Klausner (Hiddensee)
Der Klausner („Zum Klausner“) ist eine traditionsreiche Gaststätte mit Pension auf dem Dornbusch im Norden der Insel Hiddensee. Die Gaststätte ist an der Steilküste 70 Meter über dem Meeresspiegel gelegen und 500 Meter vom Leuchtturm Dornbusch entfernt. Der Klausner ist zentraler Handlungsort des preisgekrönten Romans Kruso von Lutz Seiler aus dem Jahr 2014.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ursprung des Klausners liegt im Jahre 1888, als Alexander Ettenburg, genannt der Einsiedler, an der Stelle seine Bergwaldschenke „Eremitage auf Tannhausen“ eröffnete. Neben seiner Schenke bot er seinen Gästen ein Luft- und Sonnenbad, Turngeräte, Brausebad sowie Wohnlauben aus Brettern und Reet.[1] In unmittelbarer Nähe zur Bergwaldschenke gründete er ein Naturtheater in der – so von ihm genannten – Svantovit-Schlucht. Hier inszenierte er unter anderem selbstgeschriebene Dramen. Den Pachtvertrag mit dem Stralsunder Kloster zum Heiligen Geist als Eigentümer des Grundstücks konnte er 1909 aufgrund des erhöhten Pachtzinses nicht verlängern. Die Hotelanlage Zum Klausner wurde 1911 durch den Berliner Unternehmer Emil Hirsekorn (1874–1922) neu errichtet und nachfolgend zusammen mit seiner Ehefrau Lina, geborene Schneider (1886–1959), betrieben.[2] Westlich des Restaurants errichtete das Ehepaar Hirsekorn drei kleine Häuser und gaben ihnen die Namen ihrer Kinder Klaus, Mona und Erika. Das Ehepaar Hirsekorn führte auch das Haus Wieseneck in Kloster. In dieser Zeit waren sowohl der Klausner als auch das Wieseneck beliebt bei Künstlerinnen und Künstlern. Nach 1959 wurden beide Häuser von der Tochter Erika Meding, geborene Hirsekorn (1918–2006), und ihrem Ehemann Gerhard Meding (1918–1989) geführt. Die Gräber von Lina und Emil Hirsekorn sowie Erika und Gerhard Meding befinden sich auf dem Friedhof von Kloster.
Zu Zeiten der DDR, in Folge der Aktion Rose im Jahr 1953, wurde das Haus ein volkseigenes Ferienheim. 1962 wurde es vom VEB Berliner Metallhütten und Halbzeugwerke erworben und versorgte Betriebsferiengäste und die sogenannten „Eintagsfliegen“, wie manche die Tagesausflügler zu DDR-Zeiten nannten.[3]
Der Klausner war in den 1970er und 1980er Jahren auch geprägt durch ein linksalternatives Intellektuellen- und Künstlermilieu und die oppositionelle Jugendkultur der DDR sowie ein Ort für Aussteiger und Fluchtwillige.[4] Lesend und philosophierend suchten sie innere Freiheit. So hat der Punkmusiker Aljoscha Rompe in den Jahren 1974 bis 1979 mehrfach als Kellner im Klausner gearbeitet. Er gründete 1983 die DDR-Punk-Band Feeling B, die auch am Strand von Hiddensee spielte. In der Erzählung „Der Tangospieler“ von Christoph Hein aus dem Jahr 1989 arbeitet ein aus dem Gefängnis entlassener Dozent für Neuere Geschichte im Klausner als Saisonkellner.[5]
Lutz Seiler, der damals im Abwasch-Bereich der Gaststätte tätig war, schrieb über die Zeit in und um den Klausner im Sommer 1989 zu Beginn der Friedlichen Revolution (Wende) den Roman „Kruso“.[6] Der Roman erhielt 2014 den Deutschen Buchpreis. Nachfolgend wurde der Roman für Theater und Hörspiel bearbeitet und 2018 wurde der gleichnamige Film im Fernsehsender Das Erste gesendet. „Wer hier war“, heißt es in Lutz Seilers Roman „Kruso“, „hatte das Land verlassen, ohne die Grenze zu überschreiten.“
Während der Wende-Zeit arbeitete Ramona Siegel am Tresen der Gaststätte.[7] 1991 kaufte sie den Klausner von der Treuhandanstalt und führt die Gaststätte mit Pension seitdem als Familienunternehmen.
