Klaus Runze

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Klaus Runze (* 20. Juli 1930 in Berlin) ist ein deutscher Pianist, Musikpädagoge, Autor und Hochschullehrer, der Musik mit kindgerechter Pädagogik, Kunst und philosophischer Reflexion zu vereinen sucht.

Runze studierte von 1948 bis 1962 Klavier, Cembalo und Rhythmische Erziehung an der Staatlichen Hochschule für Musik Berlin (West). Ab 1961 entwickelte er an der Musikschule Berlin-Charlottenburg gemeinsam mit Kindern ein musikpädagogisches Konzept, das ihre Kreativität in den Mittelpunkt rückt.[1] Als Ergebnis erschienen 1971 und 1973 zwei Bände seiner „Klavierschule für Kinder“.[2] Ab 1973 unterrichtete er als Dozent Klavier, Klavier-Didaktik und Improvisation an der Musikhochschule Köln, ab 1989 auch an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf und der früheren Hochschule für Musik Westfalen-Lippe in Dortmund, nun Musikhochschule Detmold.[1]

1975 trat Runze beim Weltkongress der Jeunesses Musicales in Paris mit Schülern auf.[Anm. 1] 1976/1977 wurde er nach Basel eingeladen, wo er an der Musikschule der Musik-Akademie der Stadt Basel Seminare zum Thema „Alternativen im Klavierunterricht“ in der Reihe Information und Versuche hielt.

Von 1980 bis 2000 trat Runze als Improvisations- und Performance-Künstler auf und wirkt auf Festivals für neue Musik mit, wobei er musikalisches mit bildnerischem Gestalten verbindet. 1998 erschien sein Beitrag Dreißig Jahre zukunftsorientierter Anfängerpädagogik im Klavierspiel zur Jahrestagung der European Piano Teachers Association in Graz. Schwerpunkte seiner Auftritte waren Deutschland, Österreich, Schweiz und Japan, letzteres die Heimat seiner Frau. Sein Werk umfasst Bilder, Skulpturen, Installationen und Multimediale Werke, durch die er auch als Intermedia-Artist bezeichnet wird.[1]

Von 2006 bis 2014 publizierte Runze eine literarisch-geschichtliche Trilogie unter dem Titel „Unter dem Schwarzen Regenbogen“. Die drei Teile der Trilogie („Die Stimme eines Ungestorbenen“, „Bübchens Traum und Trauma“ und „Karl Boguslav 1933–1945. Kindheit und Jugend im III. Reich“) thematisieren das Leben einer Familie während der Zeit der NS-Diktatur und basieren auf familiengeschichtlicher und autobiographischer Retrospektive[3]. Darüber hinaus veröffentlichte Runze einen Band mit eigener Lyrik und fungierte als Herausgeber der Gedichtbände anderer Autoren.

2010 brachte der Klangkünstler Johannes S. Sistermanns in der Serie „Mein Lehrer“ des Hessischen Rundfunks einen Beitrag zu Runze.[Anm. 2]

2020 beteiligte er sich mit einer Komposition Echo für Klavier an dem internationalen Kompositionsprojekt 250 piano pieces for Beethoven von Susanne Kessel zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens unter Corona-Bedingungen.[4]

„Aus der Erkenntnis heraus, dass Noten nicht Musik sind, sondern nur eine äußerst abstrakte, rationale Zeichensprache darstellen, muss die Vorentscheidung für den Beginn pädagogischer Arbeit darin liegen, eine Musikübung nicht mit dem Erlernen der Noten zu beginnen: Die Entwicklung der musikalischen Vorstellung vollzieht sich durch das Greifen und Hören […]“

Klaus Runze: Aus Kommentar und Anleitung S. 1

Die Klaviermethode Runzes gehe mit dem ersten Band[5] zunächst vom Tastenbild aus und beginne mit der improvisatorischen Entdeckung des Klaviers als Klangkörper. Sie richtet sich an Kinder im Vorschul- oder jüngeren Schulalter. In Unterscheidung zu den damals üblichen Klavierschulen wird sogleich mit beiden Händen gespielt, die gesamte Tastatur genutzt und vom Tastenbild der 12 Töne mit den Orientierung gebenden schwarzen Tasten als 2er und 3er Muster ausgegangen. Die Kinder spielen zunächst im Stehen, was aufgrund ihrer Größe eine physiologisch günstigere Position und Hand- und Armhaltung ermögliche. Sie erfahren eine „Musikerziehung mithilfe des Klaviers“, indem sie vor dem Literaturspiel spielerisch musikalische Formen (etwa Pentatonik, Intervalle, Dreiklänge) kennenlernen und mit ihnen improvisatorisch umgehen. Die Improvisation werde angeregt durch ein assoziativ-bildhaftes Vorgehen, welches sich auf die Spielweise, die Handhaltung oder die musikalischen Formen beziehe. Insbesondere Tiere, etwa Zebras, Klammeraffen, Krokodile, Schildkröten und Kuckucke, dienen als Anregung zur Ausführung bestimmter Bewegungsformen oder zur Einübung in musikalische Formen. Eines der erklärten Ziele sei es, die Trennung zwischen „Spielen“ und „Üben“ so weit wie möglich aufzuheben. Zugleich verberge sich in der kindlich anmutenden Aufmachung der Klavierschule eine systematische Einübung in pianistische Techniken wie Kraft und Gelenkigkeit, Lockerung in den Armbewegungen, fließend-elastischen Bewegungen des Handgelenks, Zusammenspiel von Anspannung und Entspannung, Daumenuntersatz, Vorbereitung auf Systematiken von Fingersätzen, Unabhängigkeit der beiden Hände. Die Klaviermethodik nutze dazu auch die nicht-tonalen Klangwelten der Neuen Musik, wodurch ein breiterer musikalischen Spielraum zur Verfügung steht, der kindlichen Zugangsweisen entgegenkommt.[6]

