LGBT-Marketing
LGBT-Marketing umfasst alle Marketing-Maßnahmen, die sich an die Zielgruppe LGBT – insbesondere lesbische und schwule Konsumenten – richtet. Solches Marketing kann aus Werbung mit Zielgruppen-spezifischen Inhalten bestehen, oder entsprechende Werbeträger wie Szene-Magazine nutzen. Auch das Sponsoring von LGBT-Organisationen oder -Events kann als Teil des Marketing-Mix zum Erreichen der Zielgruppe genutzt werden. Neben der Vermarktung von konkreten Produkten oder Dienstleistungen kann LGBT-Marketing auch als Imagekampagne eingesetzt werden, um als „gayfriendly“ und somit modern zu gelten. Wenn solche Anstrengungen nicht authentisch sind, spricht man von Pinkwashing.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine der ersten Beispiele von öffentlich sichtbarem Zusammentreffen von schwulen und lesbischen Belangen mit der Welt der Wirtschaft war der Coors-Boykott. Dies war allerdings keine an Schwule oder Lesben gerichtete Marketingmaßnahme der Brauerei Coors, sondern ganz im Gegenteil die schwulenfeindliche Haltung von Coors. Der Coors-Boykott durch Gewerkschaften und Hispanics hatte schon 1966 begonnen und richtete sich gegen gewerkschaftsfeindliche und rassistische Praktiken von Coors.[1] 1973 beteiligte sich auch die LGBT-Gemeinschaft am Boykott, um gegen die Einstellungsverfahren der Firma protestieren. So verwandte Coors bei Bewerbungsgesprächen Lügendetektoren und fragte damit unter anderem die sexuelle Orientierung ab. Zudem unterstützte Coors homophobe rechte Gruppierungen finanziell. Coors ignorierte den Boykott zunächst, machte aber ab 1978 Zugeständnisse. Ab 1995 wurde die sexuelle Orientierung bei Bewerbungen nicht abgefragt, und Versicherungsleistungen auch gleichgeschlechtlichen Paaren angeboten. Coors engagierte die offen lesbisch lebende Mary Cheney als Marketingsprecherin und begann Events wie das Denver PrideFest zu unterstützen.[2][3]
In den 1990ern begann Subaru damit, Autos speziell an Lesben zu vermarkten. Diese langjährige Kampagne war so erfolgreich, dass sie häufig als Fallstudie für LGBTQ-Marketing verwendet wird.[4]
Marktgröße
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für das LGBT-Marketing werden statistische Einschätzungen zur Kaufkraft von Schwulen und Lesben benötigt. Dies trifft auf gewisse Schwierigkeiten, da keine genauen Angaben zum Anteil von Schwulen und Lesben innerhalb einer Bevölkerungsgruppe vorliegen. Es existieren jedoch mittlerweile demographische Daten zur sexuellen Orientierung, die in einigen Staaten veröffentlicht werden. Bei der US-Volkszählung im Jahr 2000 wurden zwei Fragen so gestellt, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften gezählt wurden. Demnach gab es in den USA zum Stand der Volkszählung 658.00 Haushalte, die aus gleichgeschlechtlichen Paaren bestehen. Nach Angaben der American Marketing Association von 2013 identifizieren sich 3,5 % der Erwachsenen in den USA als schwul, lesbisch bisexuell oder transgender. Daraus wird abgeleitet, dass der LGBT-Verbrauchermarkt insgesamt einen Wert von 835 Milliarden Dollar hat.[5]
Werbekategorien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Werbekategorien umfassen Reisen, Finanzdienstleistungen, alkoholische Getränke, Fahrzeuge, Unterhaltung, Körperpflege, Luxusgüter, pharmazeutische Produkte und Mode. Zum Beispiel hat die Fluglinie American Airlines einer spezifische LGBT-Reiseseite veröffentlicht.[6] Mit nur etwa fünfzehn Jahren Bestand ist das LGBT-Marketing ein relativ neues Marketingphänomen. Auch in anderen Regionen wie Australien und Europa, dort vor allem in Belgien und den Niederlanden, wird dieses Feld schon erforscht und angewandt.[7][8] Viele Firmen, die dieses Segment der Bevölkerung früher ignoriert haben, richten ihr Marketing nun gerichtet auf LGBT-Kunden aus. Beispiele hierfür sind Burger King und Money Maid.[9]
Das Time Magazine veröffentlichte im August 2006 einen Artikel über das wachsende Interesse europäischer Marken, gezielt die LGBT-Community anzusprechen.[10] Mittlerweile gibt es viele Marketingagenturen, die sich auf LBGT-Marketing spezialisiert haben.[11][12][13]
2013 brachte die Human Rights Campaign einen Corporate Equality Index heraus,[14] welcher eine Möglichkeit zur Messung und zum Vergleich von Unternehmensrichtlinien und Unternehmenspraktiken im Bezug auf LGBT-Mitarbeiter bietet. Dieser Index wird auch benutzt, um die LGBT-Freundlichkeit eines Unternehmens zu bewerten.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The Visibility Project (GLAAD, Procter & Gamble): Advertiser & Agency Perspectives on LGBTQ Inclusion Study – Executive Summary. Februar 2021 (englisch; PDF: 1,3 MB, 3 Seiten auf glaad.org).
