Kraftwinder/Kraftschraube

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Als Kraftwinder wird in der Technischen Mechanik die Zusammenfassung von Einzelkraft und Moment bezüglich eines Bezugspunkts bezeichnet. Im Allgemeinen sind und nicht parallel. Für die Wahl des Bezugspunkts mit wird der Kraftwinder zur Kraftschraube .

Kraftwinder für den Bezugspunkt und äquivalente Kraftschraube für den Bezugspunkt
  • Das Moment einer Einzelkraft ist ein gebundener Vektor und von der Wahl des Bezugspunktes abhängig.
  • Das Moment eines Kräftepaars ist ein freier Vektor und von der Wahl des Bezugspunktes unabhängig.

Moment einer Einzelkraft

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Sei ein beliebig gewählter, fester Bezugspunkt. Der Punkt ist der Endpunkt des zugehörigen Ortsvektors und beschreibt die Gerade der Wirkungslinie der Einzelkraft.

Mit Hilfe des Parameters in Meter [m] wird die Gerade wie folgt definiert:

Das Moment einer Einzelkraft berechnet sich für Angriffspunkte wie folgt:

Ergebnis: Zur Berechnung des Einzelkraft-Moments ist der Ortsvektor ausschlaggebend. Der Ortsvektor definiert den Angriffspunkt der Einzelkraft bezogen auf den Bezugspunkt . Neben Ortsvektor und Kraft ist auch das Einzelkraft-Moment ein gebundener Vektor und von der Wahl des Bezugspunktes abhängig.

Moment eines Kräftepaars

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Sei ein beliebig gewählter, fester Bezugspunkt. Die Punkte und sind die Endpunkte der zugehörigen Ortsvektoren und und beschreiben die Geraden , der Wirkungslinien des Kräftepaars. Anfangspunkt und Endpunkt definieren den senkrechten, minimalen Abstandsvektor zwischen den Parallelen.

Mit Hilfe der Parameter in Meter [m] werden die beiden Geraden und wie folgt definiert:

Das Moment eines Kräftepaars berechnet sich für Angriffspunkte und wie folgt:

Ergebnis: Ein Ortsvektor taucht in der Vektorgleichung nicht mehr auf. Zur Berechnung des Kräftepaar-Moments ist der Abstandsvektor der Kräfte ausschlaggebend. Das Kräftepaar-Moment ist ein freier Vektor und von der Wahl des Bezugspunktes unabhängig.

Äquivalenzprinzip (Statik)

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Zwei verschiedene Systeme gebundener Vektoren bzw. Kräftesysteme und mit sind äquivalent und damit statisch gleichwertig, wenn sich für beliebig gewählte, feste Bezugspunkte gleiche resultierende Momente ergeben. Die Angriffspunkte der zugehörigen Kräfte und werden hierbei durch die Endpunkte der Ortsvektoren und festgelegt:

Für ein System von Kräften kann zu jedem beliebig gewählten, festen Bezugspunkt ein äquivalenter Kraftwinder gebildet werden. Die Reduktion aller (angreifenden) Kräfte führt auf eine resultierende Einzelkraft und ein resultierendes Kräftepaar, das durch das Moment gekennzeichnet ist.

Einzelkraft und Kräftepaar sind die elementaren Bausteine von Kräftesystemen. Bezogen auf den Punkt ist der Kraftwinder die Zusammenfassung dieser resultierenden Eizelkraft und des resultierenden Moments :

Die gesamte physikalische Wirkung der in angreifenden Kräfte bezüglich wird durch den Kraftwinder gekennzeichnet.

Bezugspunktwechsel

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Äquivalente Kraftwinder für die Bezugspunkte und

Das Äquivalenzprinzip fordert, dass Kräftesysteme unabhängig vom gewählten Bezugspunkt statisch gleichwertig sein müssen. Somit darf ein Wechsel von nach die statische Wirkung des Kräftesystems nicht ändern.

