Kilchberg (Tübingen)

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Kilchberg
Universitätsstadt Tübingen
Ehemaliges Gemeindewappen von Kilchberg
Koordinaten: 48° 29′ N, 9° 1′ OKoordinaten: 48° 29′ 20″ N, 9° 0′ 57″ O
Höhe: 336 m ü. NN
Fläche: 4,41 km²
Einwohner: 1248 (30. Dez. 2016)
Bevölkerungsdichte: 283 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1971
Postleitzahl: 72072
Vorwahl: 07071
Karte
Lage von Kilchberg in Tübingen
Schloss Kilchberg

Kilchberg ist ein Teilort der Universitätsstadt Tübingen am Schloss Kilchberg. Er liegt südwestlich der Innenstadt. Es ist ein ehemaliger ritterschaftlicher Besitz.

Kilchberg liegt fünf Kilometer südwestlich der Kernstadt und sieben Kilometer östlich von Rottenburg am Neckar auf der fast ebenen Niederterrasse des Neckartales am Fuße des Rammert in einer Höhenlage zwischen 330 und 480 m (Heineswald im Rammert). Seit 1. Juli 1971 ist die einst selbstständige Gemeinde in die Stadt Tübingen zusammen mit sieben weiteren Teilorten eingegliedert.

Grundriss-Skizze der Burg Kilchberg
Grabhügel

Es gibt verschiedene Urkunden über Kilchbergs erste Nennung; die erste datiert aus dem Jahr 1231. Das 750-Jahr-Fest im Jahre 1986 beruht auf folgender Tatsache: Im Jahr 1236 hat der Pfalzgraf Wilhelm von Tübingen seine Tochter Adelheid mit Kuno von Münzenberg verheiratet und darüber eine Urkunde ausgestellt.[1] Als Zeuge war anwesend ein Heynrikus de Kirchperc. Diese Urkunde dient den Geschichtsforschern als erste Nennung Kilchbergs. Im Jahre 1261 taucht als Nachfolger der Name „Lescher“ und die Schreibweise „Kilchberg“ erstmals auf.

Kilchberg war ursprünglich ein ritterschaftlicher Besitz und obwohl es seit 1558 zu Württemberg gehörte, hatte dort auch in der 1. Hälfte des 17. Jh. vor allem der Junker das Sagen.[2]

Am 1. Juli 1971 wurde Kilchberg bei der Gebietsreform in Baden-Württemberg in die Kreisstadt Tübingen eingegliedert und verlor seine kommunale Selbstständigkeit.[3]

Die Martinskirche[4] der evangelischen Kirchengemeinde (Kirchenbezirk Tübingen) hat ein romanisches Turmuntergeschoss. Weitere Baustile lassen sich feststellen: das Langhaus ist spätgotisch, die Fenster und das Portal spätbarock, Grabmale stammen aus der Renaissance, die Predella von 1478, das Kruzifix ist wohl aus frühgotischer Zeit. Die Chororgel wurde 1756 eingebaut, ihre originale Bemalung von 1770 ist erhalten. Die ältesten Glocken der Kirche stammen aus dem 15. Jahrhundert. Der in Kilchberg lange Zeit wohnende namhafte Architekt Paul Schmitthenner hat 1945 und 1954 an der Martinskirche Renovierungsarbeiten geleitet. Das Kilchberger Pfarramt ist auch für die evangelischen Christen in Bühl zuständig. 1998 konnte dort ein Gemeindehaus erbaut werden, das nach Anna von Stein benannt wurde, der „Mutter der Reformation“ in Bühl.

Wirtschaft und Infrastruktur

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Auf den fruchtbaren Auelehmen im Neckartal werden rund um den Ort Ackerbau betrieben. Im Süden hat Kilchberg einen größeren Flächenanteil am Rammertwald. Westlich der Ortschaft, an der Grenze zu Tübingen-Bühl, hat sich mit den Himmel-Werken ein großer Metall verarbeitender Betrieb angesiedelt. Das Werk gehört der Siemens AG an und produziert Elektromotoren.

Die Ortschaft wird im Norden von der L 370 tangiert, die Tübingen mit der Großen Kreisstadt Rottenburg im Westen verbindet. Sie wurde auf Kilchberger Gemarkung parallel zur Bahnstrecke Plochingen–Immendingen gelegt.

Gemeindepartnerschaft

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  • Kilchberg (Schweiz) seit 1981. Ohne Partnerschaftsvertrag seit 1956, als eine Kilchberg-Schweizer Delegation Kilchberg bei Tübingen zum ersten Mal besuchte. Dieser Kontakt entstand durch eine Lausbubengeschichte: Ein 13-jähriger Schüler hatte einen Werbezettel zur Bürgermeisterwahl in Kilchberg bei Tübingen kurzerhand an das „Bürgermeisteramt in Kilchberg am Zürichsee“ geschickt[5].

