Knieper (Stralsund)

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Knieper ist ein Stadtgebiet im Norden von Stralsund. Es ist in die Stadtteile Knieper Vorstadt, Knieper Nord und Knieper West gegliedert.[1] Der Stadtteil Knieper West wiederum ist gegliedert in Knieper West I, Knieper West II und Knieper West III. Im Jahr 2022 lebten hier 24.676 Menschen.[2]

OSM-Karte des Stadtgebiets Knieper (2023)
Knieper West III, Wohnhäuser und Schulen, im Hintergrund die Altstadt und die Volkswerft (2010)
Stralsund, Knieper Nord, Wohnblocks (1962)
Stralsund, Knieper Nord, Kaufhalle „Knieper“ und Wohnblock (1966)

Ab Sommer 1958 wurde im Stadtteil Kniepervorstadt von Stralsund zum ersten Mal industriell gebaut.[3] Am 3. September 1958 wurde für den ersten so gebauten Wohnblock in der Prohner Straße (damals noch Prohner Chaussee) das Richtfest gefeiert. Der mehrgeschossige Wohnblock war zu dieser Zeit noch von unbebautem Gelände umgeben. Der zweite Wohnblock wurde am 7. Oktober 1958, dem Tag der Republik, übergeben.[4]

Für die Produktion der weiter benötigten Großblöcke wurde im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks auf dem Gelände der Zuckerfabrik ein Betonwerk gebaut.[5] Das Betonwerk nahm am 1. März 1959 die Produktion auf.[4]

Die Großblockbauweise wurde bald abgelöst von der Plattenbauweise. Ein Plattenwerk des Wohnungsbaukombinats am Heinrich-Heine-Ring übernahm die Produktion der Fertigbauteile. Damit wurde im Jahr 1964 die Bauzeit eines Wohnblocks von 60 Tagen im Rohbau auf 35 Tage verkürzt.[6]

Der Stadtteil Knieper Nord war das erste in Plattenbauweise errichtete Wohngebiet in Stralsund.[3] Im Januar 1963 wurden die ersten Wohnungen in viergeschossigen Häusern im Heinrich-Heine-Ring übergeben. Am 22. August 1964 wurde die letzte der insgesamt 2.670 Wohnungen in Knieper Nord fertiggestellt. Am 1. September 1964 wurde die Schule in der Johannes-R.-Becher-Straße zur Nutzung übergeben, im März 1965 die Kaufhalle „Knieper“ in der Kedingshäger Straße. Im Jahr 1967 folgte die Kaufhalle „Am Sund“.[6] In der Kedingshäger Straße wurde von 1970 bis 1971 durch die Arbeiter-Wohnungsbaugenossenschaft der Volkswerft ein Kulturhaus gebaut, das zu Ehren Fiete Dettmanns benannt wurde.[3] Am 29. April 1972 wurde das „Café am Hochhaus“ eröffnet.[6]

Stralsund, Knieper-West, Plattenbau (1966)

Am 19. September 1963 beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Aufbau des Stadtteils Knieper West auf einer Fläche von 75 Hektar, gelegen zwischen Zentralfriedhof und Stadtwald. Der sogenannte erste Spatenstich wurde am 25. Juni 1964 getätigt, Grundsteinlegung für das Wohngebiet Knieper West I, dem zweiten Plattenbaugebiet, war am 26. August 1964. Im März 1965 zogen die ersten 75 Mieter in Wohnungen des neuen Stadtteils ein. Am 1. September 1965 erhielt der Stadtteil seine erste Polytechnische Oberschule (POS), am 2. Februar 1967 die erste kombinierte Einrichtung mit Kindergarten und Kinderkrippe. Ein Heizwerk, dessen 130 Meter hoher Schornstein die Silhouette der Stadt fortan mitprägte, versorgte ab dem 1. Oktober 1967 die Wohnungen des Stadtteils über Fernwärmeleitungen mit Heizung. Am 3. März 1969 wurde die 2.000ste Wohnung übergeben. Ebenfalls 1969 wurde die zweite POS übergeben sowie die Kaufhalle „8. März“ eröffnet.[6] Im Jahr 1975 entstand in Knieper West die bis dato größte Turnhalle der Stadt.[7]

