Gehörlosenschule
In Gehörlosenschulen werden Kinder mit dem Schwerpunkt Hören unterrichtet. Im Rahmen der Inklusion gibt es immer weniger Gehörlosenschulen oder Schulteile nur mit Klassen für Gehörlosen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gehörlose Menschen lebten bis zum Renaissance-Humanismus im 16. Jahrhundert überwiegend einzeln und regional verstreut. Erst dann wurden die Vorurteile einiger bekannter europäischer Gelehrter aus Altertum und Mittelalter, dass Gehörlose wegen ihrer Stummheit und Taubheit bildungsunfähig seien, widerlegt. Einige adlige Gehörlose kamen dann in den Genuss von Mönchen in Lautsprache neben dem Christliche Glauben unterrichtet zu werden, um als würdige sprechende Erben zu gelten.
Bis ins frühe 18. Jahrhundert hinein, gab es aber keine Volksbildung für die breiten Gesellschaftsschichten. Die Gehörlosenbildung setzte sich erst ab 1760 nach und nach durch.
Die Gehörlosengemeinschaften konnten sich nun entwickeln, da sich gehörlose Kinder und Erwachsene in den Gehörlosenschulen und ihren Internaten begegneten und danach weiter verbunden blieben.
Die erste Gehörlosenschule der Welt (Institut National de Jeunes Sourds de Paris) entstand 1760 in Paris unter Charles Michel de l’Epée. Dazu entwickelte er auch die Langue des signes française (LSF) aus der Vieille langue des signes française mit der Grammatik der Französischen Sprache unter dem Begriff „methodische Zeichen“, indem er mit Gehörlosen arbeitete, die bereits ihre eigenen Gebärden zu Hause verwendeten und diese mit neuen Gebärden kombinierten. Diese LSF wurde zu einer wichtigen Grundlage und beeinflusste viele andere Gebärdensprachen.[1]
Durch die Weiterentwicklung von Hörhilfen werden heutzutage nicht nur Gehörlose, sondern auch Schwerhörige an Gehörlosenschulen unterrichtet.
Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte (LBZH) ist in Deutschland häufig die Bezeichnung für staatliche Bildungseinrichtungen bzw. Förderschulen für Schüler mit einer Hörbehinderung und dem Förderschwerpunkt Hören. Diese Bezeichnung wird z. B. für einen Schulverbund in Niedersachsen[2], als auch für die beiden staatlichen Schulen in Sachsen-Anhalt verwendet, da sie als Landesbildungszentren in direkter Trägerschaft des Landes stehen und überregional tätig sind. Das Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte muss nicht unbedingt immer im Namen erkennbar sein und trotzdem kann es eine Landesschule sein.
Sie bieten vorschulische, schulische, außerschulische und teils berufsschulische Angebote bei festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf sowohl für gehörlose als schwerhörige Kinder und Jugendliche an.
Im Wesentlichen wurde zuerst nach der deutschen Methode bzw. oralen Methode von Samuel Heinicke und dann nach 1970 nach der kombinierten Methode von Ernst Adolf Eschke unterrichtet.
Baden-Württemberg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bayern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Berlin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ernst-Adolf-Eschke-Schule in Berlin-Westend[3]
- Israelitische Taubstummenanstalt in Berlin-Weißensee
- Margarethe-von-Witzleben-Schule in Berlin-Friedrichshain
- Reinfelder-Schule in Berlin-Westend
Brandenburg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wilhelm-von-Türk-Schule in Potsdam[4]
Bremen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hamburg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hessen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Freiherr-von-Schütz-Schule in Bad Camberg
- Hermann-Schafft-Schule in Homberg
Mecklenburg-Vorpommern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Landesschule für Gehörlose in Güstrow[7]
- Landesschule für Schwerhörige in Ludwigslust
- Sonderpädagogisches Zentrum für mehrfachbehinderte Hörgeschädigte in Putbus (Rügen)
- Landesschule für Gehörlose in Rostock
Niedersachsen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- LBZH Braunschweig[8]
- LBZH Hildesheim
- LBZH Oldenburg
- LBZH Osnabrück
- Provinzial-Taubstummenanstalt Langenhorst, ehemalige Gehörlosenschule bis 1968
Nordrhein-Westfalen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rheinland-Pfalz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Saarland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ruth-Schaumann-Schule in Lebach
Sachsen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sachsen-Anhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Carl-Kehr-Schule Halberstadt – Landesbildungszentrum für Hörbeeinträchtigte[9]
- Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte „Albert Klotz“ Halle (Saale)[10]
Schleswig-Holstein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Thüringen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Staatliches überregionales Förderzentrum in Erfurt[11]
- Staatliche Förderschule für Schwerhörige in Gotha
- Pädagogisches Zentrum für mehrfachbehinderte Hörgeschädigte in Schleitz
Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neuseeland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Van Asch College in Sumner (Christchurch)
Niederlande
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Henri Daniel Guyot Instituut in Groningen
- Instituut voor Doven in Sint-Michielsgestel
- Koninklijke Ammanstichting in Rotterdam
