LNG-Terminal Stade
Das LNG-Terminal Stade ist ein Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) an der Elbe im Stader Ortsteil Bützfleth in Niedersachsen. Es war als schwimmendes Terminal Ende 2023 fertig gestellt, während parallel dazu bis 2027 ein stationäres Terminal an Land errichtet wird. Die Bundesregierung und die Niedersächsische Landesregierung unterstützten das im Jahr 2022 begonnene Projekt, um durch den Import von Flüssigerdgas die Abhängigkeit von Erdgasimporten aus Russland zu beenden.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 27. Februar 2022 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz aus Anlass des russischen Überfalls auf die Ukraine im Rahmen einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages an, dass in Deutschland kurzfristig zwei Flüssigerdgasterminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven errichtet werden sollen.[1] Mit ihnen soll per Schiff geliefertes Flüssigerdgas angelandet werden. Später beschloss die Bundesregierung den Bau weiterer Terminals.[2] Stade ist einer von vier Standorten mit insgesamt sechs Anlagen, die ab 2022 als schwimmende LNG-Terminals an deutschen Küsten entstehen sollen. Die weiteren Anlagen sind zwei Einrichtungen des LNG-Terminals Wilhelmshaven, das German LNG Terminal in Brunsbüttel, das LNG-Terminal Lubmin und das LNG-Terminal Deutsche Ostsee in Lubmin.
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schwimmendes Terminal
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Terminal für Flüssiggastanker entstand in Bützfleth an der Elbe. Zunächst wurde ein schwimmendes Importterminal nach dem Prinzip einer FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) als schwimmende Speicher- und Wiederverdampfungseinheit etwa 1,5 km südlich vom Seehafen Stade gebaut. Die Baumaßnahmen wurden der landeseigenen Gesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) übertragen. Zur Finanzierung des Baus sicherten der Bund und das Land Niedersachsen jeweils 100 Millionen Euro zu.[3] Um die Schaffung derartiger Anlagen zu beschleunigen, beschloss der Deutsche Bundestag das von der Ampelkoalition eingebrachte LNG-Beschleunigungsgesetz, das am 1. Juni 2022 in Kraft trat.[4] Im September 2022 erteilte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz als zuständige Behörde die Genehmigungen für erste Teilarbeiten.[5]
Die Bauarbeiten zur Errichtung des schwimmenden Importterminals begannen im November 2022. Symbolisch wurde der Baubeginn in Gegenwart des niedersächsischen Wirtschaftsministers Olaf Lies (SPD) und des niedersächsischen Umweltministers Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) im Januar 2023 mit einem ersten Rammschlag gestartet. Die Kosten für die 600 Meter lange Anlegestelle beliefen sich auf 300 Millionen Euro und waren bis dahin das teuerste Projekt von NPorts.[6] Das neue Hafenbecken mit einem Anleger war Ende 2023 fertiggestellt.[7][8]
Im März 2024 lief die Energos Force als schwimmendes LNG-Terminal ein.[9]
Stationäres Terminal
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Darüber hinaus ist im Industriegebiet unmittelbar am Hafen die Errichtung eines stationären LNG-Terminals geplant, das mit seiner Inbetriebnahme etwa 2027 das schwimmende Terminal ablösen soll.[10] Getragen wird das Projekt des sogenannten Hanseatic Energy Hub (HEH) vom Investor Partners Group aus der Schweiz, dem Logistikdienstleister Buss Group aus Hamburg, dem Chemiekonzern Dow Chemical sowie dem spanischen Energieversorgungsunternehmen Enagás. Die Anlage auf dem Gelände des Chemieunternehmens Dow wird dessen industrielle Abwärme zum emissionsfreien Erwärmen und Umwandeln in Gas nutzen. Das Terminal ist in der Endstufe für die Regasifizierung von bis zu 13,3 Mrd. m³ Erdgas pro Jahr ausgelegt, was etwa 15 % des deutschen Gasbedarfs entspricht. Perspektivisch ist die Anlage so angelegt, dass auch andere Flüssiggase wie Bio-LNG und Synthetic Natural Gas, Wasserstoff oder synthetisch hergestelltes Ammoniak umgeschlagen werden können. 90 Prozent der LNG-Mengen haben die drei Energieversorgungsunternehmen EnBW Energie Baden-Württemberg, Securing Energy for Europe und ČEZ langfristig gebucht. Die restliche Kapazität ist für kurzfristigen Gashandel vorgesehen.[11][10]