Das Plattenwerk wurde ab September 1974 rekonstruiert und auf die Produktion der WBS 70-Platten umgestellt, die für die Errichtung des Stadtteils Knieper West III benötigt wurden. In der Zeit dieser Rekonstruktion wurden in den Jahren 1974 bis 1975 einige Neubauten an Einzelstandorten in Knieper Nord errichtet.[7]

Am 12. Januar 1976 wurde mit dem Bau des ersten Wohnkomplexes im Stadtteil Knieper West III begonnen. Die erste Kindertagesstätte wurde am 1. März 1977 übergeben. Mit der POS „Karl Marx“ entstand 1979 in Knieper West III die zwölfte POS der Stadt; eine zweite Kindertagesstätte öffnete am 30. April 1980. Die letzte Platte im Stadtteil wurde am 27. März 1981 am Block 058 gesetzt.[7]

Das ab 1975 am Rand des Neubaugebietes Knieper West errichtete, am 16. Oktober 1977 eingeweihte St. Nikolai Gemeindezentrum war der erste Sakralbau in einem DDR-Neubaugebiet.[8]

Bis Ende 1972 waren in Knieper 3500 Wohnungen gebaut worden, weitere 3500 waren in Planung.[3] In Knieper West waren bis 1970 2.788 Wohnungen entstanden.[6] In den Jahren 1971 bis 1975 waren in Stralsund 1.649 Wohnungen und 122 Eigenheime gebaut worden, im Juni 1973 wurde die 10.000ste Neubauwohnung übergeben.[7] Bis 1981 entstanden in den Stadtteilen Knieper Nord und Knieper West insgesamt 10.400 Wohnungen,[9] davon 8.200 Wohnungen in Knieper West.[7]

Nach Knieper West entstand ab dem 6. Oktober 1980 der ebenfalls in Plattenbauweise errichtete Stadtteil Grünhufe.[7]

Knieper West III, Wohnhäuser, Karsten-Sarnow-Schule, Knieper-Center (2010)

Der Strukturwandel nach der Wende brachte Einwohnerverluste mit sich, zudem sinkende Beschäftigungszahlen und Arbeitslosigkeit. Mit Geldern aus Städtebauförderprogrammen wurde ab 1993 eine Aufwertung des Wohnumfelds in Knieper West vorgenommen.[10] Seit dem Jahr 2002 ist Stralsund auch im Programm „Stadtumbau Ost“ vertreten; Knieper West wurde im Jahr 2005 aus diesem Programm herausgenommen.[11]

Viele der Plattenbauten wurden saniert, modernisiert und dabei teils umgebaut. Ein 8.000 m² großer Gemeinschaftsgarten wurde in Knieper West III angelegt.[12]

Im Jahr 2007 wurde das „Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium“ in Knieper West geschlossen,[13] das Gebäude diente bis 2022 als Ausweichquartier für das Schulzentrum am Sund.[14] Die ehemalige POS „Friedrich Engels“ (errichtet 1978) in Knieper West III, die nach 1990 als Grundschule „Karsten Sarnow“ genutzt worden war und zuletzt lange Zeit leer stand, wurde im Jahr 2013 abgerissen,[15] auf dem Gelände entstanden Mehrfamilienhäuser.

In den Jahren 2016 und 2017 war der Stadtteil Knieper der Stralsunder Stadtteil mit der höchsten Kriminalitätsrate.[16]

Ab 2017 wurden im „Quartier Knieper Nord“ weitere Häuser gebaut.[17] Das Wohngebiet Prohner Straße soll ab 2023 in Knieper Nord errichtet werden.[18]

Das Stadtgebiet Knieper wurde 2018 in das Programm Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt aufgenommen, Ziele sind die Stärkung der der sozialen Infrastruktur sowie die Erhöhung des Wohnwertes durch Aufwertungsmaßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes.[19]