Zur Erinnerung: Das Moment eines Kräftepaares ist ein freier Vektor, die Kraft ist ein gebundener Vektor. Eine äquivalente Umformung erlaubt daher, dass beliebig und nur entlang ihrer Wirkungslinie verschoben werden darf.

Wird dagegen die Kraft parallel zu ihrer Wirkungslinie nach verschoben, muss die Systemänderung, das zusätzlich entstehende Versatzmoment , entsprechend korrigiert werden.

Seien bzw. äquivalente Kraftwinder für die Punkte bzw. , dann gilt:

Demnach resultiert aus dem freien Moment , subtrahiert durch das Verzatzmoment der Einzelkraft .

Es lassen sich stets Bezugspunkte finden, für die das Moment dieselbe Richtung wie hat. Einen derartigen Kraftwinder mit nennt man Kraftschraube . Zu jedem beliebigen Kräftesystem gibt es eine äquivalente Kraftschraube.

Bei gegebenen Kraftwinder werden zur Bestimmung von folgende Annahmen bzw. Definitionen getroffen:

  • Zerlegung von in Komponenten parallel und senkrecht zur Kraft
  • Definition eines kürzesten, senkrecht zur Kraft stehenden Ortsvektors
  • Definition der Steigung der Schraube in Meter [m] wegen mit dem Ansatz

Die Zerlegung von in Komponenten parallel und senkrecht zur Kraft und Ausgehend vom Bezugspunktwechsel bezüglich , liefert die Vektorgleichung, den Ansatz zur Bestimmung folgender Identitäten:

  1. Der senkrechte Anteil von ist identisch mit
  2. Der parallele Anteil von ist identisch mit

Die Definition eines kürzesten, senkrecht zur Kraft stehenden Ortsvektors liefert die Voraussetzung, dass alle drei Vektoren , und senkrecht aufeinander stehen. Die zugehörigen Einheitsvektoren und bilden ein Rechtssystem:

Die Definition der Schraubensteigung mit liefert zusammen mit dem Rechtssystem und der Vektorgleichung zum Bezugspunktwechsel den Ansatz zur Herleitung der gesuchten Größen und .

Die Steigung der Kraftschraube ist ein skalarer Faktor und proportional zum Skalarprodukt .

Die Lage des Punktes wird durch den Ortsvektor bestimmt und ist proportional zum Vektorprodukt .

Doppeltes Vektorprodukt

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Zur Bestimmung des Ortsvektors muss das doppelte Vektorprodukt ausgewertet werden. Dies kann auf zwei Arten erfolgen. Beide Ansätze liefern das gleich korrekte Ergebnis:

  • Via Entwicklungssatz:
  • Via Einheitsvektoren multipliziert mit den Beträgen: und

Zentralachse (Statik)

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Die Vektorgleichung der Geraden mit heißt Zentralachse der Kraftschraube und hat folgende Eigenschaft:

Die Zentralachse kann mit Hilfe des Parameters in Meter [m] definiert werden:

  • Der Kraftwinder wird zur Einzelkraft
  • Der Kraftwinder wird zum Kräftepaar
  • Der Kraftwinder mit wird zur Kraftschraube
  • Der Kraftwinder mit ist einer Einzelkraft äquivalent
  • Der Nullwinder ist einem Nullsystem von Kräften bzw. einer Nullkraft äquivalent
  • Der Kraftwinder eines (ebenen und räumlichen) zentralen Kräftesystems, mit gemeinsamen Schnittpunkt (Zentrum) aller Wirkungslinien, ist einer Einzelkraft äquivalent:
  • Der Kraftwinder eines ebenen Kräftesystems, mit hat die Eigenschaft und ist einer Einzelkraft äquivalent:
  • K. Magnus / H.H. Müller: Grundlagen der Technischen Mechanik, 2. Auflage, Teubner Studienbücher, 1979, S. 25 - 43, ISBN 3-519-12324-X.
  • W. Beitz, K.-H. Küttner (Hrsg.): Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 14. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, 1981, S. 118 - 120, ISBN 3-540-09422-9, ISBN 0-387-09422-9.