Kreis Kulm

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Der Kreis Kulm (früher Kreis Culm) war ein preußischer Landkreis im Regierungsbezirk Marienwerder, der in unterschiedlichen Abgrenzungen zwischen 1772 und 1920 bestand. Seine Kreisstadt war Kulm. Er lag in dem Teil von Westpreußen, der nach dem Ersten Weltkrieg 1920 durch den Versailler Vertrag an Polen fiel. Von 1939 bis 1945 bestand im besetzten Polen nochmals ein Landkreis Kulm als Teil des neu eingerichteten Reichsgaus Danzig-Westpreußen. Heute liegt das ehemalige Kreisgebiet im Powiat Chełmiński in der polnischen Woiwodschaft Kujawien-Pommern.

Der Kreis Kulm in den Grenzen von 1772 bis 1818
Der Kreis Kulm in den Grenzen von 1887 bis 1920
Die Provinz Westpreußen 1919
  • Regierungsbezirk Danzig
  • Regierungsbezirk Marienwerder
  • Verwaltungsgeschichte

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    Das Gebiet des Kreises Kulm kam durch die erste polnische Teilung 1772 zu Preußen. Der Kreis umfasste den größten Teil des historischen Kulmerlands.[1] Durch die preußische Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und ihre Ausführungsbestimmungen kam das Gebiet zum neuen Regierungsbezirk Marienwerder der neuen Provinz Westpreußen. Im Rahmen einer umfassenden Kreisreform im Regierungsbezirk Marienwerder wurde zum 1. April 1818 der alte Kreis Kulm deutlich verkleinert. Das südliche Kreisgebiet kam zum neuen Kreis Thorn und im Norden wurde der neue Kreis Graudenz gebildet. Der Kreis Kulm umfasste nun die Städte Kulm und Briesen, die Ämter Kulm, Lippinken, Przydworsz und Unyslaw sowie 138 adlige Güter.[2] Sitz des Landratsamtes war die Stadt Kulm.

    Rittergut Grubno um 1860, Sammlung Alexander Duncker

    Vom 3. Dezember 1829 bis zum 1. April 1878 waren Westpreußen und Ostpreußen zur Provinz Preußen vereinigt, die seit dem 1. Juli 1867 zum Norddeutschen Bund und seit dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich gehörte. Durch das stetige Anwachsen der Bevölkerung im 19. Jahrhundert erwiesen sich mehrere Kreise in Westpreußen als zu groß. Vor diesem Hintergrund gab der Kreis Kulm am 1. Oktober 1887 einen Teil seines Gebiets an den neuen Briesen ab.

    Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags musste das Kreisgebiet am 10. Januar 1920 zur Einrichtung des Polnischen Korridors an Polen abgetreten werden. Der deutsche Kommissar Hoffmann war für die Abwicklung und Übergabe der Zivilverwaltung an die polnischen Behörden verantwortlich. Der polnische Beauftragte hieß Ossowski. Polen führte für Kulm die Ortsbezeichnung Chełmno ein. Das Kreisgebiet bestand als Powiat Chełmiński (Kulmer Kreis) fort.

    Nach dem Überfall auf Polen und der völkerrechtswidrigen Annexion des Territoriums durch das Deutsche Reich wurde das Kreisgebiet zum 26. November 1939 als Landkreis Kulm dem Regierungsbezirk Bromberg im neugebildeten Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet. Nach der Befreiung im Frühjahr 1945 durch die Rote Armee fiel der Landkreis Kulm an Polen zurück. In der Folgezeit wurden die deutschen Bewohner aus dem Kreisgebiet vertrieben.

    Im Folgenden eine Übersicht[3] nach Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen. Zu berücksichtigen ist dabei die Verkleinerung des Kreises im Jahr 1887.