- Christelijk Instituut Effatha in Voorburg (1926–2000) bzw. Zoetermeer (ab 1980)
- Vereniging voor Doofstommenonderwijs in Amsterdam
Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lürzerhof, ehemaliger Herrensitz in Salzburg, heute Josef-Rehrl-Schule
- HLMW9 Michelbeuern, Berufsschule in Wien
- Städtische Taubstummenanstalt von Viktor Urbantschitsch in Wien-Döbling
Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Per 1894 gab es 14 Taubstummenanstalte.[12][13] In der deutschen Schweiz werden bzw. wurden an folgenden Orten innerhalb der Kantone folgende Taubstummenanstalten beziehungsweise Gehörlosenschulen geführt:
Zürich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1777 kleine private Schule im Pfarrhaus von Schlieren von Heinrich Keller (Pädagoge)
- seit 1826/7 Kantonale Blinden- & Taubstummenanstalt Zürich, heute Sek3 – Oberstufe für Gehörlose und Schwerhörige (Sek 3) sowie Schule für Gehör und Sprache (ZGSZ)
Bern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1824 Anstalt für taubstumme Mädchen Wabern; seit 1890 Taubstummenanstalt Münchenbuchsee (davor seit 1822 in Frienisberg); heute Pädagogisches Zentrum für Hören und Sprache Münchenbuchse
- seit 1881 „Hephata“, Anstalt für schwerhörige und taubstumme Kinder in der Äussern Enge bei Bern
Luzern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1832 Kantonale Taubstummenstalt Hohenrain bei Luzern, heute Heilpädagogisches Zentrum Hohenrain (Gehörlosenabteilung aufgelöst)
Basel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1833 oder 1838 Taubstummen-Anstalt Riehen (möglicherweise auch 1860 in Bettingen, gilt als aufgelöst), heute GSR. Zentrum für Gehör, Sprache und Kommunikation
St. Gallen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1846/59 Taubstummenanstalt auf dem Rosenberg bei St. Gallen, später und heute Sprachheilschule St. Gallen (Gehörlosenabteilung in den 2010er-Jahren aufgelöst)
Aargau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1836 als Taubstummenanstalt Landenhof bei Unterentfelden, heute Landenhof Zentrum für Hören und Sehen
- seit 1837 Taubstummenanstalt in Zofingen (aufgelöst)
- seit 1850 Taubstummenanstalt Liebenfels bei Baden (aufgelöst)
An den Taubstummenanstalten der Deutschschweiz mit Ausnahme der Knabenanstalt in Wabern wurde im Wesentlichen nach der deutschen Methode unterrichtet.
In der Romandie existierten Schulen unter anderem in Freiburg (Gruyères), Waadt (Moudon, Yverdon) und in Genf (Centre pour enfants sourds de Montbrillant (CESM)):
Freiburg (Fribourg)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1890 Institution libre des sourds-muets à Gruyères
Waadt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1869 Institut de sourds-muets à Moudon
Genf (Genève)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- seit 1836 Institution de sourds-muets à Petit-Saconnex
- seit 1866 Ecole de sourds-muets à Chêne-Bougeries
USA
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- American School for the Deaf, erste Gehörlosenschule in Amerika in West Hartford (Connecticut)
- Gallaudet University, als einfache Schule in Washington, D.C. gestartet, nun eine Universität für Gehörlose
- Rochester School for the Deaf in Rochester
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Luitgard Camerer, Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5, S. 138.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Helmut Vogel: Geschichte der Gehörlosenbildung. Abgerufen am 17. Juni 2024.
- ↑ Organisation der Landesbildungszentren für Hörgeschädigte und des Landesbildungszentrums für Blinde, zuletzt abgerufen am 19. August 2018
- ↑ Redaktion: Förderschwerpunkt Hören. 19. Februar 2014, abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Wilhelm-von-Türk-Schule Schule mit den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten "Hören" und "Sprache" - Schulporträt Brandenburg. Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Home - Schule für Hören und Kommunikation. Abgerufen am 18. Juni 2024 (deutsch).
- ↑ Hamburger Netzwerk Hörschädigung - Schule. Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ gap_admin: Mecklenburg-Vorpommern. Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Landesbildungszentren in Niedersachsen. Niedersächsisches Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Carl-Kehr-Schule Halberstadt: Startseite. Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Homepage der Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte "Albert Klotz". Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ gap_admin: Thüringen. Abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Rebecca Hesse, MA; Martin Lengwiler, Prof. Dr.: Aus erster Hand. Gehörlose und Gebärdensprache in der Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert. In: Schlussbericht des Projekts „Verbot der Gebärdensprache in der Schweiz“ zuhanden des Schweizerischen Gehörlosenbundes (SGB-FSS). Departement Geschichte, Universität Basel, 3. April 2017, S. Seite 22, abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Georg Lambelet: Die Taubstummenanstalten der Schweiz im Jahre 1893. In: Separatabdruck aus dem 1. Heft der „Zeitschrift für Schweizerische Statistik“, 30. Jahrgang. Buchdruckerei Karl Stämpfli & Cie. Bern., 1893, S. 6, abgerufen am 18. Juni 2024.