- Daniel L. Wardlow (Hrsg.): Gays, Lesbians, and Consumer Behavior: Theory, Practice, and Research Issues in Marketing. Routledge, New York 2014, ISBN 978-1-317-99173-1 (englisch).
- John Dececco, Grant Lukenbill: Untold Millions: Secret Truths About Marketing to Gay and Lesbian Consumers. Routledge, New York 2013, ISBN 978-1-317-70600-7 (englisch).
- Jeff Guaracino: Gay and Lesbian Tourism: The Essential Guide for Marketing. Routledge, New York 2007, ISBN 978-0-7506-8232-9 (englisch).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- GLAAD, Procter & Gamble: The Visibility Project: Visibility matters. In: GLAAD.org. Juni 2021 (englisch; gegen LGBT-Stereotypen und für vielfältigere LGBT-Sichtbarkeit in Bebilderungen, auch in der Werbung).
- Tristen Norman: More Than Love: Beyond Romance for LGBTQ+. In: CreativeInsights.GettyImages.com. 27. Juni 2019 (englisch; 25 Jahre LGBT in der US-amerikanischen Werbung).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ B. Erin Cole & Allyson Brantley: [1]. CPR, 3. Oktober 2014
- ↑ Bruce Mirken: Coors Courts Queers.
- ↑ Fun for Everyone at Denver PrideFest. The Center, 2019, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2019; abgerufen am 12. Juni 2019 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Alex Mayyasi: How Subarus Came to Be Seen as Cars for Lesbians. In: Atlantic Magazine vom 22. Juni 2016.
- ↑ a b Oakenfull, Gillian W., (2013) "What Matters: Factors Influencing Gay Consumers' Evaluations of 'Gay-Friendly' Corporate Activities" Journal of Public Policy & Marketing Vol. 32 (Special Issue), 79–89, American Marketing Association ISSN 0743-9156 (print), ISSN 1547-7207 (electronic) 79. Abgerufen am 16. Juli 2013 auf http://www.gayadnetwork.com/files/AMAreport.pdf
- ↑ American Airlines Vacations Welcomes You: Fly with a friend while you vacation with a partner! Archiviert vom am 16. September 2012; abgerufen am 27. Juni 2007.
- ↑ Brand Activation. Archiviert vom am 8. Oktober 2007; abgerufen am 27. Juni 2007 (niederländisch).
- ↑ Gay Marketing Seminar. Archiviert vom am 12. Juli 2007; abgerufen am 27. Juni 2007 (niederländisch).
- ↑ LGBT-Marketing: Unternehmen beziehen Stellung. In: ThinkWithGoogle.com. Abgerufen am 12. Juni 2019.
- ↑ Adam Smith: A New Ad Adage: Same Sex Sells In: Time, 30. Juli 2006. Abgerufen am 27. Juni 2007
- ↑ Schwule Werbung | Gay Marketing | Schwule in der Werbung. In: MIU24® Werbeagentur. 21. März 2016, abgerufen am 12. Juni 2019.
- ↑ Gay and Lesbian (LGBT/LGBTQ) Social Networking, Marketing, Advertising, Community. Abgerufen am 12. Juni 2019.
- ↑ LGBT Research | LGBTQ Marketing | LGBT consulting | LGBTQ Insights. Abgerufen am 12. Juni 2019 (englisch).
- ↑ Corporate Equality Index 2013. ( des vom 10. August 2019 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.