Kultur der Kontrolle

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kultur der Kontrolle. Verbrechensbekämpfung und soziale Ordnung in der Gegenwart ist ein soziologisch-zeitdiagnostisches und kriminologisches Buch von David W. Garland, das 2008 als Übersetzung im Campus-Verlag erschien.[1] Englischsprachige Ausgaben waren 2001 in Oxford[2] und Chicago[3] publiziert worden. Im Buch diagnostiziert Garland den strukturellen Wandel von Verbrechensbekämpfung und Strafjustiz im Übergang zur neoliberalen Spätmoderne in den USA und Großbritannien zu einer „Kultur der Kontrolle“.

The Culture of Control ist nach Punishment and Welfare (1985)[4] und Punishment and Modern Society (1990)[5] das abschließende Buch der Trilogie Garlands zur Entwicklung der Kriminalpolitik seit den 1970er-Jahren. Seither hat es ihm zufolge in den USA und Großbritannien einen Niedergang des rehabilitativen Ideals und eine Abkehr von Resozialisierungsprogrammen gegeben. Es sei die Wiederkehr einer auf Vergeltung setzenden Strafpraxis zu erkennen sowie eine zunehmende Kommerzialisierung der Verbrechenskontrolle. Die Kriminalpolitik folge populistischen Motiven, delinqentes Verhalten werde aus sozialen Zusammenhängen gelöst und allein der individuellen Verantwortung und rationalen Entscheidungsfähigkeit zugerechnet. Das entspreche Prozessen neoliberaler Sozialpolitik. Der Abbau sozialer Reformprogramme sowie der Verfall von Solidaritätsnormen machten Kontrolle und Verurteilung von Außenseitern und Unterschichten möglich, ohne das Verhalten von Märkten, Unternehmen und wohlhabenden Schichten zu thematisieren.[6]

Das Buch erfuhr eine breite internationale Rezeption und löste zahlreiche Forschungsaktivitäten aus. In Deutschland war das Echo auf Garlands Studie dagegen vergleichsweise gering.[7] Von der deutschen Kritischen Kriminologie wurde Garlands Ansatz jedoch gewürdigt und war bereits Thema eines Sonderbandes des Kriminologischen Journals, bevor die Übersetzung von The Culture of Control vorlag.[8]

  • David Garland, Kultur der Kontrolle. Verbrechensbekämpfung und soziale Ordnung in der Gegenwart. Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn, Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 2008, ISBN 978-3-593-38585-3
  • Henner Hess, Lars Ostermeier und Bettina Paul (Hrsg.): Kontrollkulturen. Texte zur Kriminalpolitik im Anschluss an David Garland, Kriminologisches Journal, 9. Beiheft, Juventa, Weinheim, ISBN 978-3-7799-0989-7.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. David Garland: Kultur der Kontrolle. Verbrechensbekämpfung und soziale Ordnung in der Gegenwart. Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn, Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 2008, ISBN 978-3-593-38585-3.
  2. David Garland: The Culture of Control. Crime and Social Order in Late Modernity. Clarendon, Oxford 2001, ISBN 0198299370.
  3. David Garland: The Culture of Control. Crime and Social order in Contemporary Society. University of Chicago Press, Chicago 2001, ISBN 0226283836.
  4. David Garland: Punishment and welfare. A history of penal strategies. Hants/Gower, Aldershot/Brookfield 1985, ISBN 0566008556.
  5. David Garland: Punishment and modern society. A study in social theory. University of Chicago Press, Chicago 1990, ISBN 0226283801.
  6. Thomas Mirbach, Rezension zu: David Garland: Kultur der Kontrolle. Frankfurt a. M./New York: 2008. In: Portal für Politikwissenschaft, 3. Dezember 2008, abgerufen am 2. Mai 2021.
  7. vgl. Daniela Klimke, Aldo Legnaro (Hrsg.), Kriminologische Grundlagentexte, Springer VS, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-06503-4, S. 353 f.
  8. siehe Henner Hess, Lars Ostermeier und Bettina Paul (Hrsg.): Kontrollkulturen. Texte zur Kriminalpolitik im Anschluss an David Garland, Kriminologisches Journal, 9. Beiheft, Juventa, Weinheim, ISBN 978-3-7799-0989-7.