Kummer-Theorie

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Im mathematischen Teilgebiet der Körpertheorie beschreibt die Kummer-Theorie bestimmte Körpererweiterungen, die man durch Adjunktion -ter Wurzeln von Elementen des Grundkörpers erhält. Ursprünglich wurde die Theorie von Ernst Eduard Kummer bei seiner Beschäftigung mit der fermatschen Vermutung in den 1840er-Jahren entwickelt.

Die Hauptaussagen der Theorie hängen nicht vom speziellen Grundkörper ab, nur darf dessen Charakteristik kein Teiler von sein. Eine grundlegende Rolle spielt die Kummer-Theorie in der Klassenkörpertheorie, allgemein ist sie zum Verständnis abelscher Erweiterungen wichtig; sie besagt, dass zyklische Erweiterungen durch Wurzelziehen gewonnen werden können, sofern der Grundkörper genügend Einheitswurzeln enthält.

Kummererweiterungen

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Sei eine natürliche Zahl. Eine Kummer-Erweiterung ist eine Körpererweiterung , für die gilt:

  • enthält verschiedene -te Einheitswurzeln, also die Nullstellen des Polynoms .
  • hat eine abelsche Galoisgruppe vom Exponenten . Letzteres bedeutet, dass für alle Elemente der Galoisgruppe gilt und minimal mit dieser Eigenschaft ist.
  • Ist , so ist die erste Bedingung immer erfüllt, falls nicht die Charakteristik 2 hat, die beiden Einheitswurzeln sind 1 und −1. Kummer-Erweiterungen sind in diesem Fall zunächst quadratische Erweiterungen , wobei ein nichtquadratisches Element von ist. Die Lösungsformel für quadratische Gleichungen zeigt, dass jede Erweiterung vom Grad 2 diese Gestalt besitzt. Ebenfalls Kummer-Erweiterungen für sind biquadratische (durch Adjunktion zweier Quadratwurzeln) und allgemeiner multiquatratische (durch Adjunktion mehrerer Quadratwurzeln) Erweiterungen. Hat die Charakteristik 2, gibt es keine Kummer-Erweiterungen, da in Charakteristik 2 die Gleichung gilt, es also keine zwei verschiedenen Einheitswurzeln gibt.
  • Für gibt es keine Kummer-Erweiterungen der rationalen Zahlen , da nicht alle drei dritten Einheitswurzeln rational sind. Sei eine beliebige rationale Zahl, die keine dritte Potenz ist, und der Zerfällungskörper von über . Sind und Nullstellen dieses kubischen Polynoms, so gilt . Da das kubische Polynom ferner separabel ist, hat es drei verschiedene Nullstellen. Damit liegen auch die beiden nichttrivialen dritten Einheitswurzeln, nämlich und , in , sodass einen Unterkörper besitzt, der die drei Einheitswurzeln enthält. Dann ist eine Kummer-Erweiterung.
  • Enthält allgemeiner verschiedene -te Einheitswurzeln, woraus bereits folgt, dass die Charakteristik von kein Teiler von ist, so erhält man durch Adjunktion einer -ten Wurzel eines Elements von zum Körper eine Kummer-Erweiterung. Ihr Grad ist dabei ein Teiler von . Als Zerfällungskörper des Polynoms ist die Kummer-Erweiterung automatisch galoissch mit zyklischer Galoisgruppe der Ordnung .

Die Kummer-Theorie macht Aussagen der umgekehrten Richtung. Ist ein Körper, der verschiedene -te Einheitswurzeln enthält, so besagt sie, dass jede zyklische Erweiterung von vom Grad durch das Ziehen einer -ten Wurzel gewonnen werden kann. Bezeichnet man mit die multiplikative Gruppe der von Null verschiedenen Elemente des Körpers , so stehen die zyklischen Erweiterungen von vom Grad , die in einem fest gewählten algebraischen Abschluss liegen, in Bijektion mit den zyklischen Untergruppen von , also der Faktorgruppe von nach den -ten Potenzen.

Die Bijektion kann explizit angegeben werden: Einer zyklischen Untergruppe wird die Erweiterung zugeordnet, die durch Adjunktion aller -ten Wurzeln von Elementen aus zu entsteht.

Umgekehrt ordnet man der Kummererweiterung die Untergruppe zu.

Ordnet diese Bijektion die Gruppe und die Körpererweiterung einander zu, so gibt es einen Isomorphismus , der gegeben ist durch . Dabei steht für die Gruppe der -ten Einheitswurzeln und für eine beliebige -te Wurzel von .

Verallgemeinerungen

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Die oben angegebene Korrespondenz setzt sich fort zu einer Bijektion zwischen Untergruppen und abelschen Erweiterungen vom Exponenten . Diese allgemeine Fassung wurde erstmals von Ernst Witt angegeben.[1]

In Charakteristik gibt es eine analoge Theorie für zyklische Erweiterungen vom Grad , die Artin-Schreier-Theorie. Eine Verallgemeinerung für abelsche Erweiterungen vom Exponenten stammt ebenfalls von Witt.[2] Sie verwendet die in derselben Arbeit eingeführten Wittvektoren.

  1. Peter Roquette: Class Field Theory in Characteristic p, its Origin and Development. In: Class Field Theory, its Centenary and Prospect. Math. Soc. Japan, Tokyo 2001, S. 549–631. Die Originalarbeit von Witt ist: Ernst Witt: Der Existenzsatz für abelsche Funktionenkörper. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik. Band 173, 1935, S. 34–51.
  2. Ernst Witt: Zyklische Körper und Algebren der Charakteristik p vom Grad pn. Struktur diskret bewerteter perfekter Körper mit vollkommenem Restklassenkörper der Charakteristik p. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik. Band 176, 1936, S. 126–140.