Die Pläne zur Errichtung des stationären Terminals entstanden 2018 und wurden einer breiteren Öffentlichkeit im Februar 2022 bekannt. Im April 2022 beantragte das Konsortium eine Baugenehmigung, die Ende 2023 erteilt wurde.[12] Die Errichtung übernimmt das spanische Bauunternehmen Técnicas Reunidas. Am 28. März erfolgte der offizielle Spatenstich.[13] Die Investition in die Anlage mit der Erweiterung des Hafens, dem Bau einer Verdampfungsanlage sowie der Errichtung zweier 60 Meter hoher und 90 Meter breiter Gasbehälter beträgt rund eine Milliarde Euro. Das LNG-Terminal wird Enagás betreiben.[10]
Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe kritisieren das LNG-Terminal. Es helfe nicht bei der Lösung der Energiekrise. Durch den Import von Erdgas als fossilem Energieträger würde die Abhängigkeit von klimaschädlicher Energie zementiert. Das Terminal sei auch keine Lösung für die seit 2022 bestehende Gasmangellage, denn der Betrieb der landseitigen Anlage sei ab frühestens 2026 möglich. Außerdem seien das LNG-Terminal und die Hafenanlagen unvereinbar mit deutschen Klimaschutzzielen. Die lokale Sicherheit und mehrere Naturschutzgebiete würden gefährdet. Die Deutsche Umwelthilfe forderte daher, den Genehmigungsantrag abzulehnen.[14] Der BUND befürchtet zudem den Import von umweltschädlich gewonnenem Fracking-Gas aus den Vereinigten Staaten und klagt gegen das Vorhaben.[15][16]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutsche Umwelthilfe: LNG-Terminal Steckbrief Stade, 2021 (Online, pdf)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zeitleiste zur Entstehung des Terminals seit dem 1. Februar 2021
- LNG: Fakten zu Flüssigerdgas und Projekten in Norddeutschland bei ndr.de vom 6. Dezember 2022
- Fotomontage des schwimmenden LNG-Terminals Stade bei Niedersachsen Ports vom 20. September 2022
- Website des Konsortiums Hanseatic Energy Hub
- Christopher Weckwerth: Das unbeachtete LNG-Terminal in Stade und sein energieschluckender Nachbar bei heise online vom 20. Mai 2022
- Tom Kreib: Stade hilft, die Gasknappheit in Deutschland zu reduzieren in Kreiszeitung vom 22. Juli 2022
- Till Bücker: Wie LNG die Gaslücke füllen soll bei tagesschau.de vom 20. September 2022
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Debatte zur Regierungserklärung des Kanzlers bei zdf.de vom 27. Februar 2022
- ↑ Weitere LNG-Terminals in Stade und Lubmin. In: tagesschau.de. 19. Juli 2022, abgerufen am 19. Juli 2022.
- ↑ 100 Millionen für LNG-Terminal in Stade: Finanzierung steht bei ndr.de vom 13. September 2022
- ↑ Ampelkoalition will weitere LNG-Terminals in Stade und Lubmin errichten in Der Spiegel vom 19. Juli 2022
- ↑ Der Bau des LNG-Terminals in Stade kann beginnen in Cuxhavener Nachrichten vom 23. September 2023
- ↑ Erster Rammschlag für neues LNG-Terminal in Niedersachsen. In: ndr.de. 20. Januar 2023, abgerufen am 2. Februar 2023.
- ↑ Stade wird zweiter LNG-Standort in Niedersachsen bei ndr.de vom 19. Juli 2022
- ↑ Neues Hafenbecken mit LNG-Anleger in Stade fertiggestellt bei ndr.de vom 16. Dezember 2023
- ↑ Protest begleitet Ankunft von neuem LNG-Terminal in Stade bei ndr.de vom 15. März 2024
- ↑ a b c Olaf Preuß: Nun wird Stade zu einer deutschen Energie-Drehscheibe. In: welt.de. 22. März 2024, abgerufen am 5. Mai 2024.
- ↑ Zukunftsflexible Buchung. EnBW setzt auf Stade für LNG- und Wasserstoffimport. EnBW, 8. Dezember 2022, abgerufen am 5. Mai 2024.
- ↑ LNG-Anleger in Stade ist genehmigt bei ndr.de vom 17. November 2023
- ↑ Bau des ersten LNG-Landterminals hat begonnen. In: tagesschau.de. 28. März 2024, abgerufen am 6. Juli 2024.
- ↑ Stationäres LNG-Terminal in Stade: Deutsche Umwelthilfe fordert Ablehnung des Genehmigungsantrages für Hafenanlagen, Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 1. September 2022
- ↑ LNG-Terminal behindert zukunftsfähige Energiewende bei BUND Kreisgruppe Stade vom 6. Januar 2020
- ↑ Umweltverband klagt gegen geplantes LNG-Terminal in Stade. In: ndr.de. 15. März 2024, abgerufen am 5. Mai 2024.
Koordinaten: 53° 38′ 54,7″ N, 9° 30′ 16,1″ O