Im März 2023 wurden aus Mitteln des Bundeshaushalts über 4,5 Millionen Euro für eine Umgestaltung de Heinrich-Heine-Rings bewilligt, die Stadt Stralsund investiert zudem 800.000 Euro. Mit dem Geld soll ein Boulevard gestaltet werden, die Straße wird einspurig als Allee ausgeführt.[20] Die Bundesmittel kommen aus dem Programm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“.[21]

Geplant ist (Stand 2023) auch die Einrichtung einer Schule als Kinder- und Jugendcampus auf dem Gelände des ehemaligen Plattenwerkes.[14]

Einwohnerentwicklung

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Das Stadtgebiet Knieper ist das bevölkerungsreichste Stadtgebiet in Stralsund. Der Stadtteil Knieper West ist der bevölkerungsreichste Stadtteil.

Nach 1989 verlor Stralsund etwa ein Fünftel seiner Bevölkerung, überwiegend durch Abwanderung.[11]

Von 1992 bis 2003 gab es einen kontinuierlichen Rückgang der Einwohnerzahlen in Knieper West von 22,8 %, in der Kniepervorstadt von 4,9 % und in Knieper Nord von 5,7 %.[22] Zwischen 1999 und 2013 betrug der Einwohnerrückgang in Knieper 12,9 % (3.725 Einwohner).[10]

Einwohnerentwicklung im Stadtgebiet Knieper in Stralsund
Jahr Knieper
(gesamt)
Knieper-
vorstadt
Knieper
Nord
Knieper
West
Stralsund
(gesamt)
1992[23] 32.621 6.227 7.765 18.629 70.851
1996[23] 29.807 5.373 7.412 17.022 63.860
2000[24] 28.499 5.745 7.365 15.389 60.135
2004[24] 27.380 5.970 7.339 15.389 58.283
2008[24] 26.184 6.071 6.977 13.136 57.081
2012[25] 25.381 6.142 6.610 12.629 57.338
2016[25] 25.223 6.176 6.618 12.429 57.415
2020[2] 24.789 5.921 6.718 12.150 59.139

Sport und Erholung

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Die Brunnenaue in der Kniepervorstadt ist ein etwa vier Hektar großes Gelände mit Parkcharakter, sie ist die älteste Parkanlage der Stadt.

Das Wohnungsbaukombinat der Stadt unterhielt am Heinrich-Heine-Ring ein mehrstöckiges Verwaltungsgebäude. Seit 1990 wird es von diversen Unternehmen und Ärzten genutzt.

Im Oktober 1969 wurde in Anwesenheit von Erhard Krack der VEB Blechpackungswerk eröffnet. Nach 1990 wurde der Betrieb eingestellt.

Zwei Ärztehäuser – eins in Knieper Nord, eins in Knieper West – werden durch Arztgemeinschaften betrieben.

Das St. Nikolai Gemeindezentrum gehört zur Kirchengemeinde St. Nikolai der St.-Nikolai-Kirche.

Die Offiziershochschule der Volksmarine „Karl Liebknecht“ wurde am 1. Juli 1956 als „Seeoffizierslehranstalt“ nahe der Schwedenschanze eröffnet. Nach 1990 entstanden auf dem Gelände der aufgelösten Einrichtung das Berufsförderungswerk Stralsund sowie die Hochschule Stralsund.

In ein 1999 eröffnetes Dienstgebäude der Deutschen Rentenversicherung Bund an der Straße Zur Schwedenschanze in Knieper Nord zog auch das Finanzamt Stralsund mit ein, das zuvor an der Lindenstraße untergebracht war.

Die Stadt Stralsund plant (Stand Juni 2021) einen Wirtschafts- und Wissenschaftscampus in Knieper Nord, westlich der Parower Chaussee.[26]

Das Stadtgebiet ist an den Nahverkehr, der von der Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen betrieben wird, angeschlossen.

Kulturelle Rezeption

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Im Stadtteil Knieper West spielt ein großer Teil der von Hendrik Bolz in seinem Buch Nullerjahre verfassten Autofiktion.[27]

Commons: Knieper – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. www.stralsund.de, Kleinräumige Gliederung - Stadtgebiete und Stadtteile, abgerufen am 5. März 2023
  2. a b www.stralsund.de, „Bevölkerung in den Stadtgebieten und Stadtteilen“, abgerufen am 5. März 2023
  3. a b c d Herbert Ewe: Stralsund, VEB Hinstorff Verlag, Rostock, 1972, Seiten 205–208
  4. a b Dietrich Richter: Die Entwicklung Stralsunds zur Werft- und Industriestadt 1949–1961, in: Herbert Ewe: Geschichte der Stadt Stralsund, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, 1984, Seiten 396–404
  5. www.ostsee-zeitung.de, „Was die Zuckerfabrik mit dem Wohnungsbau zu tun hatte“, 11. März 2015, abgerufen am 8. März 2023
  6. a b c d e Dietrich Richter: Stralsund von 1961 bis 1970, in: Herbert Ewe: Geschichte der Stadt Stralsund, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, 1984, Seiten 419–440
  7. a b c d e f Dietrich Richter: Stralsund von 1971 bis 1981, in: Herbert Ewe: Geschichte der Stadt Stralsund, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, 1984, Seiten 454–487
  8. hst-nikolai.de, Kulturerbe in Mecklenburg und Vorpommern: „Geschichte des Gemeindezentrums“ (PDF), 2008, abgerufen am 5. März 2023
  9. Herbert Ewe: Stralsund, VEB Hinstorff Verlag Rostock, 1987, Seiten 268–269
  10. a b www.wismar-stralsund.de, „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“, Februar 2015, abgerufen am 5. März 2023
  11. a b www.bbsr.bund.de, abgerufen am 5. März 2023
  12. www.stralsund.de, Stadterneuerungsgesellschaft Stralsund: Stadterneuerung 1990 – 2021 (PDF), 2021, abgerufen am 5. März 2023
  13. www.ostsee-zeitung.de, „Herderianer bleiben sich treu“, 2. Oktober 2017, abgerufen am 5. März 2023
  14. a b stadtbibliothek.stralsund.de, „Es geht voran: Baustelle Schulzentrum am Sund“, 7. April 2022, abgerufen am 5. März 2023
  15. www.ostsee-zeitung.de, „Altes Schulgebäude wird abgerissen“, 7. November 2013, abgerufen am 5. März 2023
  16. www.ostsee-zeitung.de, „Knieper West wird zum Brennpunkt“, 10. Juli 2018, abgerufen am 5. März 2023
  17. quartier-knieper-nord.de, abgerufen am 5. März 2023
  18. www.lge-mv.de, abgerufen am 5. März 2023
  19. stadtteilarbeit-stralsund.de, „Das Projekt in Stralsund“, abgerufen am 6. März 2023
  20. www.stralsund.de, „Statement des Oberbürgermeisters zur Bundesförderung über 4,5 Mio. Euro für Stralsunds Stadtteil Knieper West“, 1. März 2023, abgerufen am 2. März 2023
  21. www.stralsund.de, „Große Pläne für Knieper West: Bundestagsmitglied Hagen Reinhold informierte sich über Stralsunder Stadtteil Knieper West“, 24. Februar 2023, abgerufen am 2. März 2023
  22. sowi-forschung.de, „Lagebericht zur sozialen Situation in der Hansestadt Stralsund“, abgerufen am 5. März 2023
  23. a b Hansestadt Stralsund (Herausgeber): Stralsund. Ein Almanach. Von der Wende bis zur Gegenwart, Redieck & Schade, Rostock, 1998, ISBN 3-00-002897-8
  24. a b c www.stralsund.de, „Statistisches Jahrbuch 2012 der Hansestadt Stralsund“, abgerufen am 28. März 2023
  25. a b www.stralsund.de, „Statistisches Jahrbuch 2018“, abgerufen am 30. März 2023
  26. bauleitplaene-mv.de, „Bebauungsplan Nr. 69 "Wirtschafts- und WissenschaftsCampus in Knieper Nord, westlich der Parower Chaussee"“, abgerufen am 5. März 2023
  27. blogsatz.org, Farukh Sauerwein: „Kaum O.S.T. in Knieper West“, abgerufen am 5. März 2023