Persönlichkeiten, die mit dem Ort in Verbindung standen

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Ernestine Philippine Wilhelmine Haas. Porträt von Christian Gottlieb Schick
  • Hans Urban von Closen († 1626) war ein bayrischer Erblandesmarschall und später der Besitzer von Kilchberg bei Tübingen.
  • Ernestine Philippine Wilhelmine Haas (1769–1821), Pfarrerstochter aus Kilchberg, heiratete Johann Friedrich Cotta, den Verleger Schillers und Goethes
  • Otto Robert Hauser (1886–1972), ein in Kilchberg geborener Politiker und Philanthrop, sammelte nach dem Zweiten Weltkrieg 3,5 Millionen Dollar und ließ dafür CARE-Pakete ins hungernde Deutschland schicken.
  • Johann Gottfried Mayer (1741–1807), 1769–1781 Pfarrer in Kilchberg; 1781–1801 Klosterprofessor in Maulbronn (dort 1786–1788 Lehrer Friedrich Hölderlins).
  • Paul Schmitthenner (1884–1972), Architekt, Vertreter der „Stuttgarter Schule“, Ehrenbürger von Kilchberg (sein letzter Wohnort von 1944 bis 1971)
  • Christian Wilhelm von Tessin (1781–1846), Rittergutsbesitzer, der sich u. a. als Forstwissenschaftler und Autor betätigte
  • Kilchberg. In: Christoph Friedrich von Stälin (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Tübingen (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band 49). H. Lindemann, Stuttgart 1867, S. 398–408 (Volltext [Wikisource]).
  • Günther Schweizer, Gerhard Kittelberger u. a.: Kilchberg. In: Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg (Hrsg.): Der Landkreis Tübingen. Amtliche Kreisbeschreibung, Band 2. Kohlhammer, Stuttgart 1972, ISBN 3-17-258321-X, S. 358–375 (Die Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg [6]).
  • Gerd Million (Red.): Kilchberg. Ein Streifzug durch acht Jahrhunderte. Mit Beiträgen von Erich Krauß, Hans Krauß, Helene Krauß, Karl Krauß, Hubert Krins, Lothar Merkelbach, Gerd Million, Klaus Mohr, Hartmann Reim. Kulturamt, Tübingen 1986, ISBN 3-921580-61-7.
  • Reinhard Breymayer: Johann Christian Hiller und Justinus Kerners Vetter Johann Gottfried Mayer. Zwei Maulbronner Klosterprofessoren des jungen Hölderlin. In: Reinhard Breymayer (Hrsg.): In dem milden und glücklichen Schwaben und in der Neuen Welt. Beiträge zur Goethezeit. Festschrift für Hartmut Fröschle. Heinz, Stuttgart 2004, ISBN 3-88099-428-5, S. 111–142, hier S. 124–132. 139–141 zu Mayer (Arbeiten zur Germanistik, 423 = Suevica 9, 2001/02).
  • Klaus Mohr: Mr hòt koin Fernseher ghet ond koi Radio. Eine Reise in die Vergangenheit von Kilchberg. Buch mit beigefügter CD mit Dialektbeispielen. Hepper Printmedien u. a., Tübingen 2008, ISBN 978-3-910090-89-7. Ausstellung
  • Siegwalt Schiek: Der Grabhügel in Tübingen-Kilchberg. Die Restaurierung eines Bodendenkmals. In: „Denkmalpflege in Baden-Württemberg“, 4. Jg., 1975, Heft 2, S. 78 f. (PDF) [nicht ausgewertet]

Einzelnachweise

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  1. Text abgedruckt bei Johann Adam Grüsner: Beyträge zur Geschlechtskunde der Minzenbergischen Dynasten in der Wetterau. (Diplomatische Beyträge 3). Andreä, Frankfurt am Main, Hanau und Leipzig 1776, S. 160–162, bes. S. 160 (Google-Books).
  2. Schmoller: Die Diözese Tübingen in den Jahren 1601–5 nach den Visitationsberichten der damaligen Amtsspezialsuperintendenz. In: „Blätter für Württembergische Kirchengeschichte“ 1889, S. 15
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 534 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  4. Ev. Martinskirche auf der offiziellen Website der Kirchengemeinde, abgerufen am 1. September 2018
  5. Hans Bosshard: Kilchberg grüßt Kilchberg, 2006. Abgerufen am 30. März 2020.
Commons: Kilchberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien