Kohlenniederlage

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Gelände der ehemaligen Kohlenniederlage der Zeche Nachtigall, 2013

Eine Kohlenniederlage,[1] auch Kohlenmagazin[2] oder einfach nur Niederlage genannt,[3] war ein Sammellager für die Steinkohle, welche zum Transport über einen Fluss abwärts und zum dortigen Verkauf bestimmt war.[1] Die Kohlenniederlage diente gleichzeitig als Umschlagplatz für die Kohlen, um diese auf ein anderes Verkehrsmittel zu verladen.[2] Ende des 18. Jahrhunderts wurden die meisten Kohlenniederlagen in Verbindung mit der aufkommenden regelmäßigen Ruhrschifffahrt angelegt.[4] Sie waren vom Prinzip her die Vorläufer der später an den Kanälen erbauten Zechenhäfen.[5] Erhalten geblieben und restauriert worden ist beispielsweise die Kohlenniederlage Nachtigall in Witten.[6]

Grundlagen und Geschichte

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Bis ins 18. Jahrhundert hinein erfolgte der Transport und Weiterverkauf der in den Bergwerken gewonnenen Steinkohle über den Landweg.[7] Dieser als Landabsatz bezeichnete Überlandverkauf[1] war sehr umständlich.[8] Außerdem konnten über den Landweg nur geringere Mengen an Tonnage über die oftmals verhältnismäßig großen Distanzen zu den Endverbrauchern transportiert werden.[9] Zwar gab es bereits in einigen Kohlenrevieren wie dem Aachener Revier die Möglichkeit, die Kohlen über Flüsse wie die Maas zu den weit entfernt von den Bergwerken befindlichen Verbrauchern zu transportieren, doch war der Landweg zu den Verladehäfen an der Maas über die großen Distanzen vom Bergwerk zur Verladestelle oftmals immens schwierig.[8] In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm der Bedarf an Kohlen erheblich zu, sodass diese Mengen kaum noch über den Landweg zu bewältigen waren.[10] Um dieses Problem zu lösen, mussten kleinere Flüsse wie die Ruhr[11] und die Saar[12], aber auch die Lippe[13] über längere Strecken schiffbar gemacht werden.[11] Als ab dem Jahr 1780 der Transport der Kohlen mittels Ruhrschifffahrt im großen Stil möglich wurde, konnten für die Kohlen andere Absatzmärkte erschlossen werden.[4] Allerdings war dieser Transport nicht unproblematisch, denn zum einen mussten die Schiffe Flussaufwärts „zu Berg“ von Land aus hochgezogen werden.[14] Das zweite Problem war, dass Flüsse wie die Ruhr nicht ganzjährig voll schiffbar waren, sodass man die von den Bergwerken angelieferten Kohlen an den Flussufern auf Sammellagern der Kohlenniederlagen zwischengelagert wurden.[9] Diese Niederlagen entstanden beispielsweise verstärkt an den Ufern der Ruhr[7], aber auch an den Ufern der Saar wurden Kohlenniederlagen[ANM 1] betrieben.[12] Im Jahr 1885 gab es alleine an der Ruhr 85 Kohlenniederlagen.[6] Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das Ruhrgebiets zunehmend durch die Eisenbahnen erschlossen.[15] Mit dem Bau der Eisenbahn geriet die Schifffahrt zu Berg erheblich unter Druck, da der Transport per Bahn niedrigere Frachtsätze erforderte[ANM 2] als der Transport mit dem Schiff.[14] Letztendlich verlor dadurch die Ruhrschifffahrt an Bedeutung und mit ihr die Kohlenniederlagen.[6]

Aufbau und Nutzung

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Im Wesentlichen bestand eine Kohlenniederlage aus einem befestigten Platz, der von einer Mauer umgeben[ANM 3] war[6] und direkt am Ufer des Flusses lag, so dass die Aaken dort anlegen konnten, um mit Kohle beladen zu werden.[16] In den Kohlenniederlagen waren separate Lager angelegt.[9] So konnten die Kohlen bei witterungsbedingter Behinderung oder Einstellung der Ruhrschifffahrt[ANM 4] hier zwischengelagert werden.[17] Das Unterteilen der gelagerten Kohle nach Qualität und Gewerken war üblich.[9]

Im Ruhrgebiet hatte jede größere Zeche, deren Kohle die Ruhr abwärts verschifft wurde, eine eigene Niederlage.[6] Kleinere Bergwerke nutzten in der Regel gemeinsam eine Kohlenniederlage.[18] Die Kohle wurden von den Zechen mittels Laufkarren oder Hunten zu den Niederlagen transportiert.[6] Später gab es auch erste Bahnen wie die Muttentalbahn, welche die Kohle von mehreren Stollen zur Niederlage brachten.[4] Als erste Eisenbahngesellschaft auf deutschem Boden gründete Friedrich Harkort 1828 die 1830 eingeweihte Prinz-Wilhelm-Eisenbahn, die die Kohle von Hinsbeck (Ruhr) bis nach Nierenhof im Bergischen Land brachte.[15][19]

Einzelnachweise

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  1. a b c Walter E. Gantenberg: Auf alten Kohlenwegen. Band 2: Auf alten Kohlenwegen am Welperberg zwischen Ruhr, Burg Blankenstein und Sprockhöveler Bach. Wanderungen durch die Bergbau-, Industrie und Siedlungsgeschichte im Hattinger Raum, Klartext Verlag, Essen 2008, S. 341, 342, 344.
  2. a b Walter E.Gantenberg, Engelbert Wührl: Vom Kohlengraben zum Tiefbau. Wanderungen durch die Bergbaugeschichte und die Geologie im Bochumer Südwesten. Heimatkundliche Schriften über das mittlere Ruhrtal und den Stadtbezirk Bochum-Südwest, Heft 4/2005, ISBN 3-89861-553-7, S. 98.
  3. Tilo Cramm, Joachim Huske: Bergmannssprache im Ruhrrevier. 5. überarbeitete und neu gestaltete Auflage, Regio-Verlag, Werne 2002, ISBN 3-929158-14-0.
  4. a b c Gustav Adolf Wüstenfeld: Auf den Spuren des Kohlenbergbaus: Bilder und Dokumente zur Geschichte des Ruhrbergbaus im 18. und 19. Jahrhundert. Band 3, Gustav Adolf Wüstenfeld Verlag, Wetter-Wengern 1985, ISBN 978-3-922014-04-1, S. 121, 122, 129.
  5. Fritz W. Achilles: Zechensterben Hafensterben? Strukturwandel in der Ruhrkohlenverschiffung. In: Deutsches Schifffahrtsarchiv, Nr. 8, 1985, S. 255, 256, 261.
  6. a b c d e f Gerhard Koetter (Hrsg.): Von Flözen, Stollen und Schächten im Muttental. Ein Wanderführer durch die Bergbaugeschichte an der Ruhr. 1. Auflage, Klartext Verlag, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-612-6, S. 46, 47.
  7. a b Gerhard Gebhardt: Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen. Verlag Glückauf GmbH, Essen 1957, S. 13, 34.
  8. a b Horst Kranz: Lütticher Steinkohlenbergbau im Mittelalter. Aufstieg - Bergrecht - Unternehmer - Umwelt - Technik. (= Aachener Studien zur ältesten Energiegeschichte. Band 6). Shaker Verlag, Düren 2018, ISBN 978-3-8265-6582-3, S. 397, 398.
  9. a b c d Joachim Huske: Der Steinkohlenbergbau im Ruhrrevier von seinen Anfängen bis zum Jahr 2000. 2. Auflage, Regio-Verlag Peter Voß, Werne 2001, ISBN 3-929158-12-4, S. 34, 41–43.
  10. Ottmann: Die Duisburg - Ruhrorter Häfen. (= Aachener Studien zur ältesten Energiegeschichte.) Denkschrift zur Vollendung der in den Jahren 1903–1908 ausgeführten Hafen - Erweiterungen. Im Auftrage des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten bearbeitet, S. 7, 9–11.