    Jahr 1821 1831 1841 1852 1861 1871 1880 1890 1900 1910
    Einwohner 30.378 32.689 ? 46.129 48.347 54.605 ? 45.711 48.014 50.069
    Evangelische
    Katholiken
    Juden
    12.236
    17.156
    234
    13.821
    17.726
    441
      20.088
    24.268
    1.029
    21.860
    24.732
    1.148
    24.126
    28.704
    1.228
      19.003
    25.713
    587
    19.309
    27.896
    415
    20.730
    28.450
    316
    deutschsprachig
    zweisprachig
    polnischsprachig
      20.027
    -
    12.662
      23.108
    -
    23.021
    24.876
    -
    23.471
        22.103
    206
    23.396
    21.917
    615
    25.472
    23.345
    903
    25.806
    Siegelmarke des Landrats

    Kommunalverfassung

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    Der Kreis Kulm gliederte sich vor der Abtretung an Polen in die Stadt Kulm, in Landgemeinden und selbstständige Gutsbezirke.

    Im Deutschen Reich setzte sich der Reichstagswahlkreis Marienwerder 4 aus den Kreisen Kulm und Thorn in den Grenzen von 1871 zusammen. Der Wahlkreis war aufgrund der ethnischen Zusammensetzung der Wählerschaft bei allen Reichstagswahlen zwischen deutschen und polnischen Kandidaten umkämpft. Die jeweiligen Sieger setzten sich stets nur mit knappen Mehrheiten durch:[5]

    Städte und Gemeinden

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    Im Jahr 1910 umfasste der Kreis Kulm die Stadt Kulm sowie 77 Landgemeinden.[6]

    • Adlig Neudorf
    • Adlig Waldau
    • Althausen
    • Bienkowko
    • Blandau
    • Blotto
    • Borken
    • Borowno
    • Brosowo
    • Damerau
    • Dembowitz
    • Dolken
    • Dombrowken
    • Drzonowo
    • Dübeln
    • Eiselau
    • Falkenstein
    • Firlus
    • Friedrichsbruch
    • Gogolin
    • Grenz
    • Griebenau
    • Groß Czyste
    • Groß Kämpe
    • Groß Lunau
    • Hönsdorf
    • Jamerau
    • Janowo
    • Kaldus
    • Kielp
    • Klammer
    • Klein Kämpe
    • Klein Lunau
    • Kokotzko
    • Kollenken
    • Kölln
    • Königlich Groß Trzebcz
    • Königlich Kiewo
    • Königlich Waldau
    • Kornatowo
    • Kottenau
    • Krajenczyn
    • Kulm, Stadt
    • Kulmisch Dorposch
    • Kulmisch Neudorf
    • Kulmisch Roßgarten
    • Lissewo
    • Malankowo
    • Mosgowin
    • Neu Bolumin
    • Neugut
    • Neusaß
    • Niederausmaß
    • Oberausmaß
    • Osnowo
    • Plangenau
    • Pniewitten
    • Podwitz
    • Raffa
    • Reinau
    • Rosenau
    • Ruda
    • Scharnese
    • Schemlau
    • Schlonz
    • Schöneich
    • Schönsee
    • Segertsdorf
    • Steinwage
    • Striesau
    • Strutzfon
    • Trebis
    • Unislaw
    • Villisaß
    • Waltersdorf
    • Wilhelmsau
    • Wilhelmsbruch
    • Zakrzewo

    Um 1900 wurden die Gemeinde Niederausmaß Abbau in die Gemeinde Niederausmaß und die Gemeinde Rathsgrund in die Stadt Kulm eingemeindet.

    Zum Kreis gehörten außerdem folgende 70 Gutsbezirke (Stand: 1. Januar 1908)[7]