Seit 2005 gibt es im Außenbereich des Klausner einen Skulpturenpark. Die Kunstwerke aus Holz und Kalkstein sind zum größten Teil als studentische Arbeiten der Hochschule für Bildende Künste Dresden unter Leitung des Bildhauers Jo Harbort entstanden. Es sind regional-typische Menschen dargestellt, beispielsweise Fischer, sowie Naturthemen, wie Bache mit Frischlingen, Eulen, Seeadler, Frösche, Schildkröte, Hecht.
Prominente Gäste
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folgende prominente Gäste des Klausner sind dokumentiert:[8][9][10]
- Julius Bab (1880–1955), Theaterkritiker, 1920
- Ernst Barlach (1870–1938), Bildhauer, 1913
- Theodor Däubler (1876–1934), Lyriker, 1913
- Christoph Hein (* 1944), Schriftsteller
- Herbert Jhering (1888–1977), Theaterkritiker, 1926
- Max Kaus (1891–1977), Maler, 1920, 1922
- Max Kruse (1854–1942), Bildhauer
- Thomas Kunst (* 1965), Schriftsteller, 1989
- Gustav Kiepenheuer (1880–1949), Verleger, 1921
- Lotte Lehmann (1888–1976), Opernsängerin, 1915, 1927, 1928, 1930
- Jörg Schieke (* 1965), Schriftsteller, 1989
- Lutz Seiler (* 1963) , Schriftsteller, 1989
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Otto Dankwardt: Alexander Ettenburg – der Einsiedler von Hiddensee, der „dat söte Länneken“ entdeckte und es dem Dornröschenschlaf entriß. In: Renate Seydel (Hrsg.): Hiddensee: Ein Lesebuch. Ullstein Verlag, Frankfurt/M.,Berlin 1996, ISBN 3-548-23855-6, S. 354–355.
- ↑ Jana Leistner: „M.E. liegt ein Bedürfnis nach noch einem dritten Hotel in Kloster vorläufig nicht vor.“ Der schwierige Start des Kaufmanns und Hoteliers Emil Hirsekorn auf Hiddensee. In: Stralsunder Hefte. Druck- und Verlagshaus Kruse, Stralsund 2019, S. 46–51.
- ↑ Ernst Strouhal: Winterreise nach Hiddensee: Am Ursprung von Rammstein. STANDARD Verlagsgesellschaft, 12. Dezember 2014, abgerufen am 21. August 2024.
- ↑ Gerrit Bartels: Buchpreis-Favorit Lutz Seiler im Interview: „Hiddensee war eine Art Jenseitserfahrung“. In: Tagesspiegel. 6. Oktober 2014, abgerufen am 20. August 2024.
- ↑ Christoph Hein: Der Tangospieler. Aufbau Verlag, Berlin, Weimar 1989, ISBN 3-351-01489-9.
- ↑ Lutz Seiler: Kruso. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-518-46630-8.
- ↑ ZDF-Film „Kruso“. So intensiv war der Sex im Sommer 1989 auf Hiddensee. In: Berliner Tageszeitung B.Z. 21. September 2018, abgerufen am 19. August 2024.
- ↑ Renate Seydel: Hiddensee: Ein Lesebuch. Ullstein Verlag, Frankfurt/M.,Berlin 1996, ISBN 3-548-23855-6, S. 71–355.
- ↑ Ute Fritsch: Künstlerkarte Hiddensee. Jena 1800, Berlin 2009, ISBN 978-3-931911-25-6.
- ↑ Legenden über Legenden im Literaturhaus Leipzig: vom „Klausner“ zu Kafka. In: Leipziger Volkszeitung. 7. April 2024, abgerufen am 3. November 2024.
Koordinaten: 54° 35′ 49,4″ N, 13° 6′ 52,7″ O