  11. a b Regionalverband Ruhr (Hrsg.): Route Industriekultur. Themenroute 12, Geschichte und Gegenwart der Ruhr. Essen, S. 10, 11.
  12. a b Delf Slotta: Der Steinkohlenbergbau an der Saar und sein bauliches Erbe. Technische Denkmäler und architektonische Kostbarkeiten im saarländischen Bergbaurevier. S. 76.
  13. Regionalverband Ruhr (Hrsg.): Route Industriekultur. Themenroute 7, Industriekultur an der Lippe. Essen, S. 7, 8.
  14. a b Hugo Tiegs: Deutschlands Steinkohlenhandel mit kurzen Rückblicken auf seine jüngste Vergangenheit. Inaugural - Dissertation an der Ruprecht - Karls - Universität zu Heidelberg. Druck bei Hugo Spamer, Berlin 1904, S. 3–5.
  15. a b Geographische Kommission für Westfalen (Hrsg.): Siedlung und Landschaft in Westfalen. Landeskundliche Karten und Hefte. Band 16. Heinz Günter Steinberg: Das Ruhrgebiet im 19. und 20. Jahrhundert. Ein Verdichtungsraum im Wandel, Selbstverlag der Geographischen Kommission für Westfalen, Münster 1985, S. 19.
  16. Till Kasielke: Bochum Sundern, Spuren des frühen Steinkohlenbergbaus am Baaker Berg. Exkursionsbericht. In: Jahrbücher Bochumer Botanischer Verein. Nr. 8, Bochum 2017, S. 137.
  17. Raimund Trinkaus: Vom Haus Kemnade zur Stiepeler Dorfkirche II. Ein historisch - archäologischer Wanderweg von der Burgstelle Haus Brüggeney zur Klosterbrücke. 2013, S. 22.
  18. Regionalverband Ruhr (Hrsg.): Route Industriekultur. Themenroute 11, Frühe Industrialisierung. Essen, S. 9.
  19. Axel Meimsoth: Steinkohle als Faktor der europäischen Infrastruktur. Gründe für die Verkehrsrevolution im Industriezeitalter. In: Der Anschnitt. Nr. 71, H. 4, 2019, S. 168, 173.
  1. Auf der Lippe wurden zwar auch Kohlen per Aaken transportiert, allerdings erfolgte hier der Umschlag der Güter über Lippehäfen. (Quelle: Regionalverband Ruhr (Hrsg.): Route Industriekultur. Themenroute 7, Industriekultur an der Lippe.)
  2. Nur bei der Talfahrt konnten die Frachtsätze der Schiffe noch mit den Frachtsätzen der Bahn mithalten oder niedriger sein. (Quelle: Hugo Tiegs: Deutschlands Steinkohlenhandel mit kurzen Rückblicken auf seine jüngste Vergangenheit.)
  3. Durch die Mauer waren die Kohlen weitestgehend vor Hochwasser geschützt. (Quelle: Gerhard Koetter (Hrsg.): Von Flözen, Stollen und Schächten im Muttental.)
  4. Die witterungsbedingte Einstellung der Ruhrschifffahrt erfolgte an 60 bis 100 Tagen. (Quelle: Raimund Trinkaus: Vom Haus Kemnade zur Stiepeler Dorfkirche II.) Dies lag in der Regel am jahreszeitlich bedingten unregelmäßigen Wasserstand. Im Winter war die Schifffahrt durch Eisgang behindert. So konnten die Schiffe zeitweise nur mit halber Ladung fahren oder zeitweise auch gar nicht. (Quelle: Joachim Huske: Der Steinkohlenbergbau im Ruhrrevier von seinen Anfängen bis zum Jahr 2000.)