    • Adlig Groß Trzebcz
    • Althausen
    • Baiersee
    • Battlewo
    • Baumgart
    • Bergswalde
    • Bilau
    • Blachta
    • Botschin
    • Cepno
    • Dietrichsdorf
    • Dzialowo
    • Eichwald
    • Gelens
    • Glasau
    • Glauchau
    • Gogolin
    • Golotty
    • Gorinnen
    • Gottersfeld
    • Griewe
    • Groß Bolumin
    • Grubno
    • Guttlin
    • Heimbrunn
    • Josephsdorf
    • Kamlarken
    • Kisin
    • Klein Bolumin
    • Klinzkau
    • Königlich Neuhof
    • Koßowizna
    • Kruschin
    • Kurtshöhe
    • Linietz
    • Linowitz
    • Lippinken
    • Mlinsk
    • Napolle
    • Neulinum, Forst
    • Niemczyk
    • Nonnenkämpe, Forst
    • Oborry
    • Ostrometzko
    • Paparczyn
    • Pien
    • Pillewitz
    • Piontkowo
    • Plutowo
    • Radmannsdorf
    • Ribenz
    • Robakowo
    • Sarnau
    • Scherokopaß
    • Schönborn
    • Segartowitz
    • Siegsruh
    • Stablewitz
    • Stolno
    • Storlus
    • Stuthof
    • Tittlewo
    • Unislaw
    • Uszcz
    • Wabcz
    • Waldau, Mühle
    • Weidenhof
    • Wenzlau
    • Wichorsee
    • Wrotzlawken
    • Zeigland

    Persönlichkeiten

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    Heinz Guderian, Kurt Schumacher und Hermann Löns wurden in Kulm geboren. Leo Eichstaedt (1855–1928) kam in Pien zur Welt.

    Der Landkreis Kulm im besetzten Polen 1939–1945

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    Reichsgau Danzig-Westpreußen (August 1943)

    Verwaltungsgeschichte

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    Nach 1939 wurde die Stadt Kulm der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst; Gutsbezirke gab es nicht mehr. Der Name des Kreises bzw. der Kreisstadt wurde am 21. Mai 1941 in Kulm (Weichsel) abgeändert.

    • 1939–0000 Max Lange

    Durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 galten vorläufig hinsichtlich der bisher polnischen Ortsnamen die bis 1920 gültigen deutschen Ortsnamen. Diese globale Rückbenennung war möglich, da noch das gesamte deutsche Kartenwerk für die 1920 an Polen abgetretenen Gebiete (auch) die früheren deutschen Ortsnamen weitergeführt hatte.

    Durch die Anordnung betreffend Änderung von Ortsnamen des Reichstatthalters in Danzig-Westpreußen vom 25. Juni 1942 wurden mit Zustimmung des Reichsministers des Innern alle Ortsnamen eingedeutscht, entweder in der Form von 1918 oder als lautliche Angleichung oder Übersetzung, zum Beispiel:

    • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft III: Regierungsbezirk Marienwerder, S. 6–13, Kreis Culm.
    • Michael Rademacher: Westpreußen – Landkreis Culm. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
    • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 52–53, Ziffer 7.
    • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 444–453.
    • Emil Jacobson: Topographisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Marienwerder. Danzig 1868, S. 70–85 (books.google.de).
    • Franz Schultz: Geschichte der Stadt und des Kreises Kulm. Band 1: Bis zum Jahre 1479. Kafelmann, Danzig 1876 (Digitalisat).
    • A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 610–611.
    • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil II: Topographie von West-Preussen, Kantersche Hofbuchdruckerei, Marienwerder 1789, S. 27–42.
    • Johann Heise: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kulmerlandes und der Löbau, Bertling, Danzig 1887, S. 9–93 (Google Books).
    Commons: Kreis Kulm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    • Kreis Kulm Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 12. Juli 2013.

    Einzelnachweise

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    1. Johann Friedrich Goldbeck (Hrsg.): Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Band 2. Marienwerder 1789, S. 27 ff. (Digitalisat).
    2. Max Töppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Justus Perthes, Gotha 1858, S. 355 (Digitalisat).
    3. Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S. 103.
    4. Ursula Hannelore Wagner: Studien zur Geschichte Preussens, Band 35, Quelle & Meyer, 1982, S. 50, 123. (eingeschränkte Vorschau Online bei Google Book Search).
    5. Datenbank der Reichstagsabgeordneten (Memento des Originals vom 6. Januar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/zhsf.gesis.org
    6. Gemeindeverzeichnis 1910 mit Einwohnerzahlen
    7. Gemeindeverzeichnis Kreis Culm – territorial.de (Rolf Jehke, 2005)