforscht. Er und seine Brüder waren auch maßgeblich an der Konstruktion und Produktion von Spezialpflügen und anderen Geräten für den Keyline-Anbau beteiligt.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bewässerungsfeldwirtschaft
- Landschaftspark Herzberge
- Versickerungsanlage, Versickerungsgraben, Versickerungsstrecke
- Management von Wassereinzugsgebieten
- Bodenerosion
- Bodenschutz
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Percival A. Yeomans
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1954: The Keyline Plan. Sidney Waite & Bull, OCLC 21106239
- 1958: The Challenge of Landscape : the development and practice of keyline. Sydney NSW Keyline, OCLC 10466838
- 1971: The City Forest.[7] Keyline Designs, ISBN 0-9599578-0-4
- 1973: Water for Every Farm: A practical irrigation plan for every Australian property. W. o., K.G. Murray, ISBN 0-646-12954-6, ISBN 0-909325-29-4
- Mit K. B. Yeomans, 1993: Water for Every Farm — Yeomans Keyline Plan. Keyline Designs, ISBN 0-646-12954-6; 2002 ISBN 0-646-41875-0; 2008 ISBN 978-1-4382-2578-4
- 2005: Priority One: Together we Can Beat Global Warming. ISBN 0-646-43805-0
Weitere
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Niklas Kullik: Entwicklungsszenario der landwirtschaftlichen Flächennutzung durch ein Keyline Kultivierungsmuster: Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof in Deutschland. (leuphana.de).
- J. MacDonald-Holmes: Geographical and Topographical Basis of Keyline.
- L. Spencer, 2006: Keyline and Fertile Futures.
- Justin G. Ryan, Clive A. McAlpine, John A. Ludwig, 2010: Integrated vegetation designs for enhancing water retention and recycling in agroecosystems. Landscape Ecology 25, 2010, S. 1277–1288
- Justin G. Ryan u. a., 2015: Modelling the Potential of Integrated Vegetation Bands (IVB) to Retain Stormwater Runoff on Steep Hillslopes of Southeast Queensland, Australia. In: Land 4 2015, S. 711–736
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Accademia Dantesca Jahnishausen e. V., a-d-j.de: Ein landwirtschaftliches Modellprojekt („Modellprojekt Keyline-Design und Agroforst - für eine klimagerechte und enkeltaugliche Landwirtschaft“)
- Biosphärenreservat Rhön, biosphaerenreservat-rhoen.de: Keyline Design – Wasser in der Landschaft halten
- permakulturblog.de: Keyline Design: Wasser in der Landschaft speichern
- Netzwerk Wasserrückhaltung und Verdunstungskühlung in der Landbewirtschaftung durch Keyline Design und Agroforst (NetzwerkWasserAgri), wasser-retention.de: Was ist Keyline Design?
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Philipp: Keyline Design | baumfeldwirtschaft.de. 13. November 2018, abgerufen am 5. März 2023 (deutsch).
- ↑ - Keyline Designs - Water for Every Farm -. Abgerufen am 27. Februar 2023.
- ↑ NSW Department of Planning, Industry and Environment, environment.nsw.gov.au,archive.ph: Yobarnie Keyline Farm (5. März 2023)
- ↑ RIDGEDALE FARM AB, ridgedalepermaculture.com, archive.ph: WHAT IS KEYLINE DESIGN? (5. März 2023)
- ↑ permaculturenews.org vom 16. März 2009, Darren Doherty: Keyline Design – Mark IV (5. März 2023)
- ↑ 6. The Subsoil Plow Story. Abgerufen am 5. März 2023 (englisch). („Nicht sicher!“)
- ↑ P. 19. Mai 2015, abgerufen am 5. März 2023.