Kabinett Simon

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Jules Simon war zwischen 1876 und 1877 Premierminister Frankreichs

Das Kabinett Simon war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 12. Dezember 1876 von Premierminister (Président du Conseil) Jules Simon gebildet und löste das Kabinett Dufaure IV ab. Es blieb bis zum 17. Mai 1877 im Amt und wurde daraufhin vom Kabinett Broglie III abgelöst.

Dem Kabinett gehörten Vertreter des Centre gauche (CG), der Gauche républicaine (GR) und der Orléanisten an.

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Premierminister Jules Simon GR 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Außenminister Louis Decazes Orl 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Kriegsminister Jean-Auguste Berthaut 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Minister für öffentlichen Unterricht und schöne Künste William Henry Waddington CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Religionsminister Louis Martel CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Innenminister Jules Simon GR 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Siegelbewahrer und Justizminister Louis Martel CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Minister für Marine und Kolonien Martin Fourichon CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Finanzminister Léon Say CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Minister für öffentliche Arbeiten Albert Christophle CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Minister für Landwirtschaft und Handel Pierre Edmond Teisserenc de Bort CG 12. Dezember 1876 17. Mai 1877

Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d’État an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Finanzministerium Louis Passy[1] Orl 12. Dezember 1876 17. Mai 1877
Justizministerium Jules Méline GR 21. Dezember 1876 17. Mai 1877
Ministerium für Marine und Kolonien Albert Roussin 18. Januar 1877 17. Mai 1877

Historische Einordnung

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Krise des 16. Mai 1877

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Die Regierung Simon war von einer Auseinandersetzung zwischen Staatspräsident Patrice de Mac-Mahon und Léon Gambetta, einem der führenden republikanischen Parlamentarier, geprägt. Jules Simon hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Unwillen Mac-Mahons erregt und stand gleichzeitig unter dem Druck der republikanischen Kammermehrheit. Die Auseinandersetzung gipfelte in der Krise des 16. Mai 1877, die zum Rücktritt Simons führte.[2]

Simon hatte sich mit einer Säuberung im Bereich der hohen Präfekten und Richter der Linken angenähert, was Mac-Mahon missfiel.[3] Ebenso kritisierte Mac-Mahon die Aufhebung eines Pressegesetzes aus dem Jahr 1875.[2][4] Eine scharf geführte Debatte über die Gefahren des Ultramontanismus – Gambetta sprach hier seinen berühmten Satz: „Der Klerikalismus? Das ist der Feind!“[A 1][5] – veranlasste Präsident Mac-Mahon zu einem Brief an den Premierminister:

« Ich habe soeben im Amtsblatt den Bericht über die gestrige Sitzung gelesen.

Ich habe mit Überraschung gesehen, dass weder Sie noch der Siegelbewahrer auf der Tribüne all die schwerwiegenden Gründe vorgebracht haben, die die Aufhebung eines Pressegesetzes hätten verhindern können, das vor weniger als zwei Jahren auf Vorschlag von Herrn Dufaure verabschiedet wurde und dessen Anwendung auf die Gerichte Sie selbst erst kürzlich gefordert haben; und dennoch war in mehreren Beratungen des Rates und in der von gestern Morgen beschlossen worden, dass der Ratspräsident und der Siegelbewahrer die Aufgabe übernehmen würden, es zu bekämpfen.

Man hatte sich bereits gewundert, dass die Abgeordnetenkammer in ihren letzten Sitzungen ein ganzes Gemeindegesetz diskutiert und sogar eine Bestimmung verabschiedet hatte, deren Gefahr Sie selbst im Ministerrat erkannt hatten, wie die Öffentlichkeit der Beratungen der Gemeinderäte, ohne dass der Innenminister an der Diskussion teilgenommen hatte.

Diese Haltung des Kabinettschefs wirft die Frage auf, ob er den nötigen Einfluss auf die Kammer behalten hat, um seine Ansichten durchzusetzen. Eine Erklärung in dieser Hinsicht ist unerlässlich, denn wenn ich auch nicht wie Sie dem Parlament gegenüber verantwortlich bin, so habe ich doch eine Verantwortung gegenüber Frankreich, um die ich mich heute mehr denn je kümmern muss.

Genehmigen Sie, Herr Ratspräsident, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. »

Patrice de Mac-Mahon: Wikisource[2]

Jules Simon trat nach diesem Schreiben zurück und wurde durch Albert de Broglie ersetzt.

Am 18. März 1877 wurde in Frankreich verpflichtend das Familienstammbuch eingeführt.[6]

  1. Je ne fais que traduire les sentiments intimes du peuple de France en disant ce qu'en disait un jour mon ami Peyrat : le cléricalisme ? Voilà l'ennemi ! (gemeint ist hier fr:Alphonse Peyrat)

Einzelnachweise

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  1. Louis, Charles, Paulin Passy. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 12. September 2023 (französisch).
  2. a b c Wikisource: Documents sur la crise du 16 mai 1877
  3. Dominique Lejeune: La France des débuts de la IIIe République (1870-1896). éd. Armand Colin, Paris 1994, ISBN 978-2-200-61618-2.
  4. Jean-Jacques Chevallier: Histoire des institutions et des régimes politiques de la France de 1789 à 1958. 9. Auflage. éd. Armand Colin, coll. «Classic», Paris 2011, ISBN 978-2-247-08206-3.
  5. Jacqueline Lalouette: Histoire de l'anticléricalisme en France. Que sais-je ?, Paris 2020, ISBN 978-2-13-081159-6.
  6. Jean-Pierre Gutton: Établir l’identité : L’identification des Français du Moyen Âge à nos jours. Presses universitaires de Lyon, Lyon 2019, ISBN 978-2-7297-1110-8 (google.de).