Der Klavierunterricht wird bevorzugt als Gruppenunterricht mit zwei Kindern durchgeführt.[7] Das Verständnis des Polyphonen, das Zuhören, Phrasieren und Dialogisches sei mit zwei Kindern besser zu organisieren. Der Unterricht bezieht Bewegung und Malen[Anm. 3] ein und ähnele dem multisensorischen Ansatz von Gertrud Orff sowie Ansätzen der Elementaren Musikerziehung und Rhythmik. Zentral sei ein assoziativ-bildhaftes Vorgehen.[6]

Der zweite Band Spiel mit Noten erschließt die Notenschrift nicht anhand von Klavierstücken, sondern spielt mit Klängen sowohl tonaler, grundtonbezogener Melodien als auch der Neuen Musik; die Spiegelbildlichkeit der Hände und der Notation soll das Verhältnis der beiden Klavier-Notenschlüssel verdeutlichen (G-Schlüssel rechts, F-Schlüssel links).[Anm. 4] Auch bei der Einführung in die Notenschrift werde der Schüler nicht mit fertig vorgeformten Gestalten konfrontiert, sondern erlerne auch die Notation von Musik nach dem didaktischen Prinzip des Sicht-Erarbeitens und dem mitschöpferische Element.[8]

Beide Bände der Klavierschule erschienen auch in englischer und japanischer Sprache.

  • Sabine Schutte: Zwei Modelle einer Musikalischen Früherziehung (Vergleich Musikalische Früherziehung des VdM mit Runzes Zwei Hände -Zwölf Tasten), 1971
  • Rosemarie Tüpker: Improvisation im Anfangsunterricht Klavier. Erinnerungen an die gemeinsame Begegnung mit Klaus Runze. In: Jan Sonntag: Karin Holzwarth (Hrsg.): Der nächste Schritt ist immer fällig. Improvisation in der Musiktherapie. Reichert-Verlag, Wiesbaden 2020, S. 58–67. ISBN 978-3-95490-497-6
  1. Zu seinem Auftritt „Animation allemagne“ zusammen mit Rosemarie Krafft erschien Runzes Bericht in: Neue Musikzeitung, Dezember 1975/Januar 1976, S. 24; Wie die Fledermaus das Hören lehrt, Improvisation als Impuls zum Instrumentalspiel – Struktur und Emotion.
  2. Siehe Texte „Radio-Sendung vom 14.12.10 im Hessischen Rundfunk […] Der Pädagoge, Pianist und Künstler Klaus Runze. Vorgestellt von seinem Schüler Johannes S. Sistermanns“ auf Runzes Website
  3. Die graphische Gestaltung der Titelseiten beider Klavierschul-Bände stammt von Kindern.
  4. Die Hände gehen von einer zentralen (imaginären) Notenlinie (=C 1) in der Mitte aus, von der die Töne nach oben in den Bereich des Violinschlüssels (G, rechte Hand) und nach unten in den des Bassschlüssels (F, linke Hand) führen; ein System, beide Schlüssel/Hände gleichzeitig zu verorten; dies war lange bekannt, wurde von Runze aber besonders konsequent angewendet und insbesondere die Symmetrie der Tasten (3 weiße/2 schwarze – 3 schwarze/2 weiße) und die Ausnutzung der spiegelbildlichen Anlage der Hände in Parallel- und Gegenbewegung vertieft. Manches verbreitete sich auch in späteren Klavierschulen, etwa die Anregung durch Tasten- und Tierbilder.

Einzelnachweise

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  1. a b c Rosemarie Tüpker: Improvisation im Anfangsunterricht Klavier. Erinnerungen an die gemeinsame Begegnung mit Klaus Runze. In: Jan Sonntag: Karin Holzwarth (Hrsg.): Der nächste Schritt ist immer fällig. Improvisation in der Musiktherapie. Reichert-Verlag, Wiesbaden 2020, S. 58 f. ISBN 978-3-95490-497-6
  2. Neues Lexikon der Musikpädagogik. Personenteil. Gustav Bosse Verlag, Regensburg 2001.
  3. Klaus Runze: Unter dem Schwarzen Regenbogen. Biographische Episoden aus der Zeit der »braun getränkten Erde«. Monsenstein Und Vannerdat, 2014, ISBN 978-3-95645-332-8.
  4. Klaus Runze beim International Composition Projekt. Abgerufen am 13. November 2020
  5. Klaus Runze: Zwei Hände – Zwölf Tasten: Das moderne Unterrichtswerk für den frühen Beginn am Klavier. Band 1: Ein Buch mit Bildern für kleine Klavierspieler – Spielbuch ohne Noten Schott-Verlag, Mainz 1971
  6. a b Rosemarie Tüpker: Improvisation im Anfangsunterricht Klavier. Erinnerungen an die gemeinsame Begegnung mit Klaus Runze. In: Jan Sonntag: Karin Holzwarth (Hrsg.): Der nächste Schritt ist immer fällig. Improvisation in der Musiktherapie. Reichert-Verlag, Wiesbaden 2020, S. 59–67 f. ISBN 978-3-95490-497-6
  7. Klaus Runze: Zum Klaviergruppenunterricht: Vorschläge und Beispiele. In: Üben & Musizieren, 1994/6, S. 21–26.
  8. Fritz Emonts: Rezension zu Klaus Runze. Spiel mit Noten. In: Musik und Bildung 8. Jahrgang Heft 1. Januar 1976. Online auf Runzes Website