Kniereitvers
Ein Kniereitvers ist ein Vers, der zu zweit im Spiel aufgesagt wird. Es spielt in der Regel ein Erwachsener mit einem Kind, wobei das Kind auf dem Schoß sitzt.
Im deutschen Sprachraum ist folgender Kniereitvers am weitesten verbreitet:
Hoppe hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er.
Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben.
Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter plumps!
Vereinzelt findet man auch Versionen, die um ein oder mehrere Zeilen ergänzt worden sind. Hier ein Beispiel:
Hoppe hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er.
Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben.
Fällt er in die Hecken, fressen ihn die Schnecken.
Fällt er in das grüne Gras, macht er sich die Hose nass.
Fällt er in das Wasser, macht er sich noch nasser.
Fällt er auf die Steine, tun ihm weh die Beine.
Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter plumps!
Im alemannischen Sprachgebiet hingegen existieren mehrere Versionen:
Ryte, ryte, Rössli,
z’Bade staht es Schlössli,
z’Basel staht es goldigs Huus,
da lueged drei Mareye drus:
Die erschti schnätzlet Chryde,
di zweiti, die spinnt Syde,
di dritti, die spinnt Haberstrau,
bhüeti Gott mis Schätzeli au!
(Diese Version ist u. a. im Kanton Aargau bekannt.)
Ryte, ryte, Rössli,
z’Bade staht es Schlössli,
z’Bade staht es goldigs Huus,
es lueged drei Mareye drus:
Die erscht spinnt Syde,
di zweit schnätzlet Chryde,
di dritt gaht is Gloggehus,
und laht di goldig Sune us!
(Diese Version ist u. a. im Kanton Zürich bekannt.)
Joggeli chasch au ryte? – Ja, ja, ja!
Häsch d’Bei uf beidne Siite? – Ja, ja, ja!
Häsch em Rössli z’ässe gäh? – Ja, ja, ja!
Häsch em Rössli z’trinke gäh? – Nei, nei, nei!
Dänn rytet mer zum Brunne,
und rytet drümal ume,
dänn macht das Rössli trip und trap,
und rüert dä Joggeli hinden ab.
(Diese Version ist u. a. im Kanton Bern bekannt.)
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die praktisch spielerische Anwendung mit dem Kind ist auch folgende Version beliebt, bei der ein Elternteil das Kind auf die Knie setzt und durch Auf- und Abwippen dieses ein Pferd mimt, wobei die eigenen Hände die Zügel mimen, mit denen man die des Kindes festhält.
Nun singt man:
Hoppe hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er.
Fällt er in die Hecken, fressen ihn die Schnecken.
Fällt er in das grüne Gras, macht er sich die Hose nass.
Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter plumps!
(Nun öffnet man die Knie und lässt das Kind bis fast auf den Boden fallen, wobei man es natürlich festhält und wieder zurück auf die Knie setzt.)
Fällt er in das Wasser, macht er sich noch nasser.
Fällt er auf die Steine, tun ihm weh die Beine.
Fällt er in den Graben, fressen ihn die Maden.
(Nach Graben schwenkt man das Kind auf das Sofa, wie wenn es vom Pferd gefallen wäre. Nach dem Wort Maden hingegen zeigt man seine zehn Finger und bewegt sie wie Maden an das Gesicht des Kindes heran, allerdings nicht, um es zu fressen, sondern nur kurz abzukitzeln.)
Literatur
- James R. Dow, Olaf Bockhorn: The study of European ethnology in Austria. Ashgate, Hants 2004, ISBN 0-7546-1747-5, S. 163 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Hans Magnus Enzensberger: Allerleirauh. Viele schöne Kinderreime. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1961. Taschenbuchausgabe: Insel, Frankfurt am Main 1974 u.ö., ISBN 978-3-458-31815-6, S. 61–81.
- Wilhelm Mannhardt: Germanische Mythen: Forschungen. Ferdinand Schneider, Berlin 1858, S. 526 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Ludwig Tobler: Schweizerische Volkslieder. Huber, Frauenfeld 1882–1884, S. 241. Reprint: Olms, Hildesheim 1975, ISBN 